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SP-Ständerätin überholt ihre eigene Partei rechts: Bruderer setzt sich für 6-spurige A1 ein

Mit Vollgas für den Strassenverkehr: Pascale Bruderer ist anderer Meinung als ihre Partei. 
Mit Vollgas für den Strassenverkehr: Pascale Bruderer ist anderer Meinung als ihre Partei. Bild: EQ Images

SP-Ständerätin überholt ihre eigene Partei rechts: Bruderer setzt sich für 6-spurige A1 ein

Im neuen Touring-Magazin spricht sich die SP-Ständerätin Pascale Bruderer für den Ausbau der A1 im Aargau auf sechs Spuren aus. Ihre eigene Partei bekämpft dies aber vehement: Im Grossen Rat war die SP einstimmig dagegen.
28.08.2015, 06:4728.08.2015, 10:38
Fabian Hägler / Aargauer Zeitung
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Thierry Burkart möchte für die FDP in den Nationalrat – bei den Lesern des TCS-Magazins «Touring» dürften ihm viele Stimmen sicher sein. TCS-Aargau-Präsident Burkart spricht sich im Editorial der aktuellen Ausgabe dafür aus, Politiker nach Bern zu wählen, die sich für einen raschen Ausbau der A1 im Aargau auf sechs Spuren einsetzen. Zu diesen Kandidaten gehört Burkart natürlich, der freisinnige Grossrat gilt als Vater der Standesinitiative für einen raschen Sechsspur-Ausbau.

Ein paar Seiten weiter hinten folgt dann die grosse Überraschung: Auch die amtierende SP-Ständerätin Pascale Bruderer unterstützt dieses bürgerliche verkehrspolitische Anliegen.

«Würden Sie sich bei der Wahl bzw. Wiederwahl in den Ständerat für den raschen Ausbau der A1 im Aargau auf sechs Spuren einsetzen?» – so lautet eine Frage, die «Touring» allen Ständeratskandidaten im Aargau gestellt hat. Bruderer antwortet: 

«Ja, ich unterstütze diese Kapazitätserweiterung.»
Pascale Bruderer im Interview

Konkret gehe es um den Abschnitt zwischen Aarau-Ost und dem Birrfeld und damit um eine Achse, auf der täglich 120'000 Autos verkehren, begründet die SP-Vertreterin.

Bruderer: «Engpass beseitigen»

Auf eine Nachfrage der az sagt Bruderer: «Zwischen Aarau-Ost und dem Birrfeld gibt es einen Engpass, der verkehrspolitisch problematisch ist, auch das lokale Strassennetz belastet und sich negativ auf die umliegenden Siedlungsgebiete auswirkt.»

Als Aargauer Ständerätin unterstütze sie die geforderte Engpass-Beseitigung – auch deshalb, weil der Kanton Aargau in den letzten Jahren bereits diverse planerische Vorbereitungen betreffend Landkauf, Brücken- und Tunnelbauten sowie Lärmsanierung geleistet habe.

Mit ihrer Unterstützung für den A1-Ausbau steht Bruderer in der SP Aargau ziemlich alleine da. Als der Grosse Rat am 18. November 2014 über die Standesinitiative befand, stimmten die Sozialdemokraten mit 21 zu 0 dagegen.

Darauf angesprochen, sagt Pascale Bruderer: 

«Im Grossen Rat mag die Parteipolitik im Vordergrund stehen, im Ständerat aber steht die Kantonsvertretung im Vordergrund.»

SP-Sprecher Jürg Caflisch, Präsident des VCS Aargau, bekämpfte die Ausbau- Initiative damals vehement. Die vergangenen 50 Jahre in der Verkehrspolitik hätten gezeigt: «Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten.»

Ein vorgezogener Ausbau der A1 im Aargau würde die Staus nur verlagern und die bereits wieder absehbare Überlastung des Bareggtunnels sowie die Probleme am Gubrist weiter verschärfen, argumentierte Caflisch.

Caflisch: «Nicht glücklich»

Heute gehört er zum Unterstützungskomitee von Pascale Bruderer für die Ständeratswahlen – gleich wie SP-Co-Präsidentin Elisabeth Burgener, die ebenfalls gegen die Standesinitiative für einen schnellen A1-Ausbau stimmte.

Caflisch sagt: «Ich bin überrascht und nicht glücklich über diese Haltung von Pascale Bruderer, zumal wir von der SP Aargau klar gegen einen solchen Ausbau sind.» Möglicherweise habe sie sich von der Standesinitiative leiten lassen, vermutet Caflisch.

«Zum Glück ist diese in Bern in der Verkehrskommission deutlich abgelehnt worden, damit dürfte sie vorläufig vom Tisch sein.» Caflisch will Bruderer auf ihren Support für den A1-Ausbau ansprechen.

«Sie darf natürlich ihre eigene Meinung vertreten, und es ist sicher kein Grund, ihr meine Unterstützung zu entziehen, aber ich hätte mir eine andere Position gewünscht.»

SP-Co-Präsidentin Elisabeth Burgener hält fest: «Natürlich liegt Pascale Bruderer mit dieser Aussage nicht auf der Linie der SP Aargau, wir als Partei sind gegen den Ausbau der A1.»

