Selfies – diese moderne Manifestation des Narzissmus – können nicht nur lästig sein. Nicht selten begeben sich Leute dafür in Gefahr; manche bezahlen den perfekten Shot sogar mit ihrem Leben. Die Verfasser einer rezenten Studie über Todesfälle in Folge von Selfies fordern deshalb Selfie-Verbotszonen, besonders an gefährlichen touristischen Orten.
Tatsächlich gibt es bereits Orte, an denen die Behörden gegen den fatalen Leichtsinn eingeschritten sind und ein Selfie-Verbot erlassen haben. Hier sind sechs Beispiele.
Indien ist gemäss der erwähnten Studie das Land, in dem sich weltweit weitaus am meisten Selfie-Todesfälle ereignen. In Mumbai hat man daraus schon 2016 Konsequenzen gezogen und an sechs Stellen der Megacity, an denen am meisten Selfie-Unglücksfälle geschehen, ein Selfie-Verbot verhängt, darunter am berühmten Marine Drive und am Girgaum-Chowpatty-Strand. Die Polizei patrouilliert vermehrt in diesen Gebieten.
Auch Goa, eines der beliebtesten Reiseziele westlicher Touristen in Indien, hat «No-Selfie-Zonen» eingeführt. In 24 Gebieten des indischen Bundesstaats wurden Selfies verboten. Die Behörden schritten ein, nachdem zwei Touristen aus Südindien am gleichen Tag – aber unabhängig voneinander – durch grosse Wellen von einem Felsen ins Meer gespült wurden und ertranken. Die beiden Todesfälle waren nicht die einzigen, die sich an der malerischen Küste Goas ereignet hatten.
Eigentlich ist der Encierro, der berühmte Stierlauf an den alljährlich stattfindenden Sanfermines in Pamplona, gefährlich genug. Jedes Jahr gibt es zahlreiche Verletzte, manchmal kommen auch Stierläufer ums Leben. Die Gefahr ist nicht kleiner geworden, seit es auch Teilnehmer gibt, die ihren Wagemut mit einem Selfie dokumentieren wollen. Nachdem ein Stierläufer aufgespiesst wurde und starb, als er mit dem Rücken zu den Stieren ein Selfie schiessen wollte, hatten die Behörden genug und erliessen ein striktes Verbot. Ein Brite, der sich nicht daran hielt, musste eine Busse von 3000 Euro (umgerechnet rund 3400 Franken) bezahlen.
Pamplona police seek man for "taking selfie" during bull run http://t.co/Eg8S6MpkcD#eltontolmóvil pic.twitter.com/y50Fbe3Lih
— Guardian World (@guardianworld) 13. Juli 2014
Was gibt es Knuddligeres als einen echten, wilden Bären? Das sagt sich offenbar auch eine wachsende Anzahl von Touristen, die den berühmten Lake Tahoe an der Grenze zwischen den US-Staaten Kalifornien und Nevada aufsuchen. Viele von ihnen begnügen sich nicht damit, Bären aus der Ferne zu bewundern, sondern rücken den Raubtieren auf die Pelle – für ein gutes Selfie muss man schliesslich etwas riskieren.
Die US-Forstverwaltung und die Departemente für Fisch und Wildtiere von Kalifornien und Nevada sind allesamt nicht begeistert vom Selfie-Wahn der Besucher, der sich in einem wahren Hype in den Sozialen Medien niedergeschlagen hat. Sie haben ein Selfie-Verbot verhängt und warnen die Touristen speziell davor, den Bären beim Selfie-Schiessen den Rücken zuzukehren.
Visitors to Lake Tahoe are taking way too many selfies with bears. http://t.co/2BCbXmQEdg pic.twitter.com/I5xshJdBJG
— Mashable (@mashable) 27. Oktober 2014
Nachdem auf der Dating-Site Tinder plötzlich eine grosse Anzahl von Selfies mit Raubkatzen aufgetaucht waren, verbot der Staat New York diese Praxis. Zoo- und Zirkusbesuchern in diesem US-Staat ist es auch nicht mehr erlaubt, direkten Kontakt mit Grosskatzen zu haben oder sich in unmittelbarer Nähe zu ihnen aufzuhalten. Wer dem Verbot zuwiderhandelt, kann zu einer Busse in der Höhe von 500 bis 1000 Dollar verknurrt werden. Der Seite TinderGuysWithTigers.tumblr.com, die solche Schnappschüsse sammelt, dürfte somit bald das Material ausgehen.
Der thailändische Umweltminister, General Surasak Kanchanarat, hat das Personal in allen thailändischen Nationalparks angewiesen, Leute daran zu hindern, Selfies an gefährlichen Stellen am Meer und in den Bergen zu schiessen. Von der Weisung betroffen sind insbesondere die spektakulären Aussichtspunkte Pha Diao Dai auf dem Gipfel des Khao Khiao, Kew Mae Pan im Nationalpark Doi Inthanon und Phu Chi Fah in der Provinz Chiang Rai im äussersten Norden des Landes. Das Verbot dürfte damit zu tun haben, dass vermehrt thailändische Touristen die Berglandschaften im Norden besuchen. Die Behörden fürchten, dass sie sich auf der Suche nach dem perfekten Selfie selbst in Gefahr bringen.
(dhr)