Vor dem Bezirksgericht Muri-Bremgarten schilderten die geständigen Eltern im September 2024 das damalige Geschehen. Am Abend des 6. Mai 2020 gaben sie Ecstasy in den Schoppen ihrer dreijährigen Tochter, um sie zu betäuben. Anschliessend erstickten sie das Mädchen durch Verlegen der Atemwege.
Für die Staatsanwältin war klar: Das Kind, das rund um die Uhr betreut werden musste, war dem Paar lästig geworden, sie wollten es loswerden – skrupellos und grausam. Die Anklägerin beschuldigte die beiden Deutschen des Mordes und forderte für beide je 18 Jahre Freiheitsentzug und 15 Jahre Landesverweis.
Ganz anders sah es die Verteidigung: Angesichts des Leidens ihres Kindes seien die Eltern verzweifelt gewesen. Sie hätten aus Liebe und Ohnmacht beschlossen, ihre kleine Tochter zu erlösen. Wegen Totschlags seien sie zu teilbedingten Freiheitsstrafen von drei Jahren zu verurteilen. Auf einen Landesverweis sei zu verzichten.
Das Bezirksgericht folgte weder der Anklage noch der Verteidigung. Es verurteilte den heute knapp 35-jährigen Vater und die 33-jährige Mutter wegen vorsätzlicher Tötung zu je acht Jahren Freiheitsentzug und ordnete Landesverweise von je zehn Jahren an. Sowohl die Anklägerin als auch die Beschuldigten fochten die Urteile an.
Nicht Liebe zur Tochter und Erlösung von deren Erlösung von ihrem Leiden - einer schweren zerebralen Behinderung - seien das Motiv der Eltern gewesen. Die Tochter, die rund um die Uhr intensive Betreuung benötigte, sei ihnen lästig gewesen. Sie hätten heimtückisch, grausam und krass egoistisch gehandelt. Die Tat sei also ein klarer Mord.
Auch die Grossmutter sei zu verurteilen. Sie war von der ersten Instanz freigesprochen worden. Sie habe ihre Tochter und deren Partner nicht von der Tat abzubringen versucht, sagte der Ankläger. Sie sei der Gehilfenschaft zu Mord schuldig zu sprechen und mit fünf Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen. Alle drei aus Deutschland stammenden Personen seien zudem für 15 Jahre des Landes zu verweisen.
Die Beschuldigten verhehlten nicht, dass sie sich bewusst seien, etwas Verbotenes getan zu haben. Sie hätten angesichts des zunehmend schwerer werdenden Leidens, der Schmerzen ihres Kind und der fehlenden Aussicht auf wirkliche Verbesserung dazu entschlossen, es zu erlösen. Sie hätten von Anfang an gewusst, dass nachher ihr Leben ein Scherbenhaufen sein werde, sagte der Vater.
Sein Verteidiger plädierte auf Totschlag. Die Tat sei unter einer lange gewachsenen grossen seelischen Belastung erfolgt. Angemessen sei eine Bestrafung mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Am Nachmittag kommen die Verteidiger der Mutter und der Grossmutter des getöteten Kindes zu Wort. Wann das Urteil eröffnet wird, ist unklar. (nib/sda)
Die Situation ist so traurig und dramatisch.
Nicht alle Menschen haben die Ressourcen, um in jeder Situation, die ihnen das Leben bietet, das Positive zu sehen.
Ich hoffe jedoch, dass diese tragische Geschichte alle Eltern, die an ihre Grenzen gelangen, ermutigt, sich Hilfe zu holen !
Da kann es viele Ereignisse gegeben haben, bis sich die Eltern zu diesem Schritt entschieden haben.
Auf jeden Fall stellt ein behindertes Kind das Leben der Familie total auf den Kopf.