Das Basler Appellationsgericht hat eine ehemalige Sans-Papiers wegen illegalen Aufenthalts in der Schweiz und Schwarzarbeit zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Das Gericht musste die ursprünglich ausgesetzte Strafe aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids neu beurteilen.
Die ehemalige Sans-Papiers aus Bolivien wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 30 Franken verurteilt. Auf die Auferlegung der Gerichtskosten wurde verzichtet. Auf eine Neuauflage der ursprünglich auferlegten Busse hatte bereits die Staatsanwältin verzichtet.
Das Appellationsgericht setzte das Strafmass damit bewusst in einem niedrigen Bereich an und blieb unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die bereits eine verhältnismässig geringe Geldstrafe von 75 Tagessätzen beantragt hatte. Dies einerseits, weil sich der Fall nun schon fast fünf Jahre hinzog, wie die vorsitzende Gerichtspräsidentin sagte. Zweitens dürfte eine Rolle gespielt haben, dass das Gericht die ursprünglich ausgesetzte Strafe wegen eines Bundesgerichtsentscheids quasi wider Willen aussprechen musste.
Die Angeklagte hatte 2016 nach 20 Jahren illegalen Aufenthalts in der Schweiz aufgrund eines Härtefallverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Gleichzeitig hatte sie sich aber wegen ihres rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz und ihrer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung strafbar gemacht.
Das Basler Strafgericht hatte sie deswegen erstinstanzlich schuldig gesprochen, aber von einer Bestrafung abgesehen, weil kein öffentliches Strafbedürfnis bestehe. Dem schloss sich 2020 auch das Appellationsgericht an, das den Fall zweitinstanzlich wegen einer Berufung durch die Staatsanwaltschaft neu beurteilen musste.
Die Staatsanwaltschaft liess aber nicht locker und zog den Fall vor Bundesgericht weiter. Dieses befand im September 2021, dass die Basler Gerichte die Angeklagte im Sinne einer Gleichbehandlung mit ähnlich gelagerten Fällen nicht von einer Strafe hätten absehen dürfen. Zur Beurteilung stand somit lediglich das Strafmass, am eigentlichen Sachverhalt respektive den Schuldsprüchen gab es nichts mehr zu rütteln.
Das sah die Verteidigung nicht ganz so. Der Verteidiger beantragte die Einstellung des Verfahrens und rügte die Staatsanwaltschaft, dass diese so viel Energie in die Kriminalisierung einer gut integrierten ehemaligen Sans-Papiers investiert habe.
Er wies auch auf verfahrenstechnische Missstände hin: erstens auf den Umstand, dass das Migrationsamt gleichzeitig Beurteilungsgremium im Härtefallverfahren und Ermittlungsbehörde sei. Und zweitens auf die Tatsache, dass sich die Betroffenen quasi selber anzeigen müssen, um überhaupt für eine Aufenthaltserlaubnis in Frage zu kommen. «Diese Menschen werden in Basel mit einem Eintrag ins Strafregister willkommen geheissen», sagte der Verteidiger.
Die verurteilte und nun neu auch bestrafte Prozesspartei liess es nach der Urteilsverkündung offen, ob sie den Fall an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen werde.
(yam/sda)