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Trumps Angriffe auf FBI schüren Angst vor US-Verfassungskrise

Trumps Angriffe auf FBI schüren Angst vor US-Verfassungskrise

03.02.2018, 15:2403.02.2018, 15:48
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Nach dem Angriff von Präsident Donald Trump auf die Bundespolizei FBI und das Justizministerium wächst in den USA die Furcht vor einer Verfassungskrise. Die Spitzen der Demokraten in Repräsentantenhaus und Senat warnten in einer Erklärung vor einer Entlassung des Sonderermittlers in der Russland-Affäre, Robert Mueller. FBI-Direktor Christopher Wray stellte sich hinter seine Mitarbeiter, deren Arbeit Trump massiv in Frage gestellt hatte.

Wray schrieb in einem Brief an die 35'000 Bundespolizisten: «Worte sind Schall und Rauch – die Arbeit, die ihr leistet, ist das, was Bestand haben wird.»

Er wisse, was sie in den vergangenen neun Monaten durchgemacht hätten – und das sei, «gelinde gesagt», beunruhigend gewesen. Die vergangenen Tage hätten nicht dazu beigetragen, die Wogen zu glätten. Wray pries die hohe Integrität der Behörde, ihren Arbeitsethos und ihre Professionalität.

Trump hatte zuvor gegen den massiven Widerstand von Justizministerium und FBI die Veröffentlichung eines Memos genehmigt, das beiden Behörden schwere Verfehlungen bei den Ermittlungen zur Russland-Affäre vorwirft.

Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb der US-Präsident, die Leitungen von FBI und Justizministerium hätten «den heiligen Ermittlungsprozess zugunsten der Demokraten und gegen die Republikaner politisiert».

Seltener Tabubruch

Derartige Attacken des US-Präsidenten gegen die eigenen Ermittlungsbehörden stellen einen seltenen Tabubruch dar. Sie erinnern an die Konfrontation zwischen Präsident Richard Nixon und der Spitze des Justizministeriums während der Watergate-Abhöraffäre der siebziger Jahre.

FILE - This Jan. 21, 1969 file photo shows President Richard Nixon at his desk at the White House in Washington. Nixon suffered a stroke in 1994 and died days later at age 81. Thursday, Aug. 7, 2014 m ...
Richard Nixon im Oval-Office am 21. Januar 1969.Bild: AP/AP

In dem veröffentlichten Memo wird die «Legitimität und Legalität» des Vorgehens der Ermittler in Frage gestellt. Das vom Repräsentantenhaus veröffentlichte Memo stammt vom Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses, Devin Nunes, einem Trump-Vertrauten. Für die oppositionellen Demokraten ist das Papier der Versuch, die Arbeit des Sonderermittlers Mueller in Verruf zu bringen.

Mueller bereitet derzeit die Vernehmung des Präsidenten vor. Er spürt nicht nur den Moskau-Kontakten vor Trumps Amtsantritt nach, sondern auch dem Verdacht, dass Trump später als Präsident die Ermittlungen zu diesen Kontakten in strafbarer Weise zu behindern versucht haben könnte.

Wray vor Entlassung?

Nach Meinung politischer Beobachter könnte Wray im Zuge von Trumps Konfrontationskurs gefeuert werden. Wrays Vorgänger James Comey hatte Trump erst im vergangenen Mai entlassen. Der seit August amtierende Wray erwähnte in seinem FBI-internen Schreiben weder Trump noch das Memo direkt und machte auch keine Angaben zu seinem möglichen Ausscheiden als FBI-Chef.

In dem Memo geht es darum, auf welche Weise das Justizministerium und das FBI die gerichtliche Genehmigung erhielten, Trumps Wahlkampfberater Carter Page seit 2016 zu überwachen. Page, ein früher in Moskau tätiger Investmentbanker, steht unter dem Verdacht der Spionage für Russland.

Das Papier führt demnach ins Feld, dass der Antrag bei Gericht auf dem umstrittenen Dossier des britischen Ex-Spions Christopher Steele zu möglichen Verbindungen zwischen Trump und Moskau basiert habe. Dabei hätten die Behördenvertreter verschwiegen, dass Steeles Dossier teilweise vom Team von Trumps Wahlkampfrivalin Hillary Clinton finanziert worden war. Die Demokraten verweisen darauf, dass sich der gerichtliche Antrag neben dem Steele-Dossier auch noch auf anderes Material gestützt habe.

Trump Jr. fordert Einstellung

Trumps Sohn Donald Trump Jr. twitterte am Freitag, nach der Veröffentlichung des Memos sollten die Russland-Ermittlungen beendet werden. Trumps ältester Sohn soll mit Wahlkampfmanager Paul Manafort und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner im vergangenen Jahr eine russische Anwältin getroffen haben.

Im Vorfeld dieses Treffens waren dem Trump-Sohn nach dessen eigenen Angaben belastende Informationen über Clinton angeboten worden.

Der republikanische Senator John McCain kritisierte den Präsidenten. «Die jüngsten Attacken gegen das FBI und das Justizministerium sind nicht im Interesse der USA – weder der Partei noch des Präsidenten», erklärte er. Sie seien lediglich im Interesse des russischen Staatschefs Wladimir Putin. (leo/sda/afp)

So reagieren US-Komiker auf den Rausschmiss von Comey:

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49 Kommentare
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Paul Badman
03.02.2018 16:12registriert November 2015
Nach lesen von ellenlangen Abhandlungen glaube ich verstanden zu haben, um was es geht. Offenbar will das Trumplager weismachen, dass die Überwachung einer zwielichtigen Figur aus dem Trumplager nicht rechtens war, weil der berechtigte Verdacht gegen diese Figur durch Recherchen der Demokraten aufkam. Das wäre ja, wie wenn die Polizei einen Verbrecher nicht fangen dürfte, weil er von der falschen Person gemeldet worden war.
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Jein
03.02.2018 16:48registriert August 2017
Das Steele-Dossier stellte nicht die einzige Grundlage für den FISA gegen Page dar, und letztendlich wurde ja zu Recht gegen ihn ermittelt weil sich die Vermutungen als richtig herausstellte.

Und letztendlich ein Witz dass die Partei die Millionen Leute abhören liess und Unschuldige in Geheimgefängnissen foltern liess, sich nun plötzlich um die Wahrung der Grundrechte in Justizverfahren sorgt.
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who cares?
03.02.2018 20:31registriert November 2014
Wichtiger als US-Innenpolitik finde ich die Nachricht, dass das Pentagon neu "Mini"-Atomwaffen für die "Abschreckung" entwickeln will. Wahrscheinlich sollen so Atomwaffen salonfähig gemacht werden. Darüber sollte berichtet werden.
(kam heute in der Tagesschau)
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