Der Zank um «Call of Duty» auf der Playstation ist vorbei. Sony hat einen Vertrag mit Microsoft unterzeichnet, um die umsatzstarke Spiele-Reihe auch nach Microsofts geplanter Übernahme von Activision Blizzard für weitere zehn Jahre auf der Playstation zu behalten. Danach muss, wie in der Wirtschaft üblich, ein neuer Vertrag ausgehandelt werden.
Die Ankündigung erfolgte am Sonntag, kurz nachdem ein US-Berufungsgericht die Forderung der Wettbewerbsaufsicht FTC abgelehnt hatte, die Übernahme mit einer einstweiligen Verfügung zu blockieren.
Microsofts Xbox-Chef Phil Spencer bestätigte via Twitter, dass man eine «verbindliche Vereinbarung» unterzeichnet habe, um «Call of Duty» auf der Playstation zu belassen. Sony ist anscheinend zur Einsicht gelangt, dass dies die beste verbliebene Option war, da sich der Activision-Deal de facto nicht mehr abwenden lässt. Auch wenn sich die britische Aufsichtsbehörde als letzte Hürde noch querlegt, wird dies die 69 Milliarden teure Übernahme mit allergrösster Wahrscheinlichkeit nicht mehr verhindern.
Damit endet ein erbitterter Kampf zwischen Microsoft und Activision auf der einen sowie Sony und der US-Aufsichtsbehörde FTC auf der anderen Seite, der in den vergangenen Monaten teils öffentlich und äusserst emotional ausgetragen wurde. Dies, nachdem Microsoft im Januar 2022 die geplante Übernahme von Activision Blizzard angekündigt hatte.
Die «Call of Duty»-Serie zählt zu den grössten und erfolgreichsten Spiele-Marken; man könnte auch sagen, es sind die Kronjuwelen bei Microsofts angestrebten Activision-Kauf.
Microsoft stellte klar, dass der nun abgeschlossene Zehn-Jahres-Deal mit Sony – wie zuvor bereits mit Nintendo – nur für «Call of Duty» und nicht für andere Activision-Titel gültig sei. Ursprünglich hatte Microsoft dem Konkurrenten im Januar 2022 angeboten, dass «alle bestehenden Konsolen-Spiele von Activision bis zum 31. Dezember 2027 bei Sony verbleiben, einschliesslich zukünftiger Versionen der ‹Call of Duty›-Reihe oder anderer aktueller Activision-Marken».
Sony lehnte ab.
Mit den neuen Vertragsbedingungen erhält Sony eine deutlich längere Garantie von zehn Jahren für den Verbleib auf der Playstation, die aber auf «Call of Duty» beschränkt ist.
Microsoft hatte dem Playstation-Konzern bereits im Dezember 2022 einen Zehnjahresvertrag für «Call of Duty» angeboten. Sony lehnte erneut ab und teilte der US-Wettbewerbsbehörde FTC mit, dass es befürchtet, Microsoft könnte das Game nur noch auf der eigenen Xbox veröffentlichen oder gar die Playstation-Versionen des Spiels mit absichtlichen Fehlern sabotieren.
Sonys Versuch, die Übernahme mit dem Verweis auf die wirtschaftliche Bedeutung von «Call of Duty» zu verhindern, erwies sich vor Gericht als Bumerang: Während der Anhörung musste Sonys Playstation-Chef Jim Ryan eine von Microsoft enthüllte E-Mail verlesen, in der er einem anderen Sony-Manager schrieb, dass er nicht glaube, dass Microsoft die Activision-Spiele für die Xbox exklusiv mache. Er sei «ziemlich sicher, dass wir ‹Call of Duty› noch viele Jahre lang auf der Playstation sehen werden». Zudem habe man mit dem Kauf des früheren Xbox-Videospiele-Studios Bungie selbst aufgerüstet und werde auch künftig «mehr als klarkommen».
Für Microsofts Anwälte war die entlarvende E-Mail ein gefundenes Fressen. Sie hatten stets argumentiert, dass es für Microsoft aus finanziellen Gründen keinen Sinn ergeben würde, das populärste Activision-Spiel nicht mehr auf der Playstation anzubieten, zumal die Sony-Konsole weit mehr Gamerinnen und Gamer als die eigene Xbox hat.
Zur Verdeutlichung: Künftig dürften von jedem auf der Playstation verkauften Activision-Game mindestens 70 Prozent der Einnahmen an Microsoft gehen. «Call of Duty» ist regelmässig eines der meistverkauften Spiele auf der Playstation und falls Microsoft Geld nicht völlig hasst, werden sie auf diesen stetigen Geldfluss nicht verzichten.
