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Wieder einmal der Aargau, wieder einmal eine Aktion gegen Asylbewerber: So könnte man auf den ersten Blick den Aufruf des Gemeinderats von Rekingen interpretieren, der im offiziellen Publikationsorgan und im Internet veröffentlicht wurde. Darin bittet er die Eigentümer von Liegenschaften, «künftig von Mietverträgen mit Asylanten Status ‹B› abzusehen». Im Klartext: Anerkannte Flüchtlinge sollen sich nicht in der Ortschaft am Rhein niederlassen.
Schnell wurden in den Medien Vergleiche mit der asylfeindlichen Gemeinde Oberwil-Lieli angestellt. Allerdings gibt es einen gewichtigen Unterschied: Rekingen ist keineswegs unsolidarisch, die Gemeinde ist Standort einer kantonalen Unterkunft und beherbergt mehr als 140 Asylbewerber. Das Problem betrifft eine andere Ebene: Der Gemeinderat befürchtet, dass ihr die Flüchtlinge als Sozialhilfeempfänger zur Last fallen und den «finanziellen Ruin» bedeuten könnten.
Der Kanton Aargau übernimmt die Sozialhilfe von anerkannten Flüchtlingen während fünf Jahren. «Die ganz grosse Frage ist, was danach passiert», sagte der zuständige Rekinger Gemeinderat Roman Knöpfel der «Aargauer Zeitung». Als Sozialfälle würden sie die Gemeinde «existenziell bedrohen», warnt er. Die Befürchtung ist nicht unberechtigt. Sieben Flüchtlinge wollen sich in Rekingen niederlassen, alles Eritreer. Diese leben überwiegend von der Sozialhilfe.
Das Problem beschränkt sich nicht auf den Asylbereich. In den letzten Jahren gab es wiederholt Berichte, wonach Sozialhilfeempfänger gezielt Gemeinden aussuchen, in denen sie die vorteilhaftesten Leistungen erhalten. Die «Basler Zeitung» bezeichnete dieses Phänomen als «Sozialhilfetourismus». Vor zwei Jahren rief Riniken, eine andere Aargauer Gemeinde, die Hausbesitzer ebenfalls dazu auf, keine Wohnungen mehr an Sozialhilfebezüger zu vermieten.
Felix Wolffers, Co-Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), sprach damals gegenüber Radio SRF von einem klaren Verstoss gegen die Verfassung. Das Verhalten von Riniken führe dazu, dass die Niederlassungsfreiheit eingeschränkt werde. Den Fall Rekingen jedoch beurteilt Wolffers differenzierter, wie er auf Anfrage erklärt. Es handle sich um eine Frage der Solidarität unter den Gemeinden: «Wie verteilt man die Asylbewerber, und wer zahlt?»
In Gemeinden wie Rekingen, die relativ viele Asylsuchende unterbringen, nehme die Wahrscheinlichkeit zu, dass sie sich im Fall einer Anerkennung dauerhaft niederlassen, sagt der Leiter des Stadtberner Sozialamts. «In Kantonen wie Aargau, die keinen solidarischen Lastenausgleich in der Sozialhilfe kennen, kann dies für einzelne Gemeinden zu einem Problem werden.» Sobald der Bund nicht mehr zahle, entfielen die Sozialhilfekosten auf die Gemeindefinanzen.
«Reiche Gemeinden mit teurem Wohnraum sind von diesem Problem viel weniger betroffen», sagt Wolffers. In kleineren und ärmeren Gemeinden seien die Mieten in der Regel günstig, was sie für Sozialhilfebezüger attraktiv mache. Diese verursachen Kosten und liefern keine Steuereinnahmen. «Es ist ein Teufelskreis», meint der Co-Präsident der SKOS. Es brauche deshalb eine faire Verteilung der Sozialhilfeaufwendungen über einen wirksamen Lastenausgleich, wie ihn Bern und Westschweizer Kantone bereits praktizieren.
Das ändert nichts am Grundproblem, dass viele Flüchtlinge in der Sozialhilfe hängen bleiben. Felix Wolffers fordert als Präventivmassnahme auch eine bessere Arbeitsintegration. Entsprechende Vorschläge hat die SKOS im letzten November präsentiert. In den nächsten Jahren kämen auf die Kantone und Gemeinden erhebliche finanzielle Zusatzbelastungen zu, «wenn die derzeit sehr tiefe Erwerbsquote von Personen aus dem Asylbereich nicht rasch und breitflächig gesteigert werden kann», hielt die Sozialhilfekonferenz damals fest.