International
Palästina

Auch Portugal erkennt Palästina als Staat an

epa12137349 Portuguese Foreign Affairs Minister Paulo Rangel speaks during a joint press conference with his German counterpart, Johann Wadephul (not pictured), after a meeting at the Ministry of Fore ...
Portugal hat Palästina als Staat anerkannt. Das gab Aussenminister Paulo Rangel bekannt.Bild: keystone

Auch Portugal erkennt Palästina als Staat an

Nach monatelangem Druck auf Israel verkünden Grossbritannien, Kanada und Australien zeitgleich die Anerkennung eines palästinensischen Staates. Weitere Länder dürften noch heute folgen.
21.09.2025, 15:1422.09.2025, 01:19

Nur wenige Stunden nach den beiden G7-Staaten Kanada und Grossbritannien sowie Australien hat auch Portugal einen Staat Palästina anerkannt. Den Beschluss der konservativen Regierung von Ministerpräsident Luís Montenegro gab Aussenminister Paulo Rangel kurz vor Beginn der UN-Generaldebatte in der kommenden Woche in New York bekannt.

In seiner Erklärung betonte der Minister, unter den im Parlament in Lissabon vertretenen Parteien herrsche in dieser Frage «ein breiter Konsens». «Portugal befürwortet die Zweistaatenlösung als einzigen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden.» Gleichzeitig verurteilte Rangel den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 und unterstrich das Existenzrecht Israels.

Das portugiesische Aussenministerium hatte die Anerkennung bereits am Freitag angekündigt. Noch vor der am Montag beginnenden Konferenz zur Zweistaatenlösung am Rande der UN-Vollversammlung in New York wollen unter anderem weitere EU-Länder wie Frankreich und Belgien denselben Schritt unternehmen. Deutschland und die USA lehnen eine Anerkennung derzeit dagegen ab.

Folgen Frankreich und Belgien?

Angesichts des unverändert tobenden Gaza-Krieges und zum Ärger Israels haben davor auch Grossbritannien, Kanada und Australien formal einen palästinensischen Staat anerkannt.

Das gaben die Premierminister der drei Länder, Keir Starmer, Mark Carney, und Anthony Albanese, kurz vor Beginn der UN-Generaldebatte in der kommenden Woche in New York bekannt. Dort dürfte die Anerkennung durch weitere westliche Staaten wie Frankreich und Belgien folgen, mit der den Bemühungen um eine Zweistaatenlösung neuer Rückenwind verschafft werden soll.

Grossbritannien und Kanada sind die ersten der wirtschaftsstarken westlichen G7-Staaten, die damit einen Palästinenser-Staat anerkennen – die USA als Israels engster Verbündeter und auch Deutschland lehnen einen solchen Schritt zu diesem Zeitpunkt dagegen ab.

Weltweit haben bereits knapp 150 der 193 UN-Mitgliedstaaten einen palästinensischen Staat anerkannt. Aus palästinensischer Sicht ist aber gerade die Entscheidung mehrerer führender westlicher Staaten von besonderer Bedeutung. Wenn nach Grossbritannien wie geplant auch Frankreich folgt, dann haben einschliesslich Russland und China vier der fünf UN-Vetomächte einen Staat Palästina anerkannt – einzig die USA nicht.

Neuer Schwung für die Zweistaatenlösung?

«Angesichts des wachsenden Schreckens im Nahen Osten handeln wir, um die Möglichkeit von Frieden und einer Zweistaatenlösung zu wahren», sagte Starmer bei der Verkündung des britischen Beschlusses in einer Videobotschaft auf der Plattform X. Es gehe bei der Anerkennung um ein sicheres Israel neben einem lebensfähigen palästinensischen Staat – im Moment habe man weder das eine noch das andere, sagte er.

Albanese erklärte, die Anerkennung sei Teil koordinierter internationaler Bemühungen, neuen Schwung für eine Zweistaatenlösung zu schaffen. Er machte gleichzeitig aber auch klar: «Die Terrororganisation Hamas darf keine Rolle in Palästina spielen.»

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bedankte sich und sprach von einem «wichtigen und notwendigen Schritt in Richtung eines gerechten und dauerhaften Friedens». Die britische Anerkennung werde den Weg für die Umsetzung einer Zweistaatenlösung bereiten, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren werde.

Kritik aus Israel: «Belohnung für die Hamas»

Aus Israel kam dagegen scharfe Kritik. Die Anerkennung eines palästinensischen Staates sei «nichts anderes als eine Belohnung für die dschihadistische Hamas – ermutigt durch ihre der Muslimbruderschaft nahestehenden Verbündeten im Vereinigten Königreich», erklärte das israelische Aussenministerium auf X.

Ultrarechte israelische Politiker wie Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir verurteilten die Anerkennung ebenfalls scharf. Als Gegenmassnahme forderten sie eine Annexion des besetzten Westjordanlands - was einen eigenen palästinensischen Staat in noch weitere Ferne rücken liesse. Israels Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete den Schritt Grossbritanniens, Australiens und Kanadas als «diplomatische Katastrophe» und ebenfalls als «eine Belohnung für den Terror».

London verweist auf katastrophale Lage im Gazastreifen

Starmer hatte Israel bereits Ende Juli mit der Anerkennung eines palästinensischen Staates gedroht. Damals machte er die Entscheidung noch davon abhängig, ob Israel seinen Kurs im Gaza-Krieg ändern würde. Seine Regierung fordert unter anderem eine sofortige Waffenruhe sowie mehr humanitäre Hilfe für die not- und hungerleidende Bevölkerung im Gazastreifen.

