Schweiz
Coronavirus

Ist die versteckte Coronawelle in der Schweiz nun vorbei?

Ist die versteckte Coronawelle in der Schweiz nun vorbei? Das sagt ein Infektiologe

Weit in den Frühling haben wir noch gehustet und an Halsschmerzen gelitten. Doch nun hat es in unserem Abwasser nicht mehr so viele Corona-Viren. Laut WHO ist die Pandemie sozusagen beendet. Was aber erwartet uns im Sommer? Nachfrage beim Infektiologen des Unispitals Zürich.
08.05.2023, 19:0708.05.2023, 19:07
Bruno Knellwolf / ch media

Lange hat uns eine versteckte Coronawelle geplagt, die eigentlich mit Beginn des Frühlings hätte vorbei sein sollen. So wie jeweils bei der Grippewelle, die ausgesprochen saisonal ist. Doch Sars-CoV-2 mit der heute dominierenden Omikron-Variante XBB hat uns diesen Gefallen nicht getan. Tausende haben in den letzten Wochen gehustet, einige hatten Fieber. Allerdings meist ohne dass die Betroffenen wussten, ob wirklich eine Coronainfektion der Auslöser war. Die Coronawelle konnte nicht mit Tests, sondern nur dank der Viruslast im Abwasser der Schweizer Bevölkerung nachgewiesen werden.

Das Corona-Testcenter vor dem Stadtspital Triemli, aufgenommen am Donnerstag, 15. Oktober 2020 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Die Zeit der Corona-Testcenter ist vorbei.Bild: keystone

Deutlicher Rückgang der Viruslast im Abwasser

Nun zeigen beinahe alle Kläranlagen in der Schweiz einen deutlichen Rückgang der Sars-CoV-2-Last im Abwasser. Somit kann man davon ausgehen, dass die «versteckte» Coronawelle nun tatsächlich vorbei ist. Das bestätigt auch Professor Huldrych Günthard, Leitender Arzt an der Klinik für Infektionskrankheiten am Universitätsspital Zürich. Er sagt: «Die Immunität eines Teils der Bevölkerung wurde auch durch diese Welle noch einmal geboostert.» Zudem kommt jetzt das bessere Wetter und wir sitzen viel weniger zusammengedrängt in geschlossenen Räumen. Aus diesen Gründen werde es wahrscheinlich eine Weile dauern, bis die Ansteckungen wieder zunehmen würden, sagt Günthard. Im Sommer dürfte es daher kaum zu vielen Infektionen kommen.

Huldrych Günthard
Huldrych Günthard, Infektiologe am Universitätsspital Zürich.Bild: zvg

Ob wir im Herbst eine grosse Welle befürchten müssen, kann man gemäss dem Zürcher Infektiologen nicht sagen. «Klinisch haben wir im Prinzip ja jetzt schon Ruhe gehabt, weil diese Welle uns kaum mehr im grösseren Stil krank machte.» In den Spitälern hatten sich die vielen Omikron-Infektionen kaum niedergeschlagen. In den April-Wochen lagen im Zürcher Universitätsspital jeweils zwischen 10 und 25 Patienten mit einer nachgewiesenen Corona-Infektion, das war auch im Universitätsspital Basel so. Günthard erwartet in den nächsten Monaten nichts anderes. «Ausser es käme wieder eine neue Variante.»

WHO hebt höchste Alarmstufe auf

epa10561541 Director General of the World Health Organization (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus speaks to journalists during a press conference about the Global WHO on World Health Day and the organiza ...
Der Direktor der Weltgesundheits-Organisation Tedros Adhanom Ghebreyesus.Bild: keystone

Entspannung sieht auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie hat beschlossen, dass die Coronapandemie nicht mehr als internationaler Gesundheitsnotstand gilt, und damit sozusagen das Ende der Pandemie erklärt. «Die Pandemie folgt seit einem Jahr einem nachlassenden Trend», sagte der Chef der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, am Freitag in Genf und verwies auf die weltweit gestiegene Immunität durch Impfungen und Infektionen. Deshalb lasse sich die höchste Alarmstufe aufheben. Das Virus sei aber nicht besiegt, sagt Tedros, sondern zirkuliere immer noch weltweit. Das Virus bleibe gefährlich und könne jederzeit noch gefährlichere neue Varianten entwickeln.

Ein WHO-Expertenausschuss hat aber erklärt, man verfüge inzwischen über gute Werkzeuge gegen Sars-CoV-2 wie die Impfungen und Medikamente sowie bewährten Hygienemassnahmen wie Abstand und Masken. Das internationale UNO-Impfprogramm Covax hat gemäss einer Analyse bis Ende 2022 in Ländern mit niedrigen Einkommen 2.7 Millionen Menschenleben durch Coronaimpfungen gerettet, und die Krankheitslast konnte deutlich gesenkt werden. Allerdings schreibt die WHO auch, dass trotzdem allein vom 3. bis 30. April dieses Jahres beinahe 2.8 Millionen neue Infektionen und über 17'000 Todesfälle gemeldet wurden. Allerdings sind die genauen Coronazahlen inzwischen schwierig zu fassen, da in vielen Ländern wie auch der Schweiz kaum noch getestet wird.

Die Aufhebung der Corona-Alarmstufe durch die WHO hat übrigens keine direkten konkreten Folgen, weil jedes Land selbst über seine Schutzmassnahmen entscheidet. Seit 2005 hat die WHO sieben Mal einen internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Corona war der zweitlängste, länger ist nur jener gegen Polio, der seit 2014 gilt. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
dieBied
08.05.2023 20:35registriert Mai 2017
Und mal wieder leider kein einziges Wort über Post Covid. Ich weiss, wir möchten alle, dass es vorbei ist, aber trotzdem ist die Gefahr noch immer da und wir Betroffenen werden immer mehr! Ich habe gerade mehr als vier Monate auf einen Reha-Platz gewartet, weil spezialisierte Reha-Kliniken aktuell komplett überrant werden. Ich weiss nicht, wie lange wir das noch ignorieren können.
7255
Melden
Zum Kommentar
8
Uber-Fahrer bestreitet vor Zürcher Gericht sexuelle Übergriffe
Ein Uber-Fahrer soll in Zürich mehrere Frauen sexuell missbraucht haben. Vor Gericht stritt er die Vorwürfe grösstenteils ab. Ihm droht eine langjährige Freiheitsstrafe.
Die Anklage warf dem 44-Jährigen drei Vorfälle vor, die sich zwischen April und Juli 2024 ereignet haben sollen. Im ersten Fall soll er eine damals 24-jährige Frau an einem Samstagmorgen um 6 Uhr missbraucht haben. Sie wartete stark betrunken auf ein bestelltes Uber-Fahrzeug, das sie nach Hause bringen sollte.
Zur Story