Schätzungsweise 300 Menschen haben am Samstag auf dem Berner Bundesplatz für die Gleichstellung von Behinderten demonstriert. 20 Jahre nach einer Grossdemonstration von Behinderten ebenfalls in Bern sei die Zeit dafür gekommen, hiess es an der Kundgebung.
Zwar habe die Schweiz im Jahr 2004 die Behinderten den Nichtbehinderten gleichgestellt, schrieb die Organisation Agile.ch im Vorfeld der Kundgebung in einer Mitteilung. Und 2014 habe die Schweiz die Uno-Behindertenrechtskonvention ratifiziert.
In Tat und Wahrheit gebe es aber immer noch viele Hindernisse für Behinderte. Noch sei eine volle, selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe etwa in den Bereichen Bildung, Arbeit, Mobilität, Wohnen und Gesundheitsversorgung nicht gegeben.
Dass das Ziel einer vollumfänglichen Gleichstellung von Behinderten nach wie vor in weiter Ferne liegt, zeigt für Agile.ch eine Umfrage, welche diese Organisation vor der Kundgebung bei allen 2254 Gemeinden der Schweiz durchgeführt hatte. So wollte die Organisation herausfinden, wie die Gemeinden die Gleichstellung umsetzen.
Nur sechs Prozent nahmen an der Umfrage teil und nur 36 Gemeinden setzen in den Augen des Dachverbands der Organisationen von Menschen mit Behinderungen die Gleichstellung von Behinderten gut um. Dazu gehören Städte wie Bern und St. Gallen, aber auch kleinere Gemeinden wie Muotathal SZ und Château-d'Oex VD.
Zu den Rednerinnen und Redner der Kundgebung gehörten die Zentralsekretärin von Agile.ch, Suzanne Auer, und der behinderte Thurgauer CVP-Nationalrat Christian Lohr. Auer bezeichnete die bescheidene Teilnahme der Gemeinden an der Umfrage als «ernüchternd». Lohr rief die Behinderten dazu auf, immer wieder auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen und aktiv zu sein.
«Wir dürfen keine weitere 20 Jahre mehr auf Gleichstellung warten müssen», sagte Lohr im strömenden Regen auf dem Bundesplatz. Vor 20 Jahren, am 14. März 1998, hatten an gleicher Stelle rund 8000 Menschen für einen Gleichstellungsartikel zugunsten Behinderter in der Bundesverfassung demonstriert. (sda)