Die Schweiz erlebt einen Camping-Boom und die Corona-Krise hat ihm noch mehr Schub verliehen. #vanlife ist nicht nur in den Sozialen Medien zum neuen Lebensgefühl geworden, sondern auch auf den Campingplätzen der Schweiz spür- und sichtbar.
Ferien in der Schweiz – oder zumindest im nahen Ausland – sind in diesem speziellen Sommer 2020 angesagt. Der öffentliche Verkehr gilt als Virusschleuder, die Maskenpflicht behagt nicht allen, Fliegen hat aktuell aus verschiedenen Gründen sowieso einen schwierigen Stand – da bieten sich Roadtrips oder Campingferien mit dem Auto an.
Das spielt einem Trend in die Füsse, der schon vor rund 20 Jahren zum Höhenflug ansetzte. Während die Bestände der Wohnmobile (dazu werden auch Camping-Büssli gezählt) in der Schweiz in den 1990er Jahren noch ziemlich konstant bei rund 20'000 pro Jahr lagen, gab es danach nur noch eine Richtung.
Gemäss Angaben des BfS haben sich die Bestandeszahlen in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. 2019 waren schweizweit 64'904 Wohnmobile zum Verkehr zugelassen. Wie die Fahrzeugbestand-Liste 2019 des BfS zeigt, sind die VW California dabei mit rund 15'000 Fahrzeugen deutlich die grösste Gruppe.
Denn Wohnwagen sind vielen Campern heute zu gross und zu wenig flexibel einsetzbar. Darum boomen seit einigen Jahren kleine Camper-Büssli. Insbesondere die California T5 und T6 von Volkswagen, die in ihren Ausstattungen Beach, Ocean und Coast einen regelrechten Hype erleben, haben zum Verkaufsboom der Wohnmobile beigetragen.
Der Vorteil der Fahrzeuge: Sie bieten dank dem aufklappbaren Dach Schlafplatz für vier Personen, haben ein Vorzelt dabei, die Küche ist teilweise eingebaut, man kann das Fahrzeug mit diversen Extras wie zum Beispiel WC aufpeppen, dass es einem Wohnmobil kaum mehr nachsteht.
Und vor allem: Die Büssli lassen sich auch im Alltag nutzen und kommen in praktisch jede Tiefgarage. Darum sind diese Camper nicht nur an Ferienorten oder auf irgendwelchen Parkplätzen zu sehen, sondern immer mehr auch im täglichen Verkehr, was dem California etwas den Ruf eines Hipster-Mobils eingebracht hat. Doch dazu später.
Der Aufschwung der Wohnmobile ist auf einen grossen Teil auf die Camper-Büssli zurückzuführen. Diese gehören zwar längst zu Klassikern, aber der Boom auf Glamping und neue Modelle liessen die Zahlen steigen. In diesem Jahr feiert der «Bulli», zu welchem auch die California-Modelle gehören, sein 70-jähriges Jubiläum. 1988 gab es mit ebendiesem California erstmals einen Camper aus VW-Produktion.
VW lancierte 2015 die California-T6-Modelle Beach (ohne Küche und Schränke, dafür längere Sitzbank), Coast und Ocean (beide mit Küche). Die Verkaufszahlen in der Schweiz zogen seither merklich an. Dazu trägt auch das Modell T6.1 bei, welches unter anderem beim Beach auch eine kleine, mobile Küche anbietet.
Auffallend ist dabei, dass 2019 der Beach und Ocean praktisch gleich oft (je knapp 1500-mal) verkauft wurden. Die AMAG, Generalimporteur für alle VW-Fahrzeuge in der Schweiz, schreibt auf Anfrage: «Das California-Modell ist seit Jahren die klare Nummer 1 unter den Campern in der Schweiz. Dennoch stellen wir seit zirka drei Monaten ein sehr grosses Interesse an unseren Calis fest.» Von den 2019 rund 17'400 hergestellten California-Modellen im Werk in Hannover wurde jedes sechste in die Schweiz verkauft. Wer einen Campingplatz besucht, kommt an diesen Büssli nicht vorbei.
Die Corona-Krise hat den Boom nicht gebremst – im Gegenteil. Im ersten (Corona-)Halbjahr wurden über 1000 T6.1-Modelle verkauft. Und dies, obwohl durch die Pandemie die Produktion fünf Wochen ausfiel.
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Camping-Ferien treffen den Nerv der Zeit. Das spürt man auch bei mycamper.ch, wo Private ihre Fahrzeuge zur Vermietung anbieten können. Mediensprecher Stefan Lieberherr erzählt auf Anfrage: «Der Boom ist enorm. Kurzfristig sind beispielsweise für die Wochenenden vom 18./19. und 25./26. Juli bei uns nur noch vereinzelte T5/T6 verfügbar.»
Bei «mycamper.ch» sind aktuell rund 1100 Wohnmobile, Wohnwagen und Camper verfügbar. Rund die Hälfte davon sind Camper. Von dieser Hälfte wiederum sind rund 270 VW-Camper (T2 bis T6). Das neuste Modell (T6) macht dabei fast 100 Stück aus.
Auf der Plattform werden Begriffe wie «VW», «California» und «T6» am meisten in die Suchmaske eingegeben. Lieberherr sagt: «2019 wurden 7,1 Prozent der Mietnächte in einem T6 verbracht, 2020 bisher schon 9 Prozent.»
Auch bei der Vermietungsplattform spürt man den durch Corona nochmals verstärkten Boom. «Im März brach die Anfrage praktisch komplett ein. Im Mai und Juni ist sie gegenüber Vorjahr fast um den Faktor 3 gestiegen», sagt Lieberherr.
Doch so sehr die Camper boomen und bei vielen das Gefühl von Abenteuer, Freiheit und Spontanität zurückbringen: Für die Kritiker sind die Büssli zur Plage geworden.
«Camping boomt, weil jede Familie mit einem VW Bus rumkurvt», nervte sich watson-User Resche G. in einem Kommentar in einem Artikel über Camping-Plätze. «Auf vielen Plätzen sieht es aus wie in Wolfsburg vor dem VW Werk.»
Und User Savon99 pflichtete bei: «Ich war über Auffahrt in Fleurier Campen. Ohne zu übertreiben das waren 50% der Fahrzeuge VW T5 und T6. Ich dachte, der betriebseigene Campingclub CC VW macht einen Betriebsausflug.»
Warum dieser Boom auf ein Büssli, das heute gerne als Hipster-Mobil verschrien wird? Vermutlich kommen einige Zutaten zusammen: Der Traum von der Freiheit, die Aussteiger-Romantik, der Surfer-Lifestyle und seine Hippie-Vergangenheit.
Klar scheint aktuell nur eines: Der Boom dürfte anhalten.
Mein Problem ist aber, dass diese Büsslis kein WC haben, die Besitzer aber trotzdem das Gefühl haben sie müssen wild campieren. Den Rest könnt ihr euch selber ausmalen...
Das ist mehr die Einfamilienhaus-im-Grünen-neue-Bünzli-Fraktion, wo der Vater als Anwalt arbeitet und sich ach so hip gibt...
Sorry für den Rant, aber genau diese Leute tragen dazu bei, dass vielerorts Surfspots geschlossen werden, weil sie in die Dünen kacken, Abfall hinterlassen und sich einfach nicht benehmen können!
Warum regt sich User Savon99 auf, weil andere auch Campen gehen? Mit welchem gefährt kann ihm ja egal sein