Herr Stüdeli, nachdem er Schweinetransporte mit den Deportation von Juden in die Konzentrationslager verglichen hatte, ist Nationalrat Jonas Fricker zurückgetreten. War das unausweichlich?
Walter Stüdeli: Frickers Aussage war völlig inakzeptabel. Aus Sicht der Krisenkommunikation ist es fraglich, ob da noch ein Ausweg am Rücktritt vorbei führt. So etwas bleibt vermutlich für immer haften.
Wie bewerten sie Frickers Kommunikation im Nachgang zu seinen Äusserungen?
Bezüglich Krisenkommunikation hat Fricker alles richtig gemacht. Er hat sich sofort bei den Betroffenen entschuldigt. Es gab kein Lavieren, kein Zuwarten. Fricker ist von sich aus auf den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) zugegangen, der seine Entschuldigung angenommen hat. Die Message ist in der Öffentlichkeit angekommen: Fricker tun seine Worte aufrichtig leid.
In seiner Entschuldigung vor dem Rat, ebenso wie in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» sprach Fricker davon, dass er schlicht naiv gewesen sei. Eine glaubwürdige Erklärung?
Für eine Person, die in der Öffentlichkeit steht und immerhin seit zwei Jahren im Nationalrat sitzt und davor in der kantonalen Politik aktiv, ist diese Aussage erstaunlich. Zwar ist es möglich, dass Fricker schlicht naiv war und nicht begriffen hat, welche Wirkung sein Vergleich entfalten würde. Doch für einen Politiker in seiner Position ist das keine ausreichende Erklärung – er hätte die Brisanz seiner Aussage voraussehen müssen.
Seine Fraktion distanzierte sich umgehend von Frickers Aussagen und der Präsident der Grünen Aargau liess Fricker wissen, dass ein Rücktritt die beste Lösung sei. Hat Fricker in der Kommunikation mit der eigenen Partei etwas falsch gemacht?
Das ist von aussen unmöglich zu beurteilen. Aus Kommunikationssicht haben die Grünen korrekt gehandelt. Die sofortige Distanzierung von Frickers inakzeptablen Aussage war richtig.
Teilweise wird der Partei jetzt der Vorwurf gemacht, ihren Nationalrat fallen gelassen zu haben.
Für eine Organisation stellt sich bei einer solch inakzeptablen Äusserung ja immer die Frage: Können wir ihm weiterhin den Rücken stärken? Wie Fricker selber ist wohl auch die Partei zum Schluss gekommen, dass nur mit einem Rücktritt ein Schlussstrich gezogen werden kann.
Ermöglicht dieser Schlussstrich Fricker in einigen Jahren ein politisches Comeback?
Ein Comeback erscheint mir unwahrscheinlich. Dieser inakzeptable Vergleich bleibt an ihm haften. Ich habe Zweifel, dass die Partei ihn erneut aufstellen und die Bevölkerung ihn wieder wählen wird. Es wäre wohl besser, wenn Fricker das Kapitel Politik beendet. Der Anstand erfordert, dass man Fricker nun in Ruhe lässt. Er hat sich entschuldigt, diese wurde angenommen und er ist zurückgetreten. Mehr kann er nicht tun. Er soll sich nun in aller Ruhe um eine neue Aufgabe kümmern können.