Der Berner städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause fordert ein härteres Vorgehen gegen Krawallmacher. Nach den Ausschreitungen im Anschluss an eine illegale Party in der Nacht auf Sonntag appellierte der CVP-Gemeinderat an den Bund, härtere Massnahmen gegen die Randalierer anzuwenden. Gegenüber der Nachrichtenagentur SDA sagte Nause, es handle sich bei den Chaoten um organisierte, gewaltextremistische Kriminelle. Das Problem beschränke sich nicht auf die Hauptstadt, sondern sei auch in anderen Städten zu beobachten. Deshalb sei es angezeigt, dass der Bund sich des Problems annehme.
Konkret sollen Telefone und der E-Mail-Verkehr von gewaltbereiten Autonomen überwacht werden, auch DNA-Tests gehören zu den nachrichtendienstlichen Möglichkeiten, die Nause ausschöpfen will: Es seien alle Fahndungsmethoden zuzulassen, die es gibt und braucht, um die Täter überführen zu können, so Nause im Bund.
Die Forderungen des Sicherheitsdirektors gehen über die geltenden rechtlichen Bestimmungen hinaus. Auch das BÜPF, das die Überwachung in Zukunft regeln soll und über das voraussichtlich abgestimmt werden wird, geht für Nause nicht weit genug: «Das BÜPF brauchen wir auf jeden Fall, aber es reicht nicht aus.»
Martin Steiger, Rechtsanwalt und Mediensprecher der Digitalen Gesellschaft, die das Referendum gegen das BÜPF mitträgt, kritisiert das Vorpreschen des städtischen Polizeidirektors. «Nur weil etwas technisch möglich ist, heisst das noch nicht, dass es auch erforderlich und geeignet ist, geschweige denn, dass es den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit entspricht.» Die Möglichkeiten der Polizei bei der Strafverfolgung seien heute schon ausreichend. «Nauses Wunschprogramm soll den Bürgern absolute Sicherheit vorgaukeln, aber das ist ein Ding der Unmöglichkeit». Was Nause und andere Strafverfolgungsbehörden forderten, sei reine «Sicherheitsesoterik», so der Spezialist für IT-Recht.
Den Saubannerzug vom vergangenen Wochenende verurteile man selbstverständlich in jeder Hinsicht, und die Teilnehmer sollten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, so Steiger. «Aber das muss innerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens geschehen.»
Steiger vermutet, dass die unverhältnismässigen Forderungen des Sicherheitsdirektors eine gewisse Hilflosigkeit innerhalb der Polizei widerspiegelt, weil das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt wird. Gleichzeitig sei der Ruf nach zusätzlichen Kompetenzen, ob berechtigt oder nicht, nicht ungewöhnlich für die Strafverfolgungsbehörden: «Die Polizei wird immer auf mehr Möglichkeiten pochen, das liegt in der Natur der Sache.»
Die Ausschreitungen geschahen im Anschluss an eine illegale Party auf dem sogenannten Warmbächli-Areal. Nach Mitternacht setzte sich ein Umzug mit mehreren 100 Teilnehmern in Richtung Innenstadt in Bewegung. Dabei kam es zu Sprayereien und weiteren Sachbeschädigungen. Laut einer Mitteilung der Polizei wurden Einsatzkräfte von Blaulichtorganisationen, welche sich dem Umzug näherten, «unvermittelt und mit hoher Gewaltbereitschaft» angegriffen.
Laut Nause soll es bei dem Demonstrationszug zu Sachschäden in sechsstelliger Höhe gekommen sein. Anfang März wurden elf Polizisten verletzt, als eine Patrouille während eines Einsatzes von Vermummten aus dem Umfeld der Reitschule attackiert worden war. Die Polizei sprach damals von einem gezielten «Hinterhalt».
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA