Was ist für dich Schönheit?
Walter Pfeiffer: Das ist die schwerste Frage. Wenn ich mit dir durch die Strassen laufe, kann ich dir sagen, was ich persönlich schön finde und was meine Augen anzieht. Ich glaube, Schönheit kann man gar nicht beschreiben. Das muss jeder für sich selbst finden. Ich könnte dir schon irgendwelche blöden intellektuellen Sätze geben, aber das ist nicht mein Ding.
Nein, aber reden wir doch über die eigene Schönheit. Die einen schminken sich, andere machen Bodybuilding. Woher kommt der Drang nach Schönheit?
Weil man uns sagt, was schön ist. Die Mode und die Tratschpresse versuchen mit Schlagzeilen wie «Das ist der schönste Mann der Welt!» einen Massengeschmack zu definieren. Und viele glauben das auch.
Seit 25 Jahren kann man sich auch schön machen, ohne einen Fuss zu rühren: Mit Photoshop kann man sich mit wenigen Klicks zur Schönheit machen.
Wenn man sich nicht selbst schön findet, soll man sich mit dem Charakter präsentieren. Heute eifern aber viele Leute den Schönheitsidealen hinterher und wollen Kim Kardashian sein. Sie merken nicht, dass diese Ideale manipuliert sind. Und seit es Photoshop gibt, kann man diese Schönheitsideale viel einfacher verändern.
Wie meinst du das?
Alle Hochglanzfotos von den Stars sind mit Photoshop manipuliert. Das verändert doch Schönheitsideale. Man überspitzt Körperformen, vergrössert Brüste und schmälert die Taille. Die Menschen, die uns die Mode präsentiert, gibt es häufig gar nicht. Aber das weiss jedes Kind.
Stell dir vor, du bist ein 15-jähriges Mädchen. Du willst ein Facebook-Profilbild erstellen, du hast aber ein Problem mit deinem Äusseren. Was machst du?
Ich habe auch lieber ein gutes als ein furchtbares Foto von mir im Netz. Das hat ja auch was mit Image zu tun. Es gibt ja auch Leute, die sich gezielt ein gutes Image mit bearbeiteten Bildern im Internet aufbauen, aber in Echt keine Schönheiten sind.
Die leben dann in einer Parallelwelt.
Aber so ist es ja auch bei den Stars. Im Showbusiness ist das ja auch kein Problem. Die wenigsten von uns kennen irgendeine Star-Schönheit persönlich und wissen, wie sie ungeschminkt und natürlich aussieht.
Erweckt man damit nicht falsche Erwartungen, zum Beispiel, wenn man eine Internet-Bekanntschaft kennenlernen möchte?
Das gibt lustige Begegnungen. Insbesondere, wenn man sich zum Beispiel dünner gibt als man ist und sich ganz kitschig präsentiert. Ein bisschen Nachhelfen darf man immer. Auch ich korrigiere Unschönheiten, die mich stören. Aber man sollte nicht das ganze Aussehen erfinden, sonst produziert man Enttäuschungen.
Wie könnte man von diesem Denken wegkommen?
Indem man sich überlegt, was wirklich das Schöne an einem Menschen ist. Ein Mann oder eine Frau kann noch so schön sein – sie muss deswegen nicht auch spannend sein. Manchmal werde ich bei meiner Arbeit von Langweilern enttäuscht. Null echtes Selbstbewusstsein, keine Kreativität und keine Intelligenz. Diese Langweiligkeit schleckt keine äusserliche Schönheit weg.
Wie siehst du das bei dir?
Auch ich als Künstler werde gelegentlich enttäuscht, aber aus zwei gegensätzlichen Gründen. Ich erhalte ja viele Fotos von möglichen Models. Bei den einen muss ich sagen, dass ich sie mir schöner vorgestellt habe. Manche manipulieren ihre Vorlagen aber derart stark, dass sie ihre natürliche Schönheit selbst verunstalten. Aber andere sehen in Wirklichkeit besser aus als auf den Fotos.