Mit dem neuen Jahr soll alles besser werden. So lautete die Hoffnung in so manchem Rück- und Ausblick. Nun ist 2022 ein paar Tage alt, und die Corona-Lage ist ernst und vor allem unübersichtlich. Die Fallzahlen erreichen mit der hoch ansteckenden Omikron-Variante Höchstwerte, und die Schweiz belegt im Vergleich einen unrühmlichen Spitzenplatz.
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Man habe es «mit einer Monsterwelle zu tun, die sich nicht mehr stoppen lässt», sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) in der «NZZ am Sonntag». Sie warnte vor einem «schwierigen Weg, der uns bevorsteht». In den Spitälern herrscht eine Art Ruhe vor dem Sturm. Vor allem auf den Intensivstationen ist die Lage relativ stabil.
Das dürfte sich rasch ändern, wie Taskforce-Chefin Tanja Stadler am Dienstag ausführte. Dennoch besteht eine gewisse Hoffnung, dass eine Infektion mit Omikron milder verläuft als mit früheren Mutationen. Wobei auch dies ein relativer Begriff ist. Was als «mild» bezeichnet wird, kann zu schweren Langzeitfolgen führen. Vieles an Omikron bleibt unklar.
Die schiere Menge an Infektionen scheint Politik und Gesellschaft zu überfordern. Am Montag musste Graubünden, lange ein Pionier und «Musterschüler» in der Schweizer Corona-Politik, den Verzicht auf Massentests in den meisten Schulklassen anordnen. Das Problem sind die Labore, die mit den Auswertungen nicht nachkommen.
Engpässe in diesem Bereich sind seit Wochen erkenn- und spürbar. Vom Contact Tracing ganz zu schweigen. Faktisch hat die Schweiz (und nicht nur sie) die Kontrolle über die Ansteckungen verloren, auch an den Schulen, obwohl es Hinweise gibt, dass Kinder durch Omikron stärker gefährdet sind als durch die bisherigen Varianten des Coronavirus.
Das führt zu einem gewissen Fatalismus, der sich an den Weltcuprennen in Adelboden am Wochenende manifestierte. Tausende Skifans feierten dicht gedrängt und häufig ohne Maske den Sieg von Marco Odermatt im Riesenslalom. Die Bilder sorgten im Ausland für Irritation. Man kann sich fragen, ob sie Werbung sind für Wintersport in der Schweiz.
Die Organisatoren im Berner Oberland aber zeigten sich bemerkenswert uneinsichtig. Sie hätten die Siegerehrung am Samstagabend «durchgestiert», wenn nicht einige Verbände ihren Athleten die Teilnahme untersagt hätten. Auch die Lauberhornrennen in Wengen sollen diese Woche mit Zuschauern und ohne Maskenpflicht stattfinden.
Es ist typisch für den «Schweizer Weg», bei dem wirtschaftliche Argumente oft mehr Gewicht haben als epidemiologische (Adelboden und Wengen brauchen die mit den Zuschauern generierten Einnahmen). Was zu einem Durchwursteln führt, basierend auf der Hoffnung, dass uns das Gröbste erspart bleibt. Wie aber sieht es global aus?
Das eine Extrem ist China, das seine No-Covid-Strategie (was sagt sie eigentlich aus über die Wirksamkeit der chinesischen Impfstoffe?) auch gegen Omikron eisern durchziehen will. Wie das bei den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar gut gehen soll, wissen die Götter, wenn man bedenkt, wie das Virus schon heute durch die Sportwelt «rauscht».
Auf der anderen Seite steht Grossbritannien. Dort sollen bis zu 98 Prozent der Bevölkerung über eine gewisse Immunität verfügen. Die Insel bezahlte dafür einen hohen Preis, mit rund 150’000 Todesfällen, ein weltweit hoher Wert. Auch die Lage in den Spitälern bleibt labil, dennoch denkt die konservative Regierung laut über ein Ende aller Massnahmen nach.
Solche Forderungen gibt es auch in der Schweiz. Der Bundesrat wird ihnen am Mittwoch an der ersten Sitzung im neuen Jahr nicht nachgeben, aber auch kaum neue Verschärfungen beschliessen. Natalie Rickli propagiert angesichts der überforderten Kantone «eine bundesweite Omikron-Strategie». Die «ausserordentliche Lage» müsste folglich zum Thema werden.
Davor dürfte der Bundesrat zurückschrecken. Absehbar ist dafür eine Verkürzung der Quarantäne auf fünf Tage. Für systemrelevante Bereiche der Ver- und Entsorgung ist diese Forderung nachvollziehbar, denn die rekordhohen Fallzahlen durch Omikron bedeuten vielfach auch einen temporären Ausfall von Arbeitskräften. Aber generell ist sie ein Risiko.
Gibt es in dieser Konfusion und Überforderung auch einen Lichtblick? Ja, die Impfung (plus Booster) scheint auch gegen Omikron gut vor schweren Verläufen zu schützen. Am stärksten gefährdet bleiben die Ungeimpften. Sie liegen hauptsächlich auf den Intensivstationen.
Welche Rolle Omikron dabei spielt, ist wie so manches ziemlich unklar. Die Schweiz aber bleibt mit ihrer tiefen Impfquote exponiert, denn ein beträchtlicher Teil der Menschen wird sich mit Omikron anstecken. Faktisch nimmt die Schweizer Politik damit eine Durchseuchung der Bevölkerung in Kauf, auch wenn kaum jemand das offen zugeben mag.
Es ist eine riskante Wette. Das gilt auch für die von Rickli und anderen als «Belohnung» in Aussicht gestellte baldige Rückkehr zur Normalität. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete am Wochenende den Glauben, dass die Omikron-Variante das Ende der Pandemie sei, als «naiv». Für ihn gibt es nur einen gangbaren Weg: die Impfpflicht.
Angesichts der Omikron-Überforderung ist man geneigt, ihm zuzustimmen. In der Schweiz aber dürfte die Impfpflicht illusorisch bleiben, solange keine ähnlich ansteckende, aber gefährlichere Variante auftaucht. Lieber setzt man auf Durchwursteln und Durchseuchen.
Ich fände es hilfreich, wenn die Medien die Verantwortlichen mal fragen würden, was der Plan ist, wenn die Hoffnungen sich nicht erfüllen.
Schaut nach Holland die Zahlen explodieren trotz Lockdown, in De und A wird sich das einfach Zeitlich verzögert auch abspielen, es lässt sich nicht verhindern.
Da gefällt mir die Augen zu und durch Strategie deutlich besser aus die unsägliche Verzögerungstaktik wie letztes Jahr, welche am Schluss genau nichts bringen wird.
Triagen so weit möglich zu verhindern und sonst laufen lassen ist die einzig richtige Strategie!