International
Italien

7 Millionen Gebäude sind gefährdet – Italiens Problem mit der schlechten Bauqualität

7 Millionen Gebäude sind gefährdet – Italiens Problem mit der schlechten Bauqualität

25.08.2016, 14:5125.08.2016, 14:56
Mehr «International»

Erdbeben in Italien

1 / 24
Erdbeben in Italien
Die Aufräumarbeiten im vom Erdbeben am stärksten getroffenen Dorf Amatrice dauerten die ganze Nacht an.
quelle: x03151 / ciro de luca
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Nach dem verheerenden Erdbeben in Mittelitalien in der Nacht auf Mittwoch haben Experten scharfe Kritik an der Qualität der Bausubstanz in Gebieten mit erhöhtem Erdbeben-Risiko geübt. In Italien gebe es keine Kultur der Prävention, beklagte der nationale Verband der italienischen Geologen.

Italien müsse sich an Kalifornien und Japan ein Beispiel nehmen, die mit dem Problem wiederholter Erdbeben leben und massiv in die Sicherheit der Gebäude investiert haben, meinten angesehene Experten. Der Vulkanologe und Erdbebenexperte Enzo Boschi kritisierte, dass in Italien nur nach schweren Erdbeben nach erdbebensicheren Standards gebaut werde.

Er brachte das Beispiel der umbrischen Stadt Norcia. Hier waren bei einem Erdbeben 1979 fünf Menschen ums Leben gekommen. Danach wurden Häuser nach modernsten Sicherheitsstandards neu aufgebaut. Die umbrische Kleinstadt hat bei dem Erdbeben am Mittwoch kaum Schäden erlitten.

Fast 26 Millionen Menschen leben in Italien in Gebieten mit erhöhtem Erdbeben-Risiko, das sind 45 Prozent der Bevölkerung, berichteten italienische Medien. Sieben Millionen Gebäude sind gefährdet, sollte es zu einem stärkeren Erdstoss kommen. 80'000 öffentliche Gebäude wie Schulen und Spitäler wurden nicht nach den modernen Sicherheitsstandards errichtet.

A collapsed house is seen following an earthquake in Amatrice, central Italy, August 24, 2016. REUTERS/Stefano Rellandini
Bild: STEFANO RELLANDINI/REUTERS

Auch wenn es keine hundertprozentige Erdbebensicherheit geben könne, so kenne die Wissenschaft doch Mittel und Wege, die Situation wesentlich zu verbessern, betonten italienische Experten. Das Wissen sei vorhanden, woran es fehle, sei die Umsetzung. Dabei seien nicht so sehr Neubauten das Problem als vielmehr ältere Gebäude oder Brücken. Die Experten regten an, die heimische Erdbebensicherheit mittels eines Mehrstufen-Planes zu verbessern.

Abriss-Forderungen von alten Gebäuden

Einige Fachleute fordern den Abriss von älteren Gebäuden ohne historischen Wert. Auch Länder wie Chile und die Türkei seien diesen Schritt gegangen, sagte Alessandro Amato vom Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) laut der Nachrichtenagentur Ansa.

Rescuers work at a collapsed building following an earthquake in Amatrice, central Italy, August 24, 2016. REUTERS/Emiliano Grillotti FOR EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVES.
Bild: STRINGER/REUTERS

Die Staatsanwaltschaft in Rieti leitete Ermittlungen ein. Sie sollen unter anderem Klarheit bringen, wie es zum Einsturz gerade erst renovierter Gebäude kommen konnte, etwa der Schule in Amatrice und des Glockenturms in Accumoli, schrieb die Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstag.

Wütende Anwohner erhoben Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung. Betondächer seien auf Steinmauern gebaut worden, die nicht in der Lage seien, das Gewicht zu halten. Die Gebäude in der Region stammen teils aus dem Mittelalter. Der gesamte Apennin gilt als erdbebengefährdet. (sda/apa)

Die schwersten Erdbeben seit 1900

1 / 12
Die schwersten Erdbeben seit 1900
Platz 10: Indonesien, April 2012. Ein Erdbeben der Stärke 8,6 verursachte vor allem Sachschäden, wie hier vor einem Gefängnis. Tote wurden keine gemeldet. (sda)
quelle: epa / hotli simanjuntak
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Nicht nur am Gotthard – wo es an Ostern im In- und Ausland sonst noch staut
Viele nutzen das verlängerte Osterwochenende für eine Reise ins Ausland. Ob Städtetrips oder an idyllische Orte – die Reiseziele sind vielseitig und die Vorfreude riesig. Aber Obacht! Damit du deine wertvolle Zeit nicht mit Warten verbringst, solltest du dich vorab über den Osterstau informieren.

Du fährst auf der Autobahn, hast (noch) gute Laune, hörst deine Lieblingsmusik und bist in Gedanken schon an deinem Reiseziel. Alles läuft prima, bis du plötzlich eine lange Schlange an Autos vor dir stehen hast. «Mist, Stau! Kann ja nicht so lange dauern», denkst du dir. Es vergehen 5 Minuten, 15 Minuten, 30 Minuten und je länger du stehst, desto ungeduldiger wirst du. Hättest du dich doch besser früher über die Verkehrslage informiert!

Zur Story