Herr Strijbis, was hat Sie als Professor an den Resultaten der watson-Wahlbörse am meisten überrascht?
Oliver Strijbis: Dass die Grünen Probleme haben. Der Klimawandel ist nach wie vor ein riesiges Thema – ich bin deshalb davon ausgegangen, dass die Grünen ihre Gewinne von 2019 festigen können. Doch die Grünen dürften verlieren.
2019 gilt als Klimawahl. Ist es nicht typisch für das hiesige Wahlsystem, dass bei den Wahlen darauf das Pendel zurückschwingt?
Normal in der Schweizer Politik ist: Das Pendel schwingt fast gar nicht. Das liegt daran, dass wir keine Einparteien-Regierung haben wie andere Länder. Deshalb: Gibt es grössere Veränderungen, zeigt das meist einen Trend an, der länger anhält. Ein Beispiel ist der Aufstieg der SVP. Bei den Grünen indes scheint dieser Trend nicht zu gelten, sie können ihre Gewinne von 2019 nicht fortsetzen. Das finde ich schon überraschend. Weil, eben: Die Klimakrise ist nicht plötzlich gelöst, sondern nach wie vor virulent.
Was machen die Grünen falsch?
Es geht weniger um die Grünen, als um die öffentliche Wahrnehmung. Vor vier Jahren ging es in dieser darum, ob das Klima in der Krise steckt oder nicht. Heute geht es nicht mehr um die Problematik an sich, sondern darum, wie das Problem bekämpft werden kann. Das ist komplexer. Nun müssen spezifische Massnahmen diskutiert werden. Und das kommt den Bürgerlichen zugute.
2019 gilt neben der Klimawahl als Frauenwahl. Werden die Frauen ihren Siegeszug fortsetzen können?
Im Nationalrat haben wir uns auf die Wähleranteile der Parteien beschränkt, dazu kann ich nichts sagen. Doch ja, für den Ständerat sagt die aktuelle Prognose eine Zunahme des Frauenanteils voraus. Und zwar auf 15 Frauen-Sitze (heute 13). Wenn Marianne Binder-Keller (Mitte) im Aargau einen Sitz holt und vielleicht noch Greta Gysin (Grüne) im Tessin oder Franziska Roth (SP) in Solothurn, dann liegt sogar noch mehr drin.
Im Gegensatz zur SRG-Umfrage hat bei Ihnen die Mitte die FDP im Nationalrat bereits überholt. Trifft das zu, wäre das historisch.
Ich glaube an diese Vorhersage, ja. Ich lasse mich auf die Äste hinaus und sage: Die Mitte überholt die FDP mit einer realistischen Wahrscheinlichkeit.
Die SVP legt bei Ihnen noch mehr zu als bei der SRG-Umfrage. Woran liegt das?
Das Migrationsthema ist entscheidend.
Das holt noch jemanden hinter dem Ofen hervor?
Oh ja, das mobilisiert. Vor vier Jahren war die Migration kaum ein Thema, aktuell indes schon. Es gilt die einfache Formel: Je mehr über Migration gesprochen wird, desto besser läuft es für die SVP.
Sie haben erstmals auch Sitzgewinne/-verluste für den Ständerat ausgerechnet. Was hat Sie hier am meisten überrascht?
Mich überrascht, dass Petra Gössi, immerhin ehemalige FDP-Parteichefin, nicht höher gehandelt wird. Ich dachte, ihre Wahl in den Ständerat wäre sehr wahrscheinlich. Aber seit ihrer Positionierung vor vier Jahren als Umweltfreisinnige gilt sie wohl vielen als zu liberal. Der Kanton Schwyz wählt konservativ.
Sprechen wir über die Methodik: Wie sind Sie für die Resultate vorgegangen?
Eine Wahlbörse ist ein virtueller Markt wie eine Finanzbörse. Hier werden Wetten abgeschlossen. Darauf, wie wahrscheinlich eine Kandidatin gewählt wird. Das steigert deren Aktie. Aktuell sind rund 300 Leute auf der Wahlbörse registriert. 150 Personen spielen, die meisten sind (ehemalige) Studierende oder andere Politikexperten. Sie alle zeichnen sich durch hohes Politwissen aus. Das Startkapital beträgt 20 Franken.
Oh. Mache ich mich käuflich?
Im Gegenteil. Das Geld ist wichtig, um nicht so zu tippen, wie ich das Resultat haben will, sondern so, wie ich es für wahrscheinlich halte. Ich kann das Geld verlieren oder aber je nach Aktie über 100 Franken gewinnen.
Woher kommt das Geld?
Vom Forschungsprojekt Premia, das ich im Rahmen der Digital Society Initiative (DSI) der Universität Zürich durchführe.
Ist die Wahlbörse repräsentativ?
Mit Repräsentativität hat es nichts zu tun, nein. Stellen Sie sich die Wahlbörse wie ein Expertenpanel vor, bei dem ein Konsens von Experten abgebildet wird. Dieses sagt vorher, was eine grosse Gruppe gut informierter Leute wettet. Das wahrscheinlichste Resultat gewinnt. Und damit steigt die Aktie. Heisst: Ich stehe hinter jeder Prognose der Wahlbörse.
Wie hoch ist die Fehlerquote?
Auch die gibt es so nicht – das ist ein grosser Unterschied zu den Umfragen. Bei den Nationalratswahlen zeigen wir die Vorhersagen ohne Angaben über die Unsicherheit. Aber die gibt es natürlich auch bei uns. Bei den Ständeratswahlen wird die Unsicherheit abgebildet, denn wir zeigen für alle Kantone die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass jemand gewählt wird. Allgemein gilt, dass solche Prognosemärkte nicht einfach lustige Spiele sind, sondern eine etablierte Methode darstellen. Sie haben sich beispielsweise in den USA zur Vorhersage etabliert. Ich selber habe damit beispielsweise auch schon Migrationsströme einigermassen erfolgreich vorhergesagt.
Was sind die Nachteile?
Die Wahlbörse ist abhängig von den Umfragen.
Heisst?
Die Experten sind von den Umfragen beeinflusst und tippen entsprechend. Sagt etwa eine Umfrage gute Chancen für Regine Sauter, Zürcher FDP-Ständeratskandidatin, voraus, steigt ihr Aktienkurs an. Sagen nun die Umfragen das Wahlergebnis nicht gut voraus, so trifft das wahrscheinlich auf die Wahlbörse zu. Zudem: Machen wenige Experten mit, die sich etwa mit den Ständeratswahlen im Kanton Genf auskennen, leidet darunter die Genauigkeit dieser Aussagen.
Wenn wir weiterhin die Genfer Flüchtlingskonvention erhalten wollen, und persönlich finde ich wie sollten, müssen wir konsequenter und drastischer die anderen Abweisen 😕.
Es ist schön in der Schweiz aber es kann nichr jeder hier wohnen insbesondere nicht wenn er seinen Lebensunterhalt nicht selber verdienen will.