Das «Bündnis unabhängiger Rechtsarbeit im Asylbereich» hat in einem Bericht die Neustrukturierung des Asylbereichs kritisiert. Das Tempo bei den Asylverfahren sei zu hoch und der staatlich finanzierte Rechtsschutz funktioniere nur ungenügend.
Das beschleunigte Verfahren führe dazu, dass die Asylgründe – insbesondere die medizinische Situation – der Asylsuchenden vom Staatssekretariat für Migration (SEM) zu wenig abgeklärt würden, teilte das Bündnis am Donnerstag mit.
Dies zeige sich daran, dass fast ein Viertel aller Beschwerden (24 Prozent) im beschleunigten Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht gutgeheissen würden.
Das beschleunigte Asylverfahren ist Teil der Asylgesetzrevision, die 2019 in Kraft getreten ist.
Das Bündnis kritisiert auch die für Asylsuchende kostenlose Rechtsvertretung. Die Mandate würden zu häufig und zu Unrecht niedergelegt. In 12,5 Prozent aller Fälle werde eine Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Unabhängige Rechtsvertretungen hätten jedoch eine Erfolgsquote von 23 Prozent.
Die staatlich finanzierte Rechtsvertretung sei zudem zu wenig effizient. Obwohl es die Aufgabe des Bundes sei, die lückenlose Rechtsvertretung zu übernehmen, müssten andere Organisationen einspringen und die Mandate annehmen. So würde die Hälfte der bei Bundesgericht eingereichten Beschwerden durch andere Rechtsvertretungen erfolgen.
Das Bündnis hat für seinen Bericht 75 Fälle analysiert, bei denen es eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichte. Zudem flossen Einzelfälle und Statistiken des SEM in den Bericht ein.
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Beratungsstellen, Organisationen, Anwältinnen und Anwälten sowie Einzelpersonen, die Rechtsarbeit im Asylbereich leisten. Teil des Bündnisses sind unter anderem die Freiplatzaktionen Basel und Zürich und die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA).
Beim SEM hiess es auf Anfrage, dass bei neuen Gesetzen und Prozessen immer Klärungsbedarf bestehe und Anpassungen vorgenommen werden müssten. Das neue Asylgesetz sei nun eineinhalb Jahre in Kraft.«
Die Hauptkritikpunkte betrafen Prozesse wie etwa medizinische Abklärungen oder die Zuteilung der Asylgesuche ins beschleunigte oder erweiterte Verfahren. «Bei beiden Punkten haben wir unsere Prozesse und Kriterien geschärft», sagte Daniel Bach, Chef Information und Kommunikation. Mit etwas mehr Beschwerden sei gerechnet worden. «Beunruhigen würde uns, wenn die Zahl der gutgeheissenen Beschwerden so hoch bleiben würde.»
Die Kritik an den beschleunigten Verfahren ist nicht neu. Bereits im Juni hatte das Bundesgericht in einem Grundsatzurteil festgehalten, dass die beschleunigte Behandlung von Asylgesuchen in einem rechtsstaatlich fairen Verfahren nur gewährleistet werden könne, wenn das SEM die Zuteilung der Gesuche in das beschleunigte oder erweiterte Verfahren korrekt vornehme. Das SEM erklärte im Juni einige Anpassungen vorzunehmen.
Wer heute in der Schweiz ein Asylgesuch stellt und dem beschleunigten Verfahren zugewiesen wird, soll seinen Asylentscheid in 140 Tagen erhalten. Komplexe Fälle behandelt das SEM weiterhin in einem erweiterten Verfahren. Die Triage nimmt das SEM vor. (aeg/sda)