Xbox-Chef Spencer bekräftigte zuletzt unter Eid vor Gericht, dass «Call of Duty» auf der Playstation bleiben werde.
Um die Befürchtungen der Wettbewerbshüter auszuräumen, vereinbarte Microsoft zuvor in einem ähnlichen Vertrag mit Nintendo, «Call of Duty» für zehn Jahre auf Nintendos Konsolen zu bringen. Microsoft hat zudem mit mehreren Cloud-Gaming-Anbietern wie Nvidia ausgemacht, auch künftig «Call of Duty» und andere Xbox-/Activision-Blizzard-Games auf rivalisierenden Online-Diensten anzubieten. Darauf drängten insbesondere die Wettbewerbshüter der EU.
Der Krimi um Microsofts Activision-Blizzard-Übernahme dauerte 18 Monate und er hinterlässt haufenweise zerbrochenes Geschirr. So brachte die gerichtliche Anhörung im Fall Microsoft gegen die FTC ans Licht, dass Xbox-Chef Spencer seinem Gegenpart Ryan bei Sony im August 2022 eine Liste mit Activision-Spielen geschickt hatte, die auf der Playstation bleiben würden. Sony war damit nicht zufrieden, da offenbar populäre Titel fehlten.
Kurz darauf kam es zum Zerwürfnis, als Spencer dem US-Medium The Verge sagte, dass «Call of Duty» «mindestens einige weitere Jahre über den aktuellen Sony-Vertrag hinaus» auf der Playstation bleiben werde. Playstation-Chef Ryan ärgerte sich masslos über Microsofts «unzureichendes» Angebot und dass Spencers mit den Medien über vertrauliche Verhandlungen plauderte.
Die Spannungen nahmen weiter zu, als Ryan dem Activision-CEO Bobby Kotick gesagt haben soll: «Ich will keinen neuen ‹Call of Duty›-Deal. Ich will nur eure Fusion verhindern.» So soll sich Ryan am 21. Februar am Rande eines Meetings von Microsoft, Sony und Activision mit den Wettbewerbshütern der EU in Brüssel geäussert haben. Ryan sagte später, dass er Kotick klargemacht habe, dass er die Übernahme für wettbewerbsfeindlich halte.
Sonys Argwohn ist nicht gänzlich aus der Luft gegriffen: Während der Anhörung veröffentlichte Dokumente enthüllten, dass Microsoft bereits vor dem Activision-Deal ein Auge auf mehrere andere Game-Publisher geworfen hatte. Der Konzern versucht mit dem Zukauf von Game-Entwicklerfirmen seinen Rückstand auf Sony wettzumachen und insbesondere die Attraktivität seines «Xbox Game Pass»-Abos sowie seines Cloud-Gaming-Angebots zu erhöhen. Mit dem Activision-Kauf wären diverse populäre Titel vom ersten Tag an in Microsofts Abo-Spiele-Dienst verfügbar.
Der Deal, der bis Dienstag in trockenen Tüchern sein soll, ist 69 Milliarden Dollar schwer und wäre eine der grössten Übernahmen in der Tech-Branche.
Die Wettbewerbshüter in der EU sowie in rund 40 anderen Ländern gaben bereits grünes Licht für die Übernahme. Vergangene Woche hatte eine US-Richterin eine noch hängige Klage der FTC abgewiesen und somit den Weg für den Deal weiter freigemacht. Die US-Wettbewerbsaufsicht habe nicht glaubhaft machen können, dass die Übernahme «den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen könnte», so die Richterin.
Als letzte Hürde bleibt der Widerstand der britischen Wettbewerbshüter. Um die dortige Aufsichtsbehörde CMA zu beschwichtigen, sei Microsoft bereit, einen Teil des Geschäfts mit Cloud-Gaming in Grossbritannien abzutreten, berichtete der Finanzdienst Bloomberg.
Microsoft und Activision Blizzard hatten sich ursprünglich eine Frist bis zum 18. Juli 2023 gesetzt, um die Übernahme abzuschliessen. Unklar bleibt, ob es bis Dienstag eine Einigung mit der CMA gibt. Diese hat den Termin für eine endgültige Entscheidung vom 18. Juli auf den 29. August verschoben. Da Sony und Microsoft sich geeinigt haben, könnte es nun aber sehr schnell gehen, bis der Deal endgültig durch ist.
Auf dem Pc haben immerhin noch indy Entwickler eine Chance, auf den Konsolen wird der Einheitsbrei wohl noch langweiliger.