International
Wirtschaft

Xi hält zu Putin – Schulterschluss mit Russland isoliert China

Xi hält zu Putin – Schulterschluss mit Russland isoliert auch China

07.03.2022, 12:5007.03.2022, 14:37
Mehr «International»
FILE - Chinese President Xi Jinping, right, and Russian President Vladimir Putin talk to each other during their meeting in Beijing, Feb. 4, 2022. China is the only friend that might help Russia blunt ...
Halten zusammen: Xi und Putin.Bild: keystone

Ungeachtet der Gräuel des Ukraine-Krieges steht China voll hinter Russland, auch wenn es sich damit selbst international ins Abseits stellt.

«Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben», sagte Aussenminister Wang Yi am Montag auf eine Frage nach den internationalen Sanktionen gegen Russland. «Die Freundschaft zwischen beiden Völkern ist felsenfest.»

Chinese Foreign Minister Wang Yi speaks during a remote video press conference held on the sidelines of the annual meeting of China's National People's Congress (NPC) in Beijing, Monday, Mar ...
Wang Yi.Bild: keystone

Eine Pressekonferenz während der laufenden Tagung des Volkskongresses in Peking nutzte der Minister, um Russland zu versichern, dass es weiter auf China zählen könne. Ihr Verhältnis gehöre «zu den wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt». Die Kooperation trage zu «Frieden und Stabilität» bei, sagte Wang Yi, als wenn es den russischen Angriffskrieg in der Ukraine nicht gäbe.

Schienen einige Beobachter darauf zu hoffen, dass sich China doch noch irgendwie von Putin distanzieren würde, dürften sie von Wang Yis viel beachtetem Auftritt vor der Presse enttäuscht worden sein. Es bleibt bei der «grenzenlosen» Freundschaft, die Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin bei ihrem Treffen am 4. Februar in Peking besiegelt haben.

«Russland hat jetzt die Taliban UND die Schweizer verloren»

Video: watson/een

Unter dem Druck der USA und des Westens sucht China selbst diesen Schulterschluss, auch wenn die Kosten mit der Invasion unerwartet in die Höhe geschossen sind. «Xi Jinping hat wohl einen der grössten aussenpolitischen Patzer seiner zwei Amtszeiten begangen, indem er sich am Vorabend der Invasion durch Russland mit Putin zusammengeschlossen hat», meinte der China-Experte Jude Blanchette von Center for Strategic and International Studies (CSIS).

Peking steckt in einem Dilemma: Wenn Xi Jinping die Invasion nicht hat kommen sehen, spricht es nicht für sein aussenpolitisches Geschick. Hat er es geahnt und tatenlos geschehen lassen, ist Chinas Präsident auch in keiner rühmlichen Position. Manches spricht für eine Fehlkalkulation, auch weil Peking viel zu lange gezögert hat, seine rund 6000 Landsleute in der Ukraine zur Ausreise aufzufordern. Auch hatte Peking die Warnungen der USA auf die bevorstehende Invasion bis zuletzt als «Kriegstreiberei» abgetan.

Auch die Wucht der Sanktionen, die Einheit der sonst zerstritten wirkenden Demokratien und die extrem hohen wirtschaftlichen Kosten für Russland dürften Peking überrascht haben. Anders als das wirtschaftlich eher unbedeutende Russland ist China als zweitgrösste Volkswirtschaft aber von einem offenen Welthandels- und Finanzsystem abhängig. Chinesische Banken haben deswegen mit als erste die Sanktionen umgesetzt, um nicht selbst zum Ziel zu werden.

Im Weltsicherheitsrat hat China die Invasion nicht verurteilt, sich aber enthalten. So hofften die USA auf eine Umorientierung: «Die Welt schaut sich an, welche Länder für die Grundsätze von Freiheit, Selbstbestimmung und Souveränität eintreten», sagte US-Aussenminister Antony Blinken am Wochenende in einem Telefonat mit Wang Yi.

«China spricht immer von der Unverletzlichkeit des Grundsatzes der Souveränität», erläuterte Blinken anschliessend bei CNN. Mit Russland gebe es jetzt aber ein ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat, das diesen Grundsatz verletze. «Deswegen schauen wir nach China, dass es seiner Stimme Gehör verschafft. Diese Stimme zählt.»

Aber Chinas Führung lehnt einen Kurswechsel ab. Als Zeichen, wie eingekreist sich auch China fühlt, warf der Aussenminister den USA vielmehr vor, in der asiatischen Region eine Verteidigungsallianz aufbauen zu wollen: «Das wahre Ziel der Indo-Pazifik-Strategie ist die Schaffung einer indo-pazifischen Version der Nato.»

