Schweiz
Energie

Point de Presse zum Thema Versorgungssicherheit in der Schweiz

«Wir müssen uns auf Strommangellage vorbereiten, weil wir sie nicht ausschliessen können»

Die Versorgungssicherheit der Schweiz sei derzeit zwar gegeben. Aber aufgrund des Ukraine-Kriegs sowie der Situation bei den Kernkraftwerken in Frankreich könne die Stromversorgung im kommenden Winter angespannt werden. Der Bund informiert deswegen um 10 Uhr.
20.07.2022, 09:4720.07.2022, 11:41
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Am Point de Presse nehmen teil:

  • Benoît Revaz, Direktor, Bundesamt für Energie BFE
  • Patrick Kutschera, Geschäftsführer EnergieSchweiz, Bundesamt für Energie BFE
  • Ueli Haudenschild, Stv. Direktor a. i., Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL
  • Bastian Schwark, Leiter Fachbereich Energie, Wirtschaftliche Landesversorgung WL
  • Urs Meister, Geschäftsführer, Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom
  • Jürg Rauchenstein, Fachspezialist Netze und Europa, Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom
  • Michael Frank, Direktor, Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE
  • Lukas Küng, Leiter Kommission OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen)
  • Thomas Hegglin, Leiter Kommunikation, Verband der Schweizerischen Gasindustrie VSG
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11:02
Der Point de Presse ist beendet.
10:59
Macht man auch Verträge mit z.B. Algerien oder nur den Nachbarländern?
Benoît Revaz: Man habe Solidaritätsabkommen mit Frankreich, Holland, Italien und Deutschland, sollte es zu einer Mangellage kommen.

Thomas Hegglin: «Die Schweiz hat keine direkten Verbindungen in die Herkunftsländer.»
10:57
Kann man den Massnahmenplan mit einem Lockdown vergleichen?
Michael Frank: Die Schritte im Massnahmenplan seien eine Einschränkung in unserem Komfort und unserer Arbeit. Aber man könne sich weiterhin bewegen – zumindest zu Fuss und mit dem Velo (ev. nicht mit ÖV und strombetriebenen Autos).
10:53
Braucht es jetzt mehr Infrastruktur für künftige Mangellagen?
Michael Frank: Es mache keinen Sinn, dass man alles zubaue und zubetoniere nur wegen einer Jahrhundertkrise.
10:50
Wie ist die Chance, dass die Wasserspeicher gross genug sind im Winter?
Jürg Rauchenstein: Das hänge von der Gaslieferungen ab.
10:47
Gibt es einen Röstigraben beim Gasverbrauch?
Thomas Hegglin: Dies habe man bisher nicht feststellen können.

Bastian Schwark: Es gebe regionale Unterschiede, was die Versorgung betreffen, da z.B. das Tessin in erster Linie von Italien versorgt werde, die Deutschschweiz aber nicht.
10:42
Wie realistisch ist es, dass Schritte 2 bis 4 eintreten bei einer Strommangellage?
Urs Meister: Zuerst sei es davon abhängig, ob es zu einer Strommangellage kommen. Sollte nämlich weiterhin Gas fliessen, dann sei die Gefahr einer Strommangellage sehr klein.

Aber wenn eine Strommangellage eintreffe, dann hänge es stark von unterschiedlichsten Faktoren ab, wie sich diese dann gestalte. Darum wolle man keine Prognose machen.

Michael Frank: «Wir müssen uns darauf vorbereiten, weil wir es nicht ausschliessen können.» Aber: «Wir müssen alles dafür tun, dass keine Mangellage eintritt, auch wenn es viel kostet.»
10:39
Was sind «geschütze Kunden» im Massnahmenpaket Gas?
«Geschütze Kunden» seien zum Beispiel Haushalte und Spitäler bzw. Gesundheitseinrichtungen. Sie seien zwar bei der Kontingentierung von Gas geschützt. Aber: Jeder solle einen Beitrag leisten, um der Gasknappheit entgegenzuwirken.
10:33
Massnahmen Stromengpass: «Jede Kilowattstunde zählt»
michael frank point de presse
Bild: youtube
Michael Frank spricht: Genau wie beim Gas, gebe es einen Massnahmenplan für den Fall eines Strommangels:
1. Aufrufe zum Sparen
2. Einschränkungen nicht zwingender Geräte (z.B. Weihnachtsbeleuchtung)
3. Kontingentierung für Grossverbraucher
4. Ultima Ratio: Netzabschaltung für einige Stunden. Dies wolle man aber möglichst vermeiden.
Bild
Viele Netzbetreiber würden aktuell ihre Grossverbraucher informieren und Schulungen durchführen. Dabei habe man gemerkt, dass die Unternehmen die Situation ernst nähmen und sich auf eine Krise vorbereiteten.

Frank betont, dass man derzeit nicht alarmistisch sein solle. Aber man werde im schlimmsten Fall froh sein, dass man sich vorbereitet habe.

Die Fragerunde beginnt.
10:26
Zur Situation Strom
Urs Meister, Geschaeftsfuehrer des Fachsekretariats der Eidgenoessischen Elektrizitaetskommission ElCom, spricht zur erwarteten Entwicklung der Strompreise und -tarife an der Jahresmedienkonferenz der ...
Bild: keystone
Urs Meister spricht: Strom sei derzeit sehr teuer. Es könne sein, dass die Preise sinken würden, sobald wieder Gas durch Nord Stream 1 fliesse.

