Seit 2012 geht die Kriminalität in der Schweiz de facto zurück. Aber über die Hälfte der Bevölkerung befürchtet das Gegenteil. Jedem Dritten wird's nachts mulmig in öffentlichen Verkehrsmitteln und jeder Sechste trägt Pfefferspray oder andere Abwehrwaffen mit sich.
An den unmittelbaren Erfahrungen kann es nicht liegen, denn nur ein verschwindender Prozentsatz der Befragten ist in den zwölf Monaten vor der Umfrage mit Verbrechen in Berührung gekommen: 6 Prozent wurden bestohlen, 2.1 Prozent körperlich verletzt, 0.4 Prozent beraubt, 0.2 Prozent vergewaltigt. Über ein Zehntel war von Sachbeschädigung betroffen, 11.5 Prozent von Cyberkriminalität, dem Spitzenreiter bei den Auskunftspersonen.
Das geht aus einer Befragung über Kriminalitätsopfererfahrungen und Kriminalitätswahrnehmung hervor, welche die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchführte.
Warum verkennen über 50 Prozent der Bevölkerung die Tatsache, dass die Schweiz sicherer geworden ist? Die wichtigsten Einflussfaktoren sind gemäss den Studienautoren Medienkonsum und politische Einstellung.
Häufiger Konsum privater Fernsehsender verstärkt die Furcht, der Konsum von überregionalen Tageszeitungen reduziert sie, haben die Forscher herausgefunden.
Geschürt werden Ängste vor Verbrechen auch von rechten Parteien: «Je weiter rechts sich Befragte verorten, umso eher sind sie der Meinung, dass Kriminalität ein Problem ist und umso eher werden höhere Strafen gefordert», lässt sich Baier im Communiqué zitieren.
Die Abwehrhaltung geht dabei häufig über das übliche Mass an Misstrauen hinaus: Unter den Bevölkerungsgruppen, denen am ehesten Böses unterstellt wird, stehen Ausländer an erster Stelle. 51.9 Prozent der Befragten finden, in der Schweiz lebten zu viele Menschen aus anderen Herkunftsländern.
27.9 Prozent der Auskunftspersonen sind sogar der Meinung, Musliminnen und Muslimen sollte die Zuwanderung in die Schweiz untersagt werden. Und 12 Prozent bekennen sich offen zur Homophobie.
Eigenwillig ist zum Teil auch die Differenzierung der Befragten zwischen illegalen und legalen Handlungen: Acht von zehn Schweizern finden, erzwungener Geschlechtsverkehr in der Ehe, schnelles Autofahren, Betrug bei der Steuererklärung, Ladendiebstahl, Fahren unter Alkoholeinfluss und Schwarzfahren seien zu Recht verboten. Schwangerschaftsabbruch und Alkoholmissbrauch halten sie dagegen für tolerierbar.
Ein erstaunlich hoher Prozentsatz der Befragten sprach sich für die Legalisierung von Rauschmitteln aus: 54.1 Prozent fanden, Kiffen sei legal, 23.8 Prozent waren der Meinung, auch Kokainkonsum sollte erlaubt sein. (sda)
R10
Eigentlich eine positive Entwicklung, jedoch führt dies genau zu solchen Ansichten, wenn man diese Nachrichtenflut nicht richtig zu interpretieren weiss.
Natürlich wird das leider auch von der einen oder anderen Partei für Eigeninteressen missbraucht...
Lowend
Dass gilt nicht nur bei der Kriminalität und im Grunde ist solches Verhalten sogar in sich selber kriminell, denn wir haben den Art. 258 StGB «Schreckung der Bevölkerung» der besagt:
Wer die Bevölkerung durch Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum in Schrecken versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Komisch, dass dieser Art. 258 offenbar nicht für politische Parteien gilt. 🤔
marcog
- Ich wurde nicht geimpft und bin immer gesund. -> Sich impfen lassen ist schlecht.
- Heute ist es kalt. -> Wo ist der Klimawandel?
- Kosovare sticht Schweizer nieder. -> Alle Kosovaren sind gefährlich.
Zudem kann der Mensch viele Risiken nicht richtig einschätzen. Die Meisten Gewalttaten passieren innerhalb der Bekanntschaft und nicht nachts in der Langstrasse. Und man redet sich ein man habe die Kontrolle beim betrunken Autofahren.