Ukraine-Krieg: die Akteure im Überblick

1 / 14
Ukraine-Krieg: die Akteure im Überblick
Durch Russlands Angriff auf die Ukraine in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar, ist die jahrelange Ukraine-Krise von einem blossen Konflikt zum Krieg geworden. Wer die wichtigsten Beteiligten sind, erfährst du hier:

Wladimir Putin ist seit 2000 (mit Unterbrechung von 2008 bis 2012) Präsident von Russland. Er sieht die Stabilität seines Systems seit den frühen Jahren seiner Präsidentschaft durch den Westen bedroht und will verhindern, dass die Ukraine Nato-Mitglied wird und eine westlich orientierte Demokratie aufbaut. Am 24. Februar befahl Putin schliesslich den Angriff auf die Ukraine. Offizielle Leitmotive für den Krieg sind die «Demilitarisierung und Entnazifizierung».
... Mehr lesen
Auf Facebook teilenAuf X teilen

So wurden auch verzweifelte Hoffnungen der Ukraine oder des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell enttäuscht, dass China mit seinem Einfluss irgendwie vermittelnd eingreifen würde. Wang Yi versprach nur eine «konstruktiven Rolle», die China spielen wolle. Auch chinesische Experten lehnen eine Vermittlung ab: «Wenn der Westen will, dass China eine grössere Rolle spielt, sollte er zuerst seine bösartigen Kampagnen gegen China einstellen», zitierte die parteinahe «Global Times» Professor Zhu Feng von der Universität Nanjing.

Indem Xi Jinping derart unbeirrt zu Putin hält, isoliert sich China weiter selbst. «China hat sich gerade selbst in den Fuss geschossen», glaubt China-Experte Blanchette und verweist darauf, wie in Europa und den USA die Front auch gegen China wächst. «Die Russen haben es geschafft, dass sich unsere Chinapolitik in Europa total ändern wird», sagte auch der Präsident der EU-Handelskammer, Jörg Wuttke, in Peking. Er rechnet mit einer stärkeren Eindämmungsstrategie durch die USA, der sich Deutsche und andere Europäer nicht entziehen könnten.

Dieser Gefahr ist sich Wang Yi durchaus bewusst. Er erinnerte deswegen die Europäer vorsichtshalber daran, dass ihr Handelsvolumen mit China inzwischen 800 Milliarden US-Dollar im Jahr erreicht habe: «Wir hoffen, dass Europa eine unabhängigere und objektive Wahrnehmung Chinas entwickelt.» Er hoffe auf eine «pragmatische Politik». Die Europäer sollten «einen neuen Kalten Krieg» ablehnen. (aeg/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wie sich ukrainische Zivilisten auf ihren Feind vorbereiten
1 / 17
Wie sich ukrainische Zivilisten auf ihren Feind vorbereiten
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Imagefilm: 40'000 Menschen demonstrieren in Zürich für Frieden
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
106 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Chris_A
07.03.2022 13:20registriert Mai 2021
Wenn Russland wegen diesem dämlichen Krieg gegen Westen abgeschottet ist, wird China dieses Russland sowas von ausplündern und dann fallenlassen. Im Moment agiert China viel intelligenter als Russland, sie bauen eine neue Seidenstrasse und kaufen im Westen wichtige Infrastrukturen. Putin hat bis jetzt sein Land heruntergewirtschaftet und mit diesem Krieg hat er den Zerfall noch zusätzlich beschleunigt.
1213
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pontifax
07.03.2022 13:07registriert Mai 2021
Das Verhalten Chinas hat mich zum Entschluss gebracht, nichts mehr bei Ali express, Alibaba oder Wish zu bestellen. Ich bin für die zwar nur ein kleines Lichtlein. Aber den Nio ET7, den ich bestellen wollte, habe ich nun auch von der Wunschliste gestrichen. Dann warte ich eben, bis der EV9 von Korea auf den Markt kommt. Je mehr Menschen nun verzichten, um so eher wird China das spüren. Aber genau da liegt das Problem: Verzichten.
12017
Melden
Zum Kommentar
avatar
Salvatore_M
07.03.2022 13:24registriert Januar 2022
China wollte keinen Krieg in der Ukraine, aber China ist nun zum Kollaborateur der Russen geworden. Das wird man den Chinesen noch lange vorwerfen.
1053
Melden
Zum Kommentar
106
Swissgrid sieht sich in guter Form vor Modernisierung des Netzes

Die Netzbetreiberin Swissgrid spricht in Bezug auf ihr Geschäftsjahr 2023 von einem «soliden Unternehmensergebnis». Es sei eine starke Basis für die Modernisierung des Übertragungsnetzes geschaffen worden. Beklagt wird das Fehlen eines Stromabkommens mit Europa.

Zur Story