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Neues Jahr, neues Glück: Die grossen Fragen für die Schweiz 2016

Neues Jahr, neues Glück: So löst die Schweiz 2016 die sechs grössten Fragen

Welches sind für die Schweiz die grossen Fragen und wie können sie gelöst werden? Sechs Fragen, sechs Antworten.
04.01.2016, 07:5604.01.2016, 08:59
Anna Wanner und Stefan Schmid / Aargauer Zeitung
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Die Schweiz und Europa: Mut zur Gelassenheit

Die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative tritt in die entscheidende Phase. Bis Anfang 2017 muss das Parlament ein Gesetz verabschieden, das die Details regelt. Dies schreibt der neue Verfassungsartikel vor. Der Bundesrat will bis Ende Februar 2016 einen konkreten Vorschlag präsentieren – im Idealfall in Absprache mit der EU. Falls es in den Gesprächen mit Brüssel aber keine Einigung gibt, will die Landesregierung autonom eine Schutzklausel einführen.

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Bild: KEYSTONE

Oberstes Ziel einer breiten politischen Mehrheit dürfte der Erhalt des bilateralen Wegs sein. Die Schweiz kann es sich als kleine, stark vernetzte Volkswirtschaft nicht leisten, das Verhältnis zum wichtigsten Partner nachhaltig zu erschüttern. Das weiss auch der Bundesrat. Er wird sich deshalb hüten, eine Schutzklausel vorzuschlagen, welche die Zuwanderung von EU-Bürgern drastisch reduzieren würde. Der Verstoss gegen das nach wie vor gültige Freizügigkeitsabkommen wäre zu krass.

Es gibt keinen Volksauftrag, der darauf hinausläuft, die Bilateralen aufs Spiel zu setzen. Das Schöne an der direkten Demokratie ist ja: Sollte die SVP als Urheberin der Masseneinwanderungs-Initiative mit der geplanten Umsetzung nicht einverstanden sein, kann sie das Referendum ergreifen oder eine neue Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit lancieren.

Völkerrecht vor Landesrecht – nicht umgekehrt

Bereits die erste Abstimmung im neuen Jahr wirft Fragen über die Grenzen der direkten Demokratie auf. Darf eine Mehrheit eine Minderheit entrechten, auch wenn diese, wie im Fall der kriminellen Ausländer, unsympathisch ist? Entspricht die absolute Dominanz der Mehrheit den Grundwerten unseres viersprachigen, föderalistischen und freiheitlichen Staates?

Nebst der Durchsetzungsinitiative, nach der kriminelle Ausländer unabhängig von den Umständen einer Straftat automatisch ausgeschafft werden sollen, hat die SVP eine weitere Initiative im Köcher. Die grösste Partei will mit «Schweizer Recht statt fremde Richter» den Volkswillen verabsolutieren und damit den Einfluss des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Strassburg kappen.

Das Volk hat es am 28. Februar in der Hand, der süssen Versuchung zur Allmacht zu widerstehen und am austarierten Rechtsstaat festzuhalten. Dieser hat sich bewährt. Jedes Individuum muss individuell behandelt werden und das Recht haben, vor einem unabhängigen Gericht gegen den eigenen Staat zu klagen.

Abhängigkeit von fossilen Energien reduzieren – ein kluger Zug

Vor mehr als zwei Jahren hat der Bundesrat in kluger Voraussicht die Energiestrategie 2050 verabschiedet. Deren Ziele lauten: Energie sparen, neue Energien fördern und den CO2-Ausstoss senken. Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie hat das Parlament bereits beraten.

Wichtige Differenzen zwischen den Räten müssen jedoch noch ausgemerzt werden. Etwa die Fragen, wie lange die bestehenden Atomkraftwerke betrieben werden dürfen, ob die Kleinwasserkraft subventioniert werden soll oder ob die Förderung erneuerbarer Energien zeitlich zu befristen sei.

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Je nach Ausgang der Beratungen kann die Bevölkerung über die Atomausstiegs-Initiative abstimmen – sind die Initianten von der Energiestrategie überzeugt, ziehen sie ihre Forderung wohl zurück.

Weiter steht das zweite Massnahmenpaket an: Das aktuelle Förder- soll in ein Lenkungssystem umgewandelt werden – ein liberaler Ansatz, der grundsätzlich richtig ist. Abgaben und Anreize sollen den Verbrauch von Strom, Brenn- und Treibstoffen reduzieren. Die Kräfte, welche die Energiewende stoppen wollen, sind zwar erstarkt, doch längst ist der Point of no return erreicht. Langfristig ist klar: Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern muss reduziert werden.

Mit der Unternehmenssteuer-Reform III den Standort stärken

Grundsätzlich ist die Sache unbestritten: Die Schweiz reagiert auf internationalen Druck und schafft Steuerprivilegien für Holding- und Verwaltungsgesellschaften ab. Die Unternehmenssteuerreform III – ein Grossprojekt, das Bund, Kantone und Gemeinden betrifft – soll dafür sorgen, dass diese Firmen die Schweiz nicht verlassen. Zu gross wären die damit verbundenen Steuerausfälle.

Die Reform erlaubt daher den Kantonen, sogenannte Patentboxen einzuführen. So wird jenen Firmen die Steuerrechnung reduziert, die in der Schweiz forschen oder Produkte entwickeln. Gleichzeitig sollen die kantonalen Gewinnsteuern gesenkt werden. Im Ständerat wurde das Geschäft vernünftig aufgegleist. Im neuen Jahr ist der Nationalrat am Zug. Wenn die SVP-FDP-Mehrheit das Fuder nicht überlädt und auf zusätzliche Entlastungen wie die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer oder die Abschaffung der Emissionsabgabe verzichtet, hat die Reform gute Erfolgsaussichten.

Mit der Altersreform die AHV langfristig sichern

Bevor der Nationalrat über die Altersreform 2020 entscheidet, wird das Volk wohl über die AHVplus-Initiative der Gewerkschaften abstimmen. Beide Vorlagen haben die Sicherung der Altersrente zum Ziel. Die bundesrätliche Vorlage will das Renten-Niveau halten, ohne den Jungen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern allzu grosse neue Bürden aufzubinden. Die Gewerkschaften wollen die AHV hingegen ausbauen.

Während der Initiative wenig Chancen zugestanden werden, ist die Reform der Altersvorsorge unbestritten: Diese muss der demografischen Entwicklung angepasst werden. Der Nationalrat wird mit den Rentnern freilich weniger grosszügig sein als der Ständerat. Insbesondere die pauschale Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken ist nicht mehrheitsfähig. Dennoch: Die Chancen stehen gut, dass Alain Berset mit seiner Megareform reüssiert. In der Bevölkerung ist die AHV beliebt. Weder ein Aus- noch ein Abbau sind mehrheitsfähig. Das wissen die meisten Politiker.

Jetzt auf

Das grosse Fest: Der längste Eisenbahn-Tunnel wird eröffnet

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Am 1. Juni wird am Gotthard der mit 57 Kilometern längste Bahntunnel der Welt eröffnet. Wenn das kein Grund ist, an ein erfolgreiches 2016 zu glauben.

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(aargauerzeitung.ch)

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