International
Naher Osten

Erdogan trifft Hamas-Chef – Israel findet «Schäme dich!»

Erdogan trifft Hamas-Chef – Israel findet: «Schäme dich!»

21.04.2024, 16:4021.04.2024, 16:58
Mehr «International»

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach einem Treffen mit dem Auslandschef der islamistischen Terrororganisation Hamas, Ismail Hanija, zur Einheit der Palästinenser aufgerufen. Es sei wichtig, dass die Palästinenser gemeinsam handelten, teilte das Büro Erdogans nach einem etwa zweistündigen Treffen mit Hanija in Istanbul am Samstag mit. Die «stärkste Antwort auf Israel und der Weg zum Sieg» seien Einheit und Integrität.

Die Äusserungen Erdogans sind vor allem als eine Aufforderung an die beiden zerstrittenen und grössten Palästinenserorganisationen zu verstehen, die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sowie die islamistische Hamas.

An dem Treffen mit Hanija hatten auch Aussenminister Hakan Fidan sowie Geheimdienst-Chef Ibrahim Kalin teilgenommen. Bei dem Gespräch ging es unter anderem um einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg, humanitäre Hilfe und die Freilassung der Geiseln.

Türkei will aktivere Rolle in der Friedensvermittlung

Israel und die Hamas verhandeln seit Monaten durch Vermittlung von Katar, Ägypten und den USA über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt wurden. Ein Durchbruch ist derzeit nicht in Sicht. Die Türkei ist offiziell nicht Teil der Verhandlungen, unterstützt diese aber. Ankara unterhält gute Beziehungen zur politischen Führung der Hamas und unterstützt eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt.

Es ist klar, dass Erdogan es bei dem Treffen auch darum ging, den Krieg im Gazastreifen wieder in den internationalen Fokus zu stellen. Denn ebenfalls am Samstag traf sich der türkische Aussenminister mit dem ägyptischen Aussenminister Samih Shukri in Istanbul, um über Hilfslieferungen für Gaza zu sprechen.

epa11290354 A handout photo made available by the Turkish President Press Office shows Turkish President Recep Tayyip Erdogan (C), Egyptian Foreign Minister Sameh Shoukry (C-L) and Turkish Foreign Min ...
Treffen in der Türkei: Zwischen Hamas und der Regierung Erdogans. Bild: keystone

Erdogan hatte das Massaker der Islamisten mit mehr als 1200 Toten in Israel am 7. Oktober zwar verurteilt. Die dafür verantwortliche Hamas hatte der türkische Präsident aber später wiederholt als Befreiungsorganisation bezeichnet. Dies und wiederholte Verbalattacken des türkischen Präsidenten gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu haben zu einer massiven Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Türkei und Israel geführt. Erdogan hatte Netanjahu erst kürzlich wieder attackiert und ihm vorgeworfen, ein «Massaker» und gar ein «Genozid» im Gazastreifen zu begehen. Israel hatte die Äusserungen Erdogans wiederholt entschieden zurückgewiesen.

Für Unmut in Israel sorgte nun auch Erdogans Treffen mit Hamas-Auslandschef Hanija. Der israelische Aussenminister Israel Katz teilte am Samstag ein Bild von Hanija und Erdogan auf der Plattform X, vormals Twitter und schrieb dazu: «Muslimische Brüder: Vergewaltigung, Morde, Leichenschändung und Babyverbrennung» und dann an Erdogan gerichtet: «Schäme dich!»

Hamas könnte Katar verlassen

Laut einem Bericht des «Wall Street Journals» (Samstag) erwägt die politische Hamas-Führung, ihre derzeitige Basis in Katar zu verlassen und sich stattdessen möglicherweise in Oman niederzulassen - dafür gab es aber zunächst keine Bestätigung.

Die Islamisten kontaktierten dem Bericht zufolge in den vergangenen Tagen mindestens zwei Länder in der Region, um zu fragen, ob diese offen für den Umzug der Hamas-Spitzenpolitiker in ihre Hauptstädte seien, wie die Zeitung unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Quelle berichtete. Informationen über eine mögliche Reaktion aus Oman lagen zunächst nicht vor. Unbekannt sei auch, wen die Hamas-Führung über Oman hinaus kontaktierte.

Hanija führt Berichten zufolge mit einem Teil seiner Familie seit Jahren ein Luxusleben in Katar. Kürzlich wurde jedoch bekannt, dass drei Söhne des Hamas-Chefs bei einem Raketenangriff in Gaza ums Leben kamen.Sollte die politische Hamas-Führung Katar verlassen, könne dies die heiklen Gespräche über eine Freilassung Dutzender israelischer Geiseln aus Gaza gefährden.

(sda/dpa/kma)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Matte Lonkel
21.04.2024 16:52registriert Februar 2024
Dann sollte Israel erwägen, die "Einheit aller Kurden" zu unterstützen. Mit allem was dazu gehört.
6014
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wir (M)Ostschweizer*innen nun im Süden
21.04.2024 17:20registriert Juni 2019
Sayın Sayın Erdoğan
umarım politikalarınızdan memnunsunuzdur, çünkü Avrupa Türkiye'den biraz daha uzaklaştı.

Geehrter Herr Erdogan
ich hoffe Sie sind zufrieden mit Ihrer Politik, denn soeben ist Europa ein Stück weiterweg von der Türkei gerutsch.
4018
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mari Huhn Ana
21.04.2024 17:40registriert Juni 2019
Das Reisen und/oder Umziehen erübrigt sich bald für diese Mitglieder einer Schwerverbrecherorganisation, dafür wir Israel sorgen.
4231
Melden
Zum Kommentar
24
Ringen um Waffenruhe in Gaza geht weiter – das Nachtupdate ohne Bilder

Bei den indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas zeichnet sich bislang kein Durchbruch ab. Israel werde unter keinerlei Umständen einer Vereinbarung zustimmen, die eine israelische Verpflichtung zur Beendigung des Krieges beinhaltet, zitierte die Zeitung «Times of Israel» am späten Samstagabend einen über die in Ägypten laufenden Gespräche informierten Beamten. Arabische Medienberichte, die darauf hindeuteten, dass Israel den Vermittlern Garantien für ein Ende des Krieges geben werde, seien falsch. Die Hamas verlange weiterhin, dass Israel der Beendigung des Krieges als Bedingung für ein Abkommen zustimmt, «und vereitelt damit die Möglichkeit, ein Abkommen zu erreichen», so der Beamte.

Zur Story