Schweiz
Basel-Landschaft

Bund hebt Weisung von Kesb Basellandschaft auf

Bub soll nicht erfahren, warum Vater einsitzt – Bundesgericht hebt KESB-Weisung auf

23.01.2024, 12:0023.01.2024, 12:18
Mehr «Schweiz»

Eine der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden des Kantons Basel-Landschaft wollte per Weisung durchsetzen, dass ein Zehnjähriger den Grund für den Gefängnisaufenthalt seines Vaters erfährt. Das Bundesgericht hat nun die Beschwerde der Mutter gutgeheissen und den behördlichen Eingriff als unverhältnismässig bezeichnet.

Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft erwecke «in der Tat Bedenken, und zwar in mancherlei Hinsicht». Dies schreibt das Bundesgericht über das Urteil der Vorinstanz, die die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) in ihrem Vorgehen stützte.

Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Schreiben des sich im Strafvollzug befindlichen Vaters. Er ersuchte bei einer der Kesb-Stellen darum, Kontakt zu seinem Sohn aufnehmen zu dürfen.

Der Mann befindet sich seit 2015 hinter Gittern. Er wurde wegen schwerer Sexualdelikte verurteilt – unter anderem hatte er die Halbschwester des Buben vergewaltigt. Dessen Mutter, die die alleinige elterliche Sorge für das Kind hat, lehnte den Kontakt ab.

Zuvor sollte das Kind gemäss Kesb durch eine Fachperson im Hinblick auf ein allfälliges Besuchsrecht über den Vater aufgeklärt werden. Die entsprechende Weisung erliess die Kesb im Herbst 2022. Eine Beschwerde der Mutter wies das Kantonsgericht ab.

Anlaufstellen für Opfer von sexueller Gewalt

Sexuelle Übergriffe können in den unterschiedlichsten Kontexten stattfinden. Hilfe im Verdachtsfall oder bei erlebter sexueller Gewalt bieten etwa die kantonalen Opferhilfestellen oder die Frauenberatung Sexuelle Gewalt. Für Jugendliche oder in der Kindheit sexuell ausgebeutete Erwachsene gibt es in Zürich die Stelle Castagna. Betroffene Männer können sich an das Männerbüro Zürich wenden. Wenn du dich sexuell zu Kindern hingezogen fühlst oder jemanden kennst, der diese Neigung hat, kann dir diese Stelle weiterhelfen.

Mehr anzeigen

Falsches Gesetz

Das Bundesgericht hat die kantonalen Entscheide aufgehoben. Die Vorinstanz habe sich als Grundlage für die Aufklärung des Buben auf eine gesetzliche Bestimmung bezogen, die der Regelung persönlicher Kontakte diene. Die Weisung sprenge somit von ihrem Inhalt her den Rahmen dieser Bestimmung.

Zudem sei die Mutter als alleinige Sorgeberechtigte dafür zuständig, die Kontakte des Kindes zu regeln. Es liege in ihrem Ermessen zu entscheiden, wann und ob das Kind mehr über seinen Vater erfahre. Ausserdem seien dem Entscheid des Kantonsgericht kaum Ausführungen zu entnehmen, inwiefern das Kindeswohl gefährdet sei, wenn alles beim Status quo bleibe. Das sei die eigentliche Ausgangsfrage.

Die Vorinstanz hat sich laut Bundesgericht mit der Begründung begnügt, dass sich das Kind ohne Informationen kein eigenes Bild von seinem Vater machen könne. Dadurch werde die Vorstellung eines «behinderten Psychopathen» zementiert, was nicht im Kindeswohl stehe. Woher das Kantonsgericht wisse, welches Bild das Kind von seinem Vater habe, lasse es im Dunkeln. (Urteil 5A_375/2023 vom 21.11.2023) (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
BG1984
23.01.2024 15:33registriert August 2021
Da die Mutter das alleinige Erziehungsrecht hat, ist es ganz klar ihre Entscheidung. Da haben Behörden nichts mitzureden, da das Kindswohl nicht gefährdet ist. Trotzdem würde ich mit dem Kind ehrlich und transparent über dieses Thema sprechen.
446
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tomsen2
23.01.2024 14:13registriert März 2014
Eine der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden des Kantons Basel-Landschaft wollte per Weisung durchsetzen, dass ein Zehnjähriger den Grund für den Gefängnisaufenthalt seines Vaters erfährt. Eine was?
204
Melden
Zum Kommentar
avatar
baBIELon
23.01.2024 14:31registriert August 2016
ehm ich fänds schon noch wichtig, dass der Junge erfährt dass sein Papa unter anderem wegen der Vergewaltigung der Halbschwester im Knast ist... Wenn dem "Papa" schon der Kontakt erlaubt wird, muss das Kind auch aufgeklärt werden! Alles andere ist mehr als Fahrlässig..
3519
Melden
Zum Kommentar
29
Nach illegalen Gangbangs im Wohnblock – jetzt ist der Mieter weg
Anfang April berichtete watson über ein mutmasslich illegales Bordell in einem Solothurner Wohnblock. Nun ist der beschuldigte Mieter ausgezogen – und will sein Treiben künftig legal fortführen.

«Gangbang, 3-Loch, T**n-Stute» – unter diesem Namen fanden in einem ruhigen Wohnblock im Kanton Solothurn lange Zeit mutmasslich illegale Gangbang-Partys mit bis zu 30 zahlenden Freiern statt – ohne Bewilligung.

Zur Story