Gut sechs Jahre nach den regierungskritischen Gezi-Protesten in der Türkei sind der Intellektuelle Osman Kavala und weitere Angeklagte von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Die Richter am Hochsicherheitsgefängnis Silivri ordneten zudem Kavalas Entlassung an, der seit über zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzt.
Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft unter erschwerten Bedingungen wegen eines Umsturzversuchs für Kavala, die Architektin Mücella Yapici und Yigit Aksakoglu - Experte für frühkindliche Entwicklung - gefordert. Für weitere Angeklagte verlangte er lange Haftstrafen.
Hintergrund der Anklage waren die Gezi-Proteste vom Sommer 2013. Damals hatten Aktivisten zunächst gegen die Bebauung des Gezi-Parks im Zentrum Istanbuls demonstriert.
Die Aktion weitete sich aus zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser liess die Gezi-Proteste mit Polizei-Gewalt niederschlagen.
Im sogenannten Gezi-Prozess waren insgesamt neun Aktivisten angeklagt, darunter Menschenrechtler, Anwälte, Kulturschaffende und Architekten.
Kavala war im November 2017 inhaftiert worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Dezember Kavalas Freilassung gefordert. Die Türkei setzte das Urteil zunächst jedoch nicht um. Prozessbeginn war im Juni 2019. (sda/dpa/afp)