Während die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen näherrückt, ist die Forschung mit der Berechnung der Opferzahlen von Palästinenserinnen und Palästinensern beschäftigt.
Doch diese gestaltet sich schwierig. Israelische Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und Ausfälle im Telekommunikationssystem erschweren die korrekte Erfassung von Todesfällen.
Für die aktive Untersuchung von möglichen Kriegsverbrechen sind diese Zahlen jedoch zentral.
Eine Studie in «The Lancet», einer der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt, kam zum Schluss, dass die bisherigen Todeszahlen das Ausmass der Krise deutlich untertrieben haben. So seien wohl 41 Prozent mehr Menschen gestorben als bisher angenommen.
Zu dieser Einschätzung kam ein Forschungsteam der London School of Hygiene & Tropical Medicine, das die Zahl der Todesfälle mit statistischen Modellen geschätzt hat. Dafür haben sie Listen von Krankenhäusern, der palästinensischen Gesundheitsbehörde und Nachrufe in den sozialen Medien kombiniert.
Diese Methode für die Berechnung von Kriegsopfern kam bereits in anderen Kriegsgebieten, wie im Sudan oder in Kosovo, zur Anwendung.
Die Resultate der Studie sind verheerend: Demnach sind zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 30. Juni 2024 offenbar 64’260 Personen im Gazastreifen durch die andauernde israelische Militäroperation ums Leben gekommen. Die palästinensische Gesundheitsbehörde hatte für denselben Zeitraum von 38’000 Toten gesprochen.
Liegen diese Zahlen richtig, heisst das, dass ungefähr 2,9 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen im aktuellen Gaza-Krieg getötet worden sind, das entspricht jeder 35. Person.
Die Studie macht auch eine Aussage zu den häufigsten Opfern im Krieg:
Bei den Schätzungen nicht eingerechnet sind Vermisste und Personen, die durch die humanitären Folgen des Krieges gestorben sind, etwa durch Krankheiten oder durch die katastrophale Versorgungssituation.
Die Studienautorinnen und -autoren schlussfolgern demnach, dass auch ihre Zahlen das gesamte Ausmass der Krise nicht erfassen können.
(hah)