Fraglich ist, ob die weitgehend symbolische Anerkennung neuen Schwung auf dem Weg hin zu einer Zweistaatenlösung bringt. Damit ist die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren soll. Dieses Modell gilt als das international anerkannte Ziel für eine Lösung des Nahost-Konflikts. Deutschland setzt daher weiterhin auf eine Verhandlungslösung – auch wenn alle Versuche einer friedlichen Einigung bisher gescheitert sind. Die letzten Gespräche dazu gab es 2014.

Israels Ablehnung der Zweistaatenlösung

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Idee eines entmilitarisierten palästinensischen Staates einst ebenfalls unterstützt, rückte dann jedoch davon ab. Seine gegenwärtige rechtskonservative Regierung lehnt eine Zweistaatenlösung strikt ab. Sie betrachtet einen palästinensischen Staat als eine Gefahr für die Existenz Israels.Netanjahus Regierung treibt gleichzeitig den Siedlungsausbau im Westjordanland und in Ost-Jerusalem stetig voran. In den Gebieten leben mehr als 700'000 Siedler neben rund drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser beanspruchen sie ebenso wie den Gazastreifen für ihren eigenen Staat.

Durch Israels fortschreitende Besiedlung bliebe davon jedoch schon heute nur ein «Flickenteppich» übrig. Insofern kommt der Vorstoss der westlichen Länder de facto einer eher symbolischen Anerkennung eines Staates ohne Land gleich. Auch der britische Vize-Premier David Lammy räumte bei Sky News ein, eine Anerkennung bedeute nicht, dass über Nacht ein palästinensischer Staat entstehen werde.

Internationale Empörung über Israels Vorgehen in Gaza

Der Krieg im Gazastreifen hatte mit dem beispiellosen Überfall der Hamas und weiterer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen. Dabei wurden rund 1'200 Menschen getötet und mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza wurden im Kriegsverlauf bereits mehr als 65'000 Palästinenser getötet, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.

Im Gazastreifen, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben, herrscht Hilfsorganisationen zufolge inzwischen eine dramatische humanitäre Krise. Es fehlt vielen Menschen am Allernötigsten, Hunderttausende mussten wegen Kämpfen bereits mehrfach fliehen. Für Teile der Stadt Gaza und einige Nachbarorte wurde zudem eine Hungersnot erklärt.

Israel kontrolliert die Zufuhr von Hilfsgütern in den abgeriegelten Küstenstreifen. Diese Versorgung ist internationalen Organisationen zufolge schon seit Monaten viel zu gering.

Jüngst startete Israel auch eine höchst umstrittene Bodenoffensive in der Stadt Gaza, in der Hunderttausende Palästinenser leben. Ziel ist es laut Regierungsangaben, dort eine der letzten Hamas-Hochburgen zu zerschlagen und die Freilassung der Geiseln zu erzielen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln. Nach israelischen Informationen dürften 20 von ihnen noch leben.

Grosse Mehrheit der UN-Staaten erkennt den Staat Palästina an

Obwohl bereits circa 150 der 193 UN-Mitgliedsstaaten einen palästinensischen Staat anerkennen, hat die Entscheidung zentraler Weltmächte aus palästinensischer Sicht besondere Bedeutung. Viele EU-Länder, vor allem in Ost- und Südosteuropa, haben schon vor langer Zeit diesen Schritt vollzogen. Das sehr israelfreundliche Ungarn tat das etwa schon 1988.

Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hatten die drei EU-Länder Spanien, Irland und Slowenien und auch Norwegen schon im vorigen Jahr einen Staat Palästina anerkannt. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Rückblick auf das Jahr nach dem 7. Oktober
1 / 32
Rückblick auf das Jahr nach dem 7. Oktober
7. OktoberIm Morgengrauen des jüdischen Feiertags Simchat Tora startet die islamistische Terrororganisation Hamas einen Grossangriff auf das umliegende Gebiet in Israel. Mehrere Tausend Raketen werden aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Mehrere tausend Terroristen überwinden die Grenzbefestigungen und töten an einem Musikfestival und in mehreren Ortschaften wahllos Soldaten und vor allem Zivilisten. Bild: Ein Zimmer in einem Haus im Kibbuz Kfar Aza nach dem Angriff der Hamas. ... Mehr lesen
quelle: keystone / abir sultan
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Israelischer Verteidigungsminister Katz postet Video von Luftangriff auf Gaza
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
249 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Digichr
21.09.2025 15:28registriert Februar 2014
Jetzt gibt es Sonntagsarbeit für die Leute von Trump. Neue Zölle werden soeben berechnet.
18822
Melden
Zum Kommentar
avatar
Madison Pierce
21.09.2025 16:23registriert September 2015
Eine Zweistaatenlösung ist wohl die einzige Hoffnung auf Frieden. Nur: Wen erkannt man als Regierung der Palästinenser an? Die Hamas kommt dafür offensichtlich nicht infrage.

Es ist aber ein starkes Zeichen der Staatengemeinschaft an Israel, dass man ihr Existenzrecht anerkennt, aber das der Palästinenser auch.
15740
Melden
Zum Kommentar
avatar
anundpfirsich
21.09.2025 16:25registriert Oktober 2015
Super und wann folgt die Schweiz😊
182117
Melden
Zum Kommentar
249
Wiedereröffnung der Notre-Dame-Türme in Paris
Neun Monate nach der Wiedereröffnung von Notre-Dame sind seit Samstag auch die beiden gotischen Türme wieder begehbar – umfassend renoviert und mit einem neuen Meisterwerk aus Eiche. Das Herzstück der Restaurierung ist eine doppelläufige Wendeltreppe aus massiver Eiche im Südturm. Sie erstreckt sich über 21 Meter, wiegt 20 Tonnen und führt hinauf zu den berühmten Glocken «Emmanuel» und «Marie», die dadurch nun erstmals aus nächster Nähe zu sehen sind.
Zur Story