Bei einem Brand auf einer Fähre im Mittelmeer ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Hunderte Menschen sassen auf der brennenden Fähre fest. Sturmböen und hoher Wellengang behinderten die Rettung der 478 Menschen an Bord.
Unter den Passagieren der griechischen Fähre «Norman Atlantic» befanden sich zehn Schweizer Staatsangehörige. Bis zum späteren Nachmittag konnten sich nach Angaben des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sechs von ihnen auf einem Rettungsschiff in Sicherheit bringen. Das EDA bleibe in Kontakt mit den griechischen und italienischen Behörden.
An Bord der fast ausgebuchten Fähre waren 422 Passagiere und 56 Crewmitglieder. Das Schiff der griechischen Anek Lines war auf dem Weg von Patras in Griechenland nach Ancona in Italien. Nachdem es nach einem Zwischenstopp die Insel Korfu passiert hatte, funkte die Besatzung am Sonntagmorgen gegen 3 Uhr morgens «S.O.S», da auf einem der Autodecks ein Feuer ausgebrochen war.
Die Retter kamen bei stürmischem Wind und Wellen kaum voran und konnten zunächst nicht an Bord. Bis zum frühen Abend konnten nach Angaben der griechischen Küstenwache mehr als 130 Menschen gerettet werden, darunter eine Schwangere und mehrere Kinder. CNN spricht von 161 geretteten und 317 verbleibenden Passagieren. Der leicht verletzte Kapitän des brennenden Schiffes sei ausgeflogen und in ein italienisches Spital gebracht worden, wie der griechische TV-Sender Mega berichtete.
Zudem wurde ein Toter geborgen, wie die italienische Küstenwache am Abend mitteilte. Der Mann sei vermutlich beim Sprung von Bord umgekommen.
#Video via @euronewsde - #NormanAtlantic - 6 m hohe Wellen - Kapitän hat Fähre nicht mehr unter Kontrolle http://t.co/UuQJVcr9wT
— Muschelschloss ☕ ️ (@Muschelschloss) 28. Dezember 2014
Nach Angaben des italienischen Marinesprechers Riccardo Rizotto waren vier Helikopter im Einsatz. Das manövrierunfähige Schiff treibe in Richtung der albanischen Küste. «Die Wetterbedingungen sind so schlecht, dass wir aussergewöhnlich viele Rettungskräfte brauchen», sagte er.
Das Feuer breitete sich schnell über das Schiff aus, Augenzeugen schilderten griechischen Medien die Hitze und die Verzweiflung an Bord. «Der Boden brannte, als wir zum Rettungsboot gingen», sagte eine Frau, die gerettet wurde, dem Radiosender Skai. Ein anderer Reisender berichtete nach seiner Rettung: «Unsere Schuhsohlen begannen zu schmelzen.»
Passagiere beschrieben per Telefon dramatische Szenen. «Wir sind auf der Brücke, wir sind nass und frieren und husten wegen des Rauchs», sagte ein Mann dem TV-Sender Mega.
Zwei gerettete Frauen, eine davon schwanger, und drei Kinder kamen in ein Spital in der süditalienischen Region Apulien. Die Kinder seien halbnackt im Wasser gewesen und litten an Unterkühlung, es gehe ihnen aber den Umständen entsprechend gut, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Die Eltern von zwei anderen geretteten Kindern seien noch auf der «Norman Atlantic».
Die Autofähre ist nach Auskunft des Eigners erst am 19. Dezember einer Inspektion unterzogen worden. «Die Tests ergaben, dass das Schiff voll funktionstüchtig war», sagte der Chef der Visentini-Gruppe, Carlo Visentini, am Sonntag der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.
Bei der Inspektion sei eine «leichte Fehlfunktion» an einer Brandschutztür aufgefallen. Diese sei unmittelbar behoben worden. Das sei «zur Zufriedenheit der Inspektoren» erfolgt, deshalb habe das Schiff in vollem Umfang seine Einsätze absolvieren können, fügte Visentini hinzu.
Er sagte, es habe sich um die Brandschutztür 112 gehandelt. Genau dort habe sich nach den ihm vorliegenden Informationen der Brand entwickelt. Es war am Sonntagabend nicht bekannt, aus welchem Grund das Feuer ausbrach.
Einem Schlepper gelang es nach mehreren gescheiterten Versuchen, an der 186 Meter langen Fähre festzumachen. Damit stiegen die Hoffnungen, die Fähre ausreichend stabilisieren zu können, um die Rettungsarbeiten zu beschleunigen. Gemäss der italienischen Marine soll die Fähre in Kürze nach Italien und nicht in das näher gelegene Albanien geschleppt werden. (jas/aeg/sda/spon)