Man sei derzeit in einer Situation mit grosser Unsicherheiten. Darum sei die Frage nach dem Füllstand der europäischen Gasspeicher so zentral. Meister betont, dass die europäischen Gasspeicher in den letzten Wochen weiter hätten gefüllt werden könne, obwohl die Gaszufuhr gedrosselt war.

In der Schweiz würden die Wasserspeicher eine grosse Rolle spielen – und diese sei in einem normalen mittleren Wert. Bei den Kernkraftwerken seien die Revisionen abgeschlossen, mit Ausnahme von Beznau II. Zwar würden die AKWs in der Schweiz aktuell auf Volllast laufen, allerdings könnte es sein, dass Beznau bald drosseln müsse, aufgrund des warmen Aare-Wassers. Sollte dieser Fall eintreffen, dann müsse man Strom aus dem Ausland importieren.

Eine wichtige Massnahme sei derzeit in Planung: das Einrichten von Wasserkraftreserven. Die ElCom gehe davon aus, dass man 500 Gwh speichern könne. Darum könne man keine generelle Strommangellage überbrücken, sondern sie solle zur Überbrückung von einer «unvorhergesehenen Situation» für mehrere Tage dienen.
10:16
Massnahmen Gasengpass
Bastian Schwark, Leiter Fachbereich Energie, Wirtschaftliche Landesversorgung WL, spricht waehrend einer Point de Presse auf Fachebene zum Thema Energie, am Mittwoch, 20. Juli 2022 in Bern. (KEYSTONE/ ...
Bild: keystone
Bastian Schwark spricht: Die Energieversorgung sei grundsätzlich gesichert. Es gebe aber Unsicherheiten «geopolitischer Natur».

Die Gasmärkte würden aktuell zwar funktionieren, allerdings sei der Preis sehr hoch. In den letzten Tage habe sich gezeigt, dass man verhalten optimistisch sein dürfe, was den Gastransfer betreffe.

Da die Schweiz über keinen Gasspeicher verfüge, sei man vom benachbarten Ausland abhängig. Darum würde ein Expertengremium derzeit Konzepte vorbereiten, damit man Gas beantragen könnte, sollte man es brauchen.
Seit Mai gebe es ein Massnahmenpaket, damit sich die Schweiz 6TWH nicht-russisches Gas erwerben könne, sollte es akut werden. Dies entspreche 20 Prozent des Winterverbrauchs.

Der aktuelle Massnahmenplan bei einer Gasknappheit sehe folgendermassen aus:

1. Zuerst würde man Sparappelle lancieren. Dazu gehörte zum Beispiel, die Heiztemperatur zu beschränken.
2. Unternehmen würden aufgefordert, von Gas auf Öl umzustellen.
3. Einschränkungen von Anwendungen, z.B. verbindliche Vorgaben zu Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden
- Kontingentierung von «nicht-geschützen» Kunden.
Bild
10:08
«Europa ist bedroht von einer möglichen Energiekrise»
Benoit Revaz, Direktor, Bundesamt fuer Energie BFE, spricht waehrend einer Point de Presse auf Fachebene zum Thema Energie, am Mittwoch, 20. Juli 2022 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bild: keystone
Benoît Revaz spricht: Europa sei derzeit bedroht von einer möglichen Energiekrise, besonders wegen des Ukraine-Kriegs.
Die Schweiz müsse nun Lösungen finden, damit die Versorgungssicherheit in der Schweiz sichergestellt sei im Winter.

Dazu gehörten ein «Rettungsschirm» für die Stromwerke oder auch die Versorgungssicherheit mit Gas sicherzustellen.

Zudem wolle man bereits auf den Winter 2022/2023 eine Wasserkraftreserve einrichten.
Es seien Verhandlungen mit Deutschland aufgenommen worden, bezüglich eines Solidaritätsabkommens mit Deutschland.
10:01
Der Point de Presse beginnt.
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quelle: mhs
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117 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Matrixx
20.07.2022 11:03registriert März 2015
Wenn jede Kilowattstunde zählt, warum sind dann Schaufenster und Bankomaten immernoch die ganze Nacht hell beleuchtet?
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Scrat
20.07.2022 10:25registriert Januar 2016
Die Schweiz hat also keine Gas-Pflichtlager (wie war das nochmal während der Pandemie mit den Masken?) und versucht jetzt, über Verträge die Gasversorgung sicherzustellen. Es wird sein wie in der Pandemie: wenn kein Gas mehr fliesst, werden die «Partner-Staaten» wie bei den Masken zuerst für sich selbst schauen. Wie Blauäugig muss man sein?
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Gitarrenmensch
20.07.2022 10:42registriert Mai 2021
Alles schön und gut, hoffen wir das Beste.
Aber für die mittelfristige Zukunft muss endlich eine Energiewende vollzogen werden, auch wenn das teuer und aufwändig wird.
Manchmal vermisse ich bei uns in der Schweiz einen gewissen Pioniergeist, den es in der Zeit der Frühindustrialisierung doch scheinbar hier gab. Hätte man bei Grossprojekten wie dem Gotthardtunnel so gehadert, gäbe es noch heute keine Bahnverbindung zwischen Göschenen und Airolo.
(Ja ich weiss, der Gotthardtunnel war umstritten, die Banken wollten das Projekt mehrmals beerdigen, aber schlussendlich hat man den ihn gebaut!)
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