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Wirtschaft

Strom: So will der Bundesrat Schweizer Wasserkraft-Reserven 2022 sichern

The Zervreila dam wall of the Zervreilasee artificial lake, pictured Monday, July 4, 2011 near Vals in the Canton of Grisons, Switzerland. The lake has a surface area of 1.61 square km and an elevatio ...
Wasserkraft könnte die Lösung für eine Strommangellage Ende Winter sein: Zervreilasee mit Staudamm (Vals, Graubünden).Bild: KEYSTONE

Wasserkraftreserve: So will der Bundesrat ohne Strommangel durch den Winter kommen

Eine neue Verordnung zur Einrichtung einer Wasserkraftreserve soll's richten: Der Bundesrat will damit die Energieversorgung der Schweiz für die kritische Phase gegen Ende Winter stärken.
07.09.2022, 15:4807.09.2022, 17:16
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Der Krieg in der Ukraine wirkt sich in ganz Europa auf die Energieversorgung aus. Die Preise für Strom und Gas reagieren mit starken Anstiegen. Davon ist auch die Schweiz betroffen. Der Bundesrat habe deshalb verschiedene Massnahmen beschlossen, schreibt er in einer Mitteilung, um die Versorgungssicherheit zu stärken und Engpässe im Winter damit möglichst zu vermeiden.

Dazu gehört auch die Wasserkraftreserve. Um für den kommenden Winter bereit zu sein, hat der Bundesrat die vorgeschlagene Reserve-Lösung per Verordnung vorzuziehen. Das Gesetz wird derzeit im Parlament beraten.

Wie funktioniert Wasserkraftreserve?

Die Wasserkraftreserve ist eine Versicherung, die ausserhalb des Marktes bereitsteht. Sie darf nur genutzt werden, um kritische Engpässe zu überbrücken – etwa gegen Ende Winter.

Mögliche Probleme gegen Ende Winter:

  • Stromverbrauch unerwartet hoch
  • Stromimporte stark eingeschränkt
  • Inländische Kernkraftwerke reduziert verfügbar

Die Wasserkraftreserve sei die eine Absicherung gegen Mangellage, die der Bundesrat schafft. Eine zweite wichtige Absicherung seien Reservekraftwerke, die mit Gas, Öl oder Wasserstoff betrieben werden können. Dazu habe der Bund letzte Woche mit der Firma GE Gas Power einen Vertrag unterzeichnet.

Die Wasserkraftreserve ist so dimensioniert, dass damit einige wenige Wochen überbrückt werden können.

Diese zweite Absicherung durch Reservekraftwerke soll ebenfalls schon auf Ende des kommenden Winters zur Verfügung stehen. Der Einsatz beider Reserven erfolgt laut Bundesrat koordiniert.

Reserven als Lückenfüller

In einem nächsten Schritt wird Swissgrid, die nationale Netzgesellschaft, die Ausschreibung für die Wasserkraftreserve starten: Betreiberinnen von Speicherkraftwerken können ab Oktober ihre Angebote einreichen. Wer den Zuschlag bekommt, hält gegen Entgelt eine bestimmte Menge Wasser zurück. Diese Reserve kann somit bei Bedarf gezielt zur Stromerzeugung abgerufen werden.

Der Bundesrat hat die Grundsätze der Dimensionierung der Reserve festgelegt: Sie soll im definierten Zeitraum nicht die ganze Versorgung decken, sondern eine allfällige Lücke füllen. Die Elektrizitätskommission (ElCom) hat am 23. August 2022 die Eckwerte der Ausschreibung festgelegt. Sie ist auch für die Überwachung zuständig.

Laut der ElCom soll die Energie vom 1. Dezember 2022 bis am 15. Mai 2023 vorgehalten werden. Die Wasserkraftreserve ist so dimensioniert, dass damit einige wenige Wochen überbrückt werden können. Die Kosten tragen über das Netznutzungsentgelt alle Endverbraucherinnen und Endverbraucher.

Aufgrund der momentan teils massiven Preisschwankungen können die Preise der Angebote in der Ausschreibung sehr hoch sein. Die Kosten für eine Wasserkraftreserve von 500 GWh für den Winter 2022/2023 werden derzeit grob auf 650 bis 750 Millionen Franken geschätzt – dieser Betrag könnte aber bei anhaltender Anspannung im Markt ansteigen.

Umgelegt auf den Schweizer Stromverbrauch erhöht sich das Netznutzungsentgelt bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern damit um rund 1,2 Rappen pro Kilowattstunde. Für den Fall, dass nach Abschluss der Ausschreibung zu wenig Angebote vorliegen oder diese so teurer wären, dass die Reserve nicht zu angemessenen Kosten angeboten würde, kann das UVEK die Betreiber geeigneter Kraftwerke gegen ein hoheitlich festgelegtes Entgelt zur Reservevorhaltung verpflichten.

Die Verordnung
Die Verordnung tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft. Die Eckwerte sollen am 3. Oktober 2022 formell erlassen werden. So kann die Reserve rechtzeitig ausgeschrieben, beschafft und für den Winter 2022/2023 bereitgestellt werden.
bundesrat medienmitteilung

(adi)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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tss
07.09.2022 16:40registriert Juni 2020
Ich hoffe das alle was daraus lernen.
Gewisse Sachen gehören nicht in die Hände von Aasgeiern. Und werft endlich die Lobbyisten aus dem Bundeshaus. Wir könnten Selbstversorgern in vielen Bereichen sein. Aber dann würde einzelne nicht Millionen ergaunern.
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Maranothar
07.09.2022 16:00registriert Juni 2016
Ja, wenn man mehr als 20 Jahre den Ausbau der erneuerbaren Energie verschläft muss man halt plötzlich Hauruckübungen veranstalten.
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Schoggistängel
07.09.2022 16:54registriert April 2021
Also zahlen, dass wir eine Stromreserve haben und dann nochmals zahlen, um diese Reserven bei Bedarf anzapfen zu können. Läuft, im Klingelbeutel einiger wenigen.
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