An Ostern stauen sich die Sonnenhungrigen vor dem Gotthard-Nordportal, an Auffahrt gibt es jährlich lange Wartezeiten und auch an Pfingsten wird es wieder zu viele Autos für zu wenig Tunnel geben.
Der Weg in den Süden ist neuralgisch verstopft. Doch wie wird der Verkehr zu Stauzeiten überhaupt geregelt? Wann schalten die Lichtsignale auf Rot? Wann wird die Umfahrung empfohlen? Wir haben das «Herz des Schweizer Verkehrs» in der Verkehrsmanagementzentrale des ASTRA in Emmenbrücke besucht und den Managern des Schweizer Verkehrs über die Schulter geschaut.
Die Verkehrsmanagementzentrale Schweiz des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) steht in Emmenbrücke. In einem modernen Glasbau wird das Schweizer Verkehrsnetz der Nationalstrassen an 365 Tagen im Jahr während 24 Stunden überwacht. Die Operatoren reagieren hier auf Staubildung und andere Ereignisse (z. B. Tiere auf der Fahrbahn, Geisterfahrer etc.).
Neben dem täglichen Berufsverkehr liegt der Fokus rund um Ostern, Auffahrt oder Pfingsten auch auf der Nord-Süd-Verbindung am Gotthard.
Die Mitarbeiter (Operatoren) haben Zugriff auf die Verkehrsüberwachungskameras und Durchfahrtszähler auf den Schweizer Nationalstrassen. Gibt es irgendwo ein Ereignis, erfassen sie die entsprechende Meldung und bespielen die Wechseltextanzeigen (die schwarzen Boards mit Textanzeigen) auf dem Schweizer Strassennetz.
Grundsätzlich wird die Schweiz hier in vier Regionen unterteilt, für die jeweils eine Person zuständig ist. Tagsüber sind normalerweise vier Personen im Einsatz, an den Wochenenden drei und durch die Nacht zwei.
Von hier gehen die Meldungen zu Viasuisse, wo die Verkehrsinformationen für alle Kanäle (Medien, Navigationsgeräte etc.) aufbereitet und übermittelt werden. Anbieter von Navigationsgeräten sind aber nicht verpflichtet, die Meldungen so zu übernehmen, was zu zeitraubenden Überraschungen führen kann.
Neben dem täglichen Berufsverkehr steht immer wieder der Gotthardtunnel im Mittelpunkt, besonders auch wieder jetzt vor Pfingsten. Dass sich die Wagenkolonne dann vor der Röhre staut, ist klar. Aber wie wird der Stau gemanagt? Das zeigen dir die folgenden Punkte.
Stau vor dem Gotthard ist leider keine Seltenheit. Besonders viel Geduld benötigt es jeweils an Ostern, Auffahrt und Pfingsten. Über Ostern ist im Normalfall der Weg über den Pass noch in der Wintersperre, über Auffahrt und Pfingsten kann er auch mal offen sein. Ebenfalls eine Rolle spielen die Ferienstarts in der Schweiz und im nördlichen Ausland.
Die längsten Staus entstehen darum normalerweise über die Osterfeiertage. Doch auch an Auffahrt und Pfingsten ist oft viel Geduld gefragt. Dieses Jahr war der Stau an Ostern kürzer als sonst, was vor allem dem schlechten Wetter im Tessin zu verdanken war:
Der Stau am Gotthard ist bei zu grossem Verkehrsaufkommen nicht zu verhindern. Das Wichtigste bleibt darum die Sicherheit. Oberste Priorität hat, dass der Verkehr IM Gotthardtunnel nicht zum Erliegen kommt.
Grundsätzlich kann der Gotthard maximal 1000 Verkehrseinheiten pro Stunde und Richtung bewältigen, ohne dass es zu Stau kommt. Ein Personenwagen gilt dabei als eine Verkehrseinheit, die Lastwagen (Schwerverkehr über 7,5 Tonnen) als deren drei. Die Kantonspolizei Uri schreibt, dass der Strassentunnel in beide Richtungen auf 950 Fahrzeugeinheiten pro Stunde dosiert wird – egal, wie hoch das Verkehrsaufkommen ist.
Für Lastwagen sind 150 Meter Abstand gesetzlich vorgeschrieben, zwischen Personenwagen gilt «genügend» Abstand (2-Sekunden-Regel), was ungefähr 50 Metern entspricht. Diese Abstände sollen auch eingehalten werden, wenn der Verkehr zum Stillstand kommt.
Die Lastwagen sind zudem beschränkt. Pro Richtung und Stunde dürfen sich maximal deren 150 im knapp 17 Kilometer langen Tunnel befinden. Das bedeutet also: Sind 150 Lastwagen im Tunnel, hat es in dieser Fahrtrichtung noch Platz für 550 Personenwagen.
Genau. Das Tropfenzählersystem wurde 2002 eingeführt. Es sorgt dafür, dass die Mindestabstände zwischen LKWs (150 Meter) gewährleistet sind und durch die kleinere Anzahl von Lastwagen-Kreuzungen im Tunnel auch die potenziellen Frontalkollisionen minimiert werden.
Der Schwerverkehr wird in Ripshausen bei Erstfeld (Richtung Süden) und Giornico (Richtung Norden) im Schwerverkehrszentrum kontrolliert und dann reguliert wieder auf die Strasse gelassen. Hier haben maximal 450 Lastwagen Platz.