Bruderer habe als Ständerätin aber eine andere Rolle. «Sie vertritt den ganzen Kanton, deshalb ist ihre Position für mich nachvollziehbar.» Dass sie in diesem Punkt eine andere Meinung habe, schmälere ihre Unterstützung für Bruderer nicht. Burgener: «Grundsätzlich vertritt sie unsere Verkehrspolitik, setzt sich für die Förderung des öffentlichen Verkehrs, von Velo- und Fussgängerverkehr ein.»

Gegen die Parteiziele der SP

Dennoch zeigt ein Blick ins Legislaturprogramm der SP Aargau für die Jahre 2013 bis 2017 den Widerspruch klar auf. Dort ist zur Verkehrspolitik festgehalten: «Zu verhindern ist ein weiterer Ausbau des Strassennetzes und damit eine weitere Zersiedelung der Landschaft und noch mehr Zerstörung von Lebensraum zu Gunsten von Verkehrsraum.»

Und schon 2008, als es darum ging, einen möglichen Sechsspur-Ausbau zwischen Wiggertal und dem Birrfeld im kantonalen Richtplan festzusetzen, lehnte die SP dies ab. «Damit sollen die vergangenen Fehler der Verkehrs-Infrastrukturpolitik des Kantons fortgesetzt werden», hielt die Partei in der Vernehmlassung fest.

Dies lässt Pascale Bruderer offenbar kalt – oder versucht sie vor den Ständeratswahlen, mit einer Unterstützung des A1-Ausbaus bei bürgerlichen Wählernzu punkten?

Die SP-Frau widerspricht: «Nicht erst seit ein paar Wochen oder Monaten, sondern von Beginn weg habe ich als Ständerätin immer klar gemacht: Ich verstehe mich als Standesvertreterin, welche die Interessen des Kantons und der Bevölkerung bestmöglich vertreten will.» Ihre Haltung zum A1-Ausbau sei zum Beispiel auf der Wahlhilfe «Smartvote» transparent gemacht.

Dort schreibt Bruder zur Frage, ob die A1 zwischen Bern und Zürich überall auf durchgehend drei Spuren pro Fahrtrichtung ausgebaut werden soll: «Einen generellen Ausbau halte ich für unrealistisch. Hingegen macht die gezielte Beseitigung von Engpässen Sinn. So unterstütze ich die Kapazitätserweiterung zwischen Aarau-Ost und dem Birrfeld.»

Grüne: «Es gibt keine Alternative»

Empfohlen wird Bruderer auch von den Grünen. Kantonalpräsident Jonas Fricker wusste nichts von ihrer Haltung zum A1-Ausbau. «Damit liegt sie nicht auf unserer Linie, ich werde sie auf diesen Widerspruch ansprechen.»

Dennoch empfehlen die Grünen Bruderer uneingeschränkt als Ständerätin. «Entscheidend sind nicht einzelne Sachfragen, sondern ihre politische Grundhaltung», hält Fricker fest.

Natürlich sei Bruderer nicht die konsequente Umweltpolitikerin, «die wir Grünen uns wünschen würden», räumt er ein. Aber es gebe keine Alternative, «wenn wir neben unserer Kandidatin Irène Kälin eine zweite Empfehlung abgeben».

Für Kälin selber kommt ein Ausbau der A1 nicht infrage. «Eine weitere Kapazitätserhöhung würde die Probleme nur zum nächsten Engpass verlagern», hält sie im «Touring»-Magazin fest. Für Kälin ist klar: «Das ist keine Lösung, wenn wir kommenden Generationen mehr als einen zubetonierten Aargau hinterlassen wollen.»

Jetzt auf

Und was sagt TCS-Aargau-Präsident Thierry Burkart zur Haltung von Pascale Bruderer? «Ich war überrascht darüber, und es freut mich natürlich, dass sich unsere Ständerätin in Bern für den Ausbau der A1 im Aargau einsetzt.»

Für Burkart wäre es wünschenswert, dass ihre Genossinnen und Genossen sich dieser Haltung anschliessen würden. Für den Aargau sei der Autobahnausbau sehr wichtig: «Mehr als 60 Prozent des Verkehrs auf der A1 sind innerkantonal, wenn die Autobahn verstopft ist, weicht dieser auf die Hauptstrassen aus, dies belastet Dörfer und Städte.» (aargauerzeitung.ch)

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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atomschlaf
28.08.2015 07:55registriert Juli 2015
Bravo! Eine SP-Frau, die auch die Realität und nicht nur die Ideologie sieht.
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Matrixx
28.08.2015 08:06registriert März 2015
Diesen Schritt von Pascale find ich sehr mutig - und gut!
Man wirft uns Linken ja immer vor, wir wollen keine Autos. Ein blödes Vorurteil.
Ich unterstütze sie dabei!
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Kronrod
28.08.2015 07:53registriert März 2015
Sie hat recht. Die linke Verkehrsverhinderungspolitik ist ideologisch motiviert. Pragmatisch gesehen braucht es eben auch ab und zu etwas mehr Strasse bei wachsender Bevölkerung. Zudem kann ich mir gut vorstellen, dass in ein paar Jahren der Individualverkehr dank Elektroautos weniger Energie verbraucht pro Personenkilometer als die schweren Züge der SBB.
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