Die Vorräte in den Methadon-Lagern der Suchtzentren und Apotheken neigen sich dem Ende zu. «Wir haben derzeit nur noch Tabletten für rund eine Woche an Lager», sagt Thilo Beck vom Zentrum für Suchtmedizin Arud auf Anfrage.
Um die Versorgung dennoch gewährleisten zu können, sucht die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) seit Wochen nach Alternativen. Dieses Vorhaben gestaltet sich aus mehreren Gründen als schwierig. Zwar ist der Rohstoff Methadon in ausreichender Menge vorhanden, doch es fehlt an Firmen, die diesen zu Tabletten verarbeiten.
So gibt es nebst der vorübergehend stillgelegten Amino AG nur einen weiteren Methadontabletten-Hersteller in der Schweiz, die Streuli AG. Diese ist allerdings auf die Produktion von weitaus weniger starken Methadon-Medikamenten spezialisiert, für höher dosierte Tabletten fehlt die Zulassung. Nun zeichnet sich allerdings eine Übergangslösung ab.
Laut der SSAM kann eine Versorgungslücke mit sogenannten Magistralrezepturen verhindert werden. Normalerweise funktioniert das so: Der Rohstoff Methadon wird von zertifizierten Apotheken in der richtigen Dosierung für jeden einzelnen Patienten in Kapseln abgefüllt. Das sei allerdings «aufwendige Handarbeit und nicht gemacht für grosse Mengen», erklärt Beck.
Deshalb springt nun das Pharmaunternehmen Streuli AG in die Bresche und unterstützt die Apotheken quasi als Lohnunternehmen. «Um den Engpass zu vermindern, ist Streuli nun im Auftrag der Apotheken dabei, auf stärkere Formulierungen umzustellen und die Produktion dieser Spezialanfertigungen in grösseren Mengen vorzubereiten, damit der Bedarf sicher gedeckt werden kann», so Beck. Erste Auslieferungen an die Apotheken sollen Ende Februar erfolgen.
Diese Überbrückungsaktion sei für alle Beteiligten äusserst anspruchsvoll und mit «ungeheurem Aufwand» verbunden, so Beck. «Es ist eine notwendige, aber teure Lösung.»
Wie lange diese als Überbrückungsmassnahme fungieren muss, ist unklar. Noch ist ungewiss, wann die Betriebsbewilligung der Amino AG wieder aktiviert wird. Deswegen versucht die SSAM auf einem zweiten Weg an Methadon zu gelangen. Man stehe mit einem deutschen Hersteller in Kontakt, so Beck. «Dieser hat sich bereit erklärt, Tabletten in die Schweiz zu liefern.» Doch bis die erste Lieferung eintrifft, dürfte es noch Monate dauern.
Um das Medikament via Krankenkasse abrechnen zu können, braucht es eine offizielle Zulassung durch die Heilmittelbehörde Swissmedic. «Wir sind uns bewusst, dass der Import den aktuellen Engpass nicht beheben kann, doch wir tun für die Zukunft gut daran, unsere Abhängigkeit von einem einzigen grossen Hersteller zu reduzieren», begründet Suchtmediziner Thilo Beck.
Auch der Apothekerverband Pharmasuisse bestätigt auf Anfrage, dass der Import von Methadon-Produkten aktuell noch mit grossem Aufwand verbunden sei: «Jeder Bezüger, also Apotheker oder Arzt, muss diesen Import selbst in Auftrag geben und bewilligen lassen, dies kostet pro Bewilligung 200 Franken und die Gesuche können nur einzeln gestellt werden.»
Der Tablettenengpass geht auf einen Rechtsstreit zurück: Im Dezember wurde dem grössten Methadon-Hersteller der Schweiz aufgrund von Sicherheitsmängeln vorübergehend die Betriebsbewilligung entzogen. Die Amino AG darf vorerst keine Medikamente mehr herstellen. Der Produktionsstopp löste grosse Unsicherheit aus bei den rund 9000 Personen, die hierzulande auf Methadon-Tabletten angewiesen sind. Für viele von ihnen dient das Medikament als Drogenersatz.
- Die Amino AG hat einen neuen Betriebsverantwortlichen, der vom BAG akzeptiert wird. Weshalb dauert es so lange, bis sie wieder produzieren darf?
- Weshalb ist es so viel Aufwand für einen etablierten Hersteller, die Formulierung anzupassen? Papierkrieg?
- Weshalb werden für den Import nicht grössere Kontingente bewilligt, im Sinne einer Spezialgenehmigung?
"Wir könnten importieren, müssen aber jedes Gesuch einzeln stellen. Ist so, weil ist so, bleibt so, weil war so." Die Behörden müssten flexibler werden.