Im Schwerverkehrszentrum werden die Lastwagen überprüft (Arbeitszeiten, Bremsen, Ladung etc.) und dann mittels Lichtsignal dosiert wieder in den Verkehr eingefügt. In der Regel dürfen pro Minute ein bis zwei Lastwagen weiterfahren, es kann aber auch mal ein längerer Abstand gelten.
Die Lastwagen sind dann wieder im normalen Verkehr unterwegs bis zum Gotthardtunnel, wo sie sich direkt vor der Röhre auf der rechten Spur einreihen.
Die Staulänge und der Zeitverlust werden insbesondere aufgrund von Zählerdaten (Zu- und Abfluss) berechnet. Zudem gibt es im VMZ entsprechende Checklisten. Über den Daumen gilt: pro Kilometer Stau am Gotthard, zehn Minuten Zeitverlust.
Spannend dabei: Es wird die Netto-Staulänge gemeldet. Dabei kann es aber sein, dass es im Stau Lücken hat, wo wieder flüssiger gefahren werden kann. Als Beispiel: Werden 20 Kilometer Stau vor dem Gotthard-Nordportal gemeldet, staut sich der Verkehr schon rund 26 Kilometer vor dem Tunnel. Wieso? Mehr dazu im nächsten Punkt.
Auf dem Weg von Erstfeld zum Gotthard-Nordportal führt der Weg durch kleinere und längere Tunnel, über Brücken und auch mal durch Zonen mit erhöhter Steinschlaggefahr oder ohne Pannenstreifen (insbesondere zwischen Amsteg und Meitschligen). Die Kantonspolizei Uri versucht, Stau in solchen Zonen zu verhindern.
Darum kann der Verkehr unterwegs mit Lichtsignalen beispielsweise vor Tunneln gestoppt werden. Wann und ob die Lichtsignale zum Einsatz kommen, entscheidet die Kantonspolizei Uri, nicht die Verkehrsmanagementzentrale in Emmenbrücke.
Wir klären erst die Begriffe: Wird der Stau vor dem Gotthard zu lang, wird je nach Verkehrssituation die «Alternativroute» aufgeschaltet. Von einer «Umleitung» ist nur die Rede, wenn die A2 gesperrt wäre.
Wird der Stau vor dem Gotthard zu lange, wird also die Alternativroute via San Bernardino aufgeschaltet. Normalerweise gilt: Ab einem Zeitverlust von 60 Minuten (6–7 km Stau) wird die Alternative für die Regionen Basel und Zürich empfohlen, ab einem Zeitverlust von 120 Minuten auch für diejenigen in der Zentralschweiz. Auch wenn es für diese Richtwerte gibt, muss die Situation immer direkt beurteilt und allenfalls mit den Kantonspolizeien abgesprochen werden.
Denn ist die Alternativroute über den San Bernardino ebenfalls schon überlastet, macht eine entsprechende Empfehlung wenig Sinn. Je nach Staulänge werden auch nur Autofahrer aus bestimmten Regionen auf die Alternativroute hingewiesen.
Heutzutage ist es einfach, mit Google Maps oder dem eigenen Navigationsgerät selbst nach einer «Abkürzung» zu suchen. Das solltest du allerdings nicht tun. Grundsätzlich gilt: Bleib auf der Autobahn und halte dich an die offiziellen Umfahrungsempfehlungen.
Wer auf das untergeordnete Strassennetz ausweicht, ist selten schneller, sorgt dort für erhöhte Gefahr und erschwert allfällige Rettungsaktionen. Zudem werden die Einfahrten in Wassen oder Göschenen teilweise sowieso gesperrt und du machst einen grossen Umweg.
Die «Arbeitsgruppe Staumanagement Uri», bestehend aus Vertretern des ASTRA und des Kantons Uri, hat am 20. März 2024 neue Massnahmen eingeführt, um den Stau am Gotthard zu steuern. Diese dauern bis zur Öffnung der Passstrasse (noch unsicher, ob das an Pfingsten schon der Fall sein wird).
Konkret werden dabei die Einfahrten in Göschenen und Wassern in Fahrtrichtung Süden ab einer Staulänge von drei Kilometern geschlossen. Dann wird nur noch während weniger Slots die Einfahrt geöffnet.
Staut sich der Verkehr auf acht Kilometern, so wird die Geschwindigkeit auf der Autobahn zwischen Altdorf und Amsteg auf 80 km/h reduziert. Damit soll der Reiseverkehr verlangsamt und auch das Unfallrisiko reduziert werden.
Weitere Infos dazu gibt es hier.
Dazu gibt es leider keine pauschale Antwort. Am besten ist immer antizyklisches Verhalten. Man muss sich dies aber auch einrichten können. Vor Pfingsten beispielsweise einen Tag früher abfahren oder noch einen Tag länger bleiben, würde am meisten nützen.
Zu welchen Zeiten der Pfingstverkehr jeweils am höchsten ist, haben wir im letzten Jahr hier zusammengefasst.
Stets interessant und Lehrreich!
Dankeschön! 🌻
Vermutlich sind das die gleichen, die meinen dass die Krankenkassen für den Prämienanstieg verantwortlich sind.
Eigentlich ruhige beschauliche Dörfer, die vom Verkehr sozusagen ertränkt werden.