Trotz Verlusten setzte sie sich die SPD in Hamburg vom jahrelangen Negativtrend der Partei auf nationaler Ebene ab und wurde stärkste Partei. Die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel rutschten auf ihr deutschlandweit schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen seit knapp 70 Jahren ab.
Überraschend musste die zuletzt in allen Bundesländern erfolgreiche rechtspopulistische AfD am Abend um ihren Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen - ebenso wie die FDP (Liberale). Die Abstimmung in der Hansestadt ist nach derzeitigem Stand die einzige Landtagswahl in Deutschland in diesem Jahr.
Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF vom Sonntagabend erzielte die SPD 38,8 bis 38,9 Prozent (2015: 45,6 Prozent). Die Grünen konnten mit 24,2 bis 24,4 Prozent (2015: 12,3) ihren Stimmenanteil in etwa verdoppeln. Die CDU landete mit nur noch 11,1 bis 11,2 Prozent (2015: 15,9) auf Platz drei. Die Linke kam auf 9,1 bis 9,2 Prozent (2015: 8,5)
Die AfD, die bei drei Landtagswahlen in Ostdeutschland 2019 jeweils weit über 20 Prozent gekommen war, lag am Abend bei mageren 5,0 bis 5,1 Prozent (2015: 6,1) knapp an der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament. Die Liberalen (FDP) mussten mit 5,0 Prozent (2015: 7,4) ebenfalls zittern.
Das vorläufige amtliche Endergebnis wird wegen des komplizierten Wahlsystems erst für Montagabend erwartet. Am Sonntagabend wollte der Landeswahlleiter nur die voraussichtliche Verteilung der 121 Sitze in der Bürgerschaft bekannt geben. Nach den Hochrechnungen ergibt sich folgende Verteilung: SPD 50 (2015: 58), Grüne 31 bis 32 (15), CDU 14 bis 15 (20), Linke 12 (11) und FDP 6 bis 7 (9) und die AfD 7.
Die Hansestadt Hamburg ist mit 1,85 Millionen Einwohnern die zweitgrösste Stadt in Deutschland. Wie die Hauptstadt Berlin ist sie ein eigenes Bundesland. Die Sozialdemokraten stellten dort seit dem Zweiten Weltkrieg die meiste Zeit den Regierungschef.
Der Erfolg der Sozialdemokraten in einer ihrer letzten Hochburgen könnte die grosse Koalition aus CDU, CSU und SPD in Berlin stabilisieren. Die SPD, die um die Jahrtausendwende noch den Bundeskanzler stellte, ist in Deutschland seit Jahren im Sinkflug und kam bei der Europawahl 2019 nur noch auf 15,8 Prozent. Die «GroKo» (grosse Koalition) wurde daher in der Partei lautstark in Frage gestellt.
Das Hamburger Ergebnis bestätigt auch den Aufstieg der Grünen in Deutschland, die sich seit der Europawahl als zweistärkste Kraft auf nationaler Ebene hinter den Christdemokraten etabliert haben. In Hamburg waren sie bei der Europawahl, wie in neun der zehn grössten deutschen Städte, stärkste Kraft geworden. Bei der Bürgerschaftswahl wirkte aber anscheinend der Amtsbonus des populären Bürgermeisters Tschentscher zugunsten der SPD.
So bescheinigten in einer aktuellen Umfrage 67 Prozent der Hamburger Tschentscher eine gute politische Arbeit. 56 Prozent sagten, er sei das Hauptargument SPD zu wählen. Auch die gute wirtschaftliche Lage der Hansestadt begünstigte die Regierungsparteien. So sagten 88 Prozent der Bürger, sie seien mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden.
Die jüngsten Ereignisse bei der gescheiterten Regierungsbildung in Thüringen kosteten laut Nachwahlbefragungen vor allem die FDP Stimmen. In dem ostdeutschen Bundesland war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich am 5. Februar überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden - weil ausser den Christdemokraten auch die Abgeordneten der AfD für ihn stimmten. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten hatten aber alle Parteien zuvor ausgeschlossen, und Kemmerich trat nach wenigen Tagen zurück.
Im Gefolge der Thüringer Ereignisse kündigte auch die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug an. Bei den Christdemokraten ist nun der Kampf um ihre Nachfolge in vollem Gange. Die FDP sackte ebenso wie die CDU in Hamburg gegenüber 2015 deutlich ab. Sollte die AfD aus der Bürgerschaft fliegen, wäre es das erste Mal, dass die 2013 gegründete Partei aus einem Landesparlament wieder ausscheidet.
Die nächste Bundestagswahl steht in Deutschland regulär im Herbst 2021 an. Merkel will dann nicht mehr kandidieren. Der oder die neue CDU-Vorsitzende hätte gute Chancen auf ihre Nachfolge. (sda/dpa)
Die CDU bei unter 30ig Jährigen nur um die 7%.
Sie erreicht mit ihrem ewig gestrigen Kurs die jungen Menschen nicht mehr.
AfD und FDP sind mit 5% noch drin.