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Behörden schauen weg: Warum ein Christchurch-Attentat auch in der Schweiz möglich wäre

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Bild: AP

Behörden schauen weg: Warum ein Christchurch-Attentat auch in der Schweiz möglich wäre

24.03.2019, 02:4024.03.2019, 14:50
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Bei einem rassistisch motivierten Massaker wurden in Christchurch 50 Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Da stellt sich die Frage: Wie konnte der Attentäter von Christchurch unter dem Radar der Sicherheitsbehörden durchschlüpfen, obwohl er im Netz über Jahre hinweg seine rechtsextreme Gesinnung zur Schau stellte?

In this photo released by New Zealand Prime Minister's Office, Prime Minister Jacinda Ardern, center, meets representatives of the Muslim community, Saturday, March 16, 2019 at the Canterbury Ref ...
Jacinda Ardern.Bild: AP/New Zealand Prime Ministers Office

Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern sagte: «Wir haben uns zu einseitig auf islamistischen Terror konzentriert.»

Und in der Schweiz? Sind die Behörden gegen Terror von rechts gewappnet? Recherchen des SonntagsBlick lassen da Zweifel aufkommen. Die Zeitung veröffentlichte Bilder von Fremdenhassern, die auf Facebook ungehindert hetzen, einige feiern gar die Attacke von Christchurch.

Attentäter verherrlicht

So etwa T. S., Basel-Chef der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Auf Facebook schrieb er über den Attentäter: «Wenn mehr so wären wie er, hätten wir schon gewonnen und unser Volk gerettet.» Mittlerweile hat er den Post gelöscht.

Die Schweizer Rechtsextremen sind laut dem SonntagsBlick bewaffnet, gewaltbereit und stehen im Gegensatz zu Islamisten nicht im Fokus der Behörden. Mehr noch: Dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) ist es gesetzlich verboten, rechte Extremisten genügend zu überwachen. Denn der Bund trennt strikt zwischen terroristischen und gewaltextremistischen Aktivitäten. Eine Unterscheidung, die andere Länder nicht machen.

Viele Tote, ein Manifest und grosse Trauer

Video: srf

Nur Dschihadisten im Visier

In der Praxis heisst das: Bei einem bewaffneten Islamisten, der auf Facebook für die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») schwärmt, darf der NDB das Telefon anzapfen, die Post öffnen oder den Computer ausspähen. Die Handlungen des Islamisten werden als terroristisch eingestuft.

Gegen einen Neonazi mit Hakenkreuz-Tattoo, der mit Maschinengewehr posiert und für den Utøya-Attentäter Anders Breivik schwärmt, darf der NDB hingegen keine harten Überwachungsmassnahmen erlassen. Er wird als Gewaltextremist eingestuft.

Laut dem Nachrichtendienst wurden im November 2018 rund 80 Risikopersonen überwacht sowie Einträge von 606 potenziellen Dschihadisten auf sozialen Medien überprüft. Jedoch konnte der NDB keine Angaben machen, wie viele Rechtsradikale unter Beobachtung stehen.

Das Fazit der Recherche des SonntagsBlick lautet: «Es ist zu befürchten, dass auch in der Schweiz irgendwann ein rechtsextremer Internethetzer seine Tastatur gegen ein Sturmgewehr eintauscht.» (vom)

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Attacke auf zwei Moscheen in Neuseeland
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Attacke auf zwei Moscheen in Neuseeland
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quelle: epa/snpa / martin hunter
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81 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Heinzbond
24.03.2019 07:38registriert Dezember 2018
So einen breivik, torrent und andere gibt es in in jeder Gesellschaft. Ich sehe nicht wieso sie weniger gefahrlich eingestuft werden sollten als islamische, christlich, links oder anders motivierte Terroristen. Keine Demokratie ist vor der Krankheit des Hasses sicher.

Wenn du für deine Idee töten musst ist sie nichts wert...
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smartash
24.03.2019 12:14registriert Dezember 2016
Wenn der Sektionsvorsitzende einer nationalen Partei einen öffentlichen Facebook-Post macht, darf man beim zitieren diesen Posts durchaus dessen vollen Namen nennen.
Oder gibt es einen guten Grund ihn so halbherzig zu anonymisieren?
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manhunt
24.03.2019 12:49registriert April 2014
nicht nur die behörden schauen weg. genauso auch die bevölkerung. nicht wenige, welche auch in dieser kommentarspalte rechte gewalt negieren, relativieren oder schönreden. rechtes gedankengut ist längst wieder salonfähig. bloss will es niemand wahrhaben. das klima der angst und des misstrauens machen es möglich.
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