Schweiz
Wahlen 2023

5 Punkte und eine Überraschung zum (möglichen) Wahlausgang am Sonntag

Partei Giveaways anlaesslich der Eidgenoessischen Parlamentswahlen 2023, fotografiert am Dienstag, 12. September 2023 in Bern. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Kommt die SVP auf 30 Prozent Wähleranteil? Das hat seit Einführung der Proporzwahl 1919 keine Partei geschafft.Bild: KEYSTONE

Politologe glaubt an Überraschung: 5 Punkte, die bei den Wahlen besonders spannend werden

Du willst endlich wissen, wie die Wahlen ausgehen? Wir überbrücken dir die Wartezeit mit 5 Kurz-Analysen. Damit du dieses Wochenende mitreden kannst.
22.10.2023, 05:00
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Zuerst: Gibt es eine Überraschung?

Ja.

«Es ist sehr wahrscheinlich, dass es anders kommt, als wir es erwarten.» Das sagt Oliver Strijbis. Er ist Professor für Politikwissenschaft an der Franklin University Switzerland in Lugano.

Er meint damit die Umfragen und die von ihm miterarbeitete Wahlbörse, durch die «wir uns in einer falschen Sicherheit wähnen». Heisst? «Wir glauben genau zu wissen, wer gewinnt und wer verliert. Dabei tappen wir in der Schweiz vor Wahlen im Dunkeln.» Gerade verglichen mit Ländern wie etwa den USA. «Es gibt bei uns einfach zu wenige Umfragen, als dass diese verlässliche Vorhersagen machen könnten.»

Weiter sagt er:

«Die Schweiz ist bezogen auf Umfragen ein Entwicklungsland.»

Der Teufel steckt also im Detail der vorausgesagten Wahlprozente. Nun denn, auf geht's, analysieren wir die Details.

Schafft die SVP den Sprung über die 30-Prozent-Marke?

Seit Einführung der Proporzwahl 1919 hat keine Partei diese Marke geknackt. 2015 ritzte die SVP daran, sie konnte sich auf 29,4 Prozent steigern. Vor vier Jahren dann wiederum verlor sie und kam noch auf 25,6 Prozent.

Und heute? «Höchstwahrscheinlich schafft die SVP die 30-Prozent-Marke nicht», sagt Professor Strijbis.

Dies aus drei Gründen: «Erstens müssten sowohl die Umfragen wie auch die Wahlbörse weit danebenliegen, was hier unwahrscheinlich ist.» Zweitens deute nichts auf eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung hin, im Gegenteil, kein Lager habe stark mobilisieren können. «Um 30 Prozent zu erreichen, bräuchte die SVP aber eine übermässige Mobilisierung.»

Drittens wurde das Thema Migration doch nicht zum grossen Thema – von einem solchen thematischen Selbstläufer hätte die SVP am meisten profitieren können.

60'000 Menschen protestierten Ende September an der Klimademo. Das Thema mobilisiert – fallen die Grünen dennoch unter 10 Prozent?

«Es sieht so aus», sagt Professor Strijbis. Es seien «tatsächlich überraschend viele Menschen» an jene Klimademonstration gegangen, trotzdem habe das Lager der Klimabewegung Mühe, über die links-grüne Anhängerschaft hinaus zu mobilisieren.

Das habe mit der Polarisierung zu tun. Vor vier Jahren sei es allen Parteien leichtgefallen, Lippenbekenntnisse für den Kampf gegen den Klimawandel abzugeben. Inzwischen gehe es darum, spezifische Massnahmen umzusetzen. «Und das wiederum geht nicht», so Strijbis, «ohne dass es weh tut».

«Wo es an die persönliche und wirtschaftliche Freiheit geht, wählen offensichtlich viele Menschen dann doch lieber bürgerlich statt grün.»

Die Gegenmobilisierung von rechts und der gehässige Diskurs gegen die Klimakleber tue das Übrige, so Strijbis. Zudem kehrten viele Wechselwähler, die vor vier Jahren grün einlegten, zur SP zurück.

Schafft die Mitte die Sensation und überholt die FDP?

«Die Chance liegt bei 50 zu 50», sagt Strijbis. Laut Umfragen lägen die beiden Parteien zu nahe zusammen für eine seriöse Aussage.

Zur Person
Oliver Strijbis ist Professor für Politikwissenschaft an der Franklin University Switzerland in Lugano. Zu seinen Forschungsgebieten gehört etwa die Migration, aber auch politisches Verhalten allgemein oder die ethnische Zugehörigkeit. Er hat für watson die Wahlbörse erarbeitet.

Der dritte Platz wäre für die Mitte eine Sensation. Erst 2021 fusionierte die davor serbelnde CVP mit der ebenfalls serbelnden BDP zur Mitte. Die Fusion und der neue Name war die richtige Entscheidung, glaubt man den Umfragen.

Für die FDP dagegen wäre der Abstieg auf Platz 4 bitter. Es wäre ein weiterer Verlust der einst stolzen Gründerin des Schweizerischen Bundesstaates von 1848. Die FDP machte mit 15,1% Wähleranteil 2019 das bisher schlechteste Ergebnis - wird es nun nochmals unterboten?

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Bei der SP sprudeln die Spenden. Mobilisiert die Partei besser als vorhergesagt?

Dazu Strijbis: «Von Spenden kann man nicht auf die Mobilisierung schliessen.» Der Millionen-Coup der SP zeige aber, wie professionell das Campaigning der Partei sei. Die SP habe zudem verstanden, dass sie auch auf Kleinspenden setzen müsse.

Europa durchlebt unruhige Zeiten, viele Schweizer gehen nicht wählen. Wie passt das zusammen?

Für Strijbis liegt das an unserer direkten Demokratie, wodurch «die Wahlen bei uns nicht so wichtig sind». Er erläutert: «Ob ich wählen gehe oder nicht, die Schweiz wird nicht über Nacht eine andere Nation. Dieser Gedanke dürfte viele Personen vom Wählen abhalten.» Auch wenn das natürlich schade sei. Zudem fehlte das eine Thema, das mobilisiert hätte.

Immerhin:

«Während in Europa der Trend zum Nicht-Wählen seit Jahren anhält, bleibt die Wahlbeteiligung in der Schweiz konstant. Wenn auch auf tiefem Niveau.»

«Seit des Aufstiegs der SVP in den 1990ern verzeichnen wir keinen Rückgang der Wahlbeteiligung mehr», sagt Strijbis. Dies, weil die SVP polarisiere und mobilisiere.

Strijbis' Prognose: «Die Wahlbeteiligung wird tiefer sein als letztes Mal.»

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Nyahui
21.10.2023 06:38registriert November 2019
Hab zum ersten Mal gewählt (normalerweise stimme ich nur ab). Daher mal schauen, was so passiert in meiner Gemeinde xD
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Tubel vom Dienst
21.10.2023 07:19registriert Januar 2021
Wie sagt man doch so schön. Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.
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Minerva McGone
21.10.2023 10:07registriert Dezember 2021
Diejenigen, die nicht wählen, aber dann lautstark im Pausenraum motzen, dass "in Bern oben" alles falsch gemacht wird, sind mir immer die liebsten...
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