Nach 30 Jahren Haft in den USA kommt der israelische Spion Jonathan Pollard Ende des Jahres frei. Pollards Anwälte teilten am Dienstag mit, dass die Haftstrafe ihres Mandanten am 21. November zur Bewährung ausgesetzt werde.
Zugleich widersprachen sie Spekulationen, dass die Freilassung ein politisches Zugeständnis der USA sein könnte, um Israel wegen des Atomabkommens mit dem Iran zu besänftigen. Die Entscheidung der Bewährungskommission sei «unabhängig von anderen US-Regierungsstellen» gefallen und nicht an die «jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten» geknüpft, erklärten die Anwälte.
Auch US-Aussenminister John Kerry beteuerte vor Journalisten, dass kein aussenpolitischer Zusammenhang bestehe. «Ehrlich», sagte Kerry. Darüber habe er nicht einmal Gespräche mit Israel geführt.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu begrüsste die geplante Freilassung. «Nach jahrzehntelangen Bemühungen wird Jonathan Pollard endlich freigelassen», erklärte er. Israel warte «mit Ungeduld» auf den Tag.
Seine Justizministerin Ajelet Schaked schrieb auf ihrer Facebook-Seite: «Dreissig Jahre Leiden werden in diesem November enden.» Das «zerstörerische Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran» habe dabei keine Rolle gespielt, betonte Schaked. Es sei eine rein rechtliche Entscheidung gewesen.
Die Beziehungen zwischen den USA und Israel werden durch die Pollard-Affäre bis heute belastet. Der in den USA geborene Spion hatte bei der US-Kriegsmarine als zivil angestellter Geheimdienstanalyst Zugang zu hoch brisanten Unterlagen.
Von Mai 1984 bis zu seiner Verhaftung im November 1985 übergab er dem israelischen Geheimdienst Mossad viele tausend Dokumente mit US-Spionagematerial aus dem arabischen Raum. Im März 1987 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. In Israel, dessen Staatsbürgerschaft Pollard 1996 erhielt, geniesst er den Status eines Nationalhelden.
Der 60-jährige Pollard sitzt derzeit noch in der Haftanstalt von Butner im Bundesstaat North Carolina hinter Gittern. Die dreiköpfige Bewährungskommission hörte den Fall nach Angaben der Anwälte am 7. Juli und traf die Entscheidung über die Entlassung auf Bewährung einstimmig.
«Wir sind dankbar und erfreut, dass unser Mandant bald freikommt», erklärten die Anwälte. Bereits im Juli 2014 hatte sich Pollard um seine vorzeitige Entlassung bemüht, damals lehnte die Kommission sein Gesuch noch ab.
Das US-Justizministerium hatte sich lange gegen die Umwandlung in eine Bewährungsstrafe gesperrt. Pollards Anwälten zufolge verzichtete das Ministerium bei der Anhörung vor der Kommission Anfang des Monats nun darauf, gegen eine Freilassung zu argumentieren.
Die Anwälte riefen US-Präsident Barack Obama auf, ihrem Mandanten mit einer Begnadigung die sofortige Ausreise nach Israel zu ermöglichen.
Ein Sprecher des US-Justizministeriums bestätigte, dass Pollard Ende November auf Bewährung entlassen wird. Unter den Gesetzen in den USA stand ihm eine Überprüfung der lebenslangen Haft nach 30 Jahren zu. Bei einer erneuten Ablehnung durch die Bewährungskommission hätte der US-Israeli nach Angaben seiner Anwälte 15 weitere Jahre in Haft verbringen müssen. (trs/sda/afp)