Morena im umgebauten Feuerwehrauto irgendwo in Südamerika.bild: morena frehner
Wie baue ich mir meinen eigenen Camper? Eine Anleitung in 17 Punkten
Morena und Massimo haben sich ihren eigenen Camper gebaut und reisen jetzt um die Welt. Wie das geht? Mit etwas Platz, der richtigen Community, viel Zeit – und dem ganz persönlichen Traumauto. Eine Anleitung in 17 Schritten und vielen Bildern.
Morena und Massi hatten einen Traum: Mit einem Büssli um die Welt. Bei vielen bleibt das vermutlich für immer ein Traum, bei Morena und Massi begann das Abenteuer am 4. Juli 2018. Es war der Tag, als Massi ein altes Feuerwehrauto, das zuvor in Locarno als mobile Einsatzzentrale benutzt wurde, kaufen konnte. 20'000 Kilometer, 30-jährig, 5000 Franken.
So kaufte Massi das Feuerwehrauto, das zuvor als mobile Einsatzzentrale in Locarno benutzt wurde.bild: morena frehner
In einem Jahr haben Morena und Massi ihren Feuerwehr-Wagen zum gemütlichen Camper umgebaut. Im August 2019 ging es auf nach Uruguay, von wo aus in einem Jahr Südamerika erobert werden soll.
Was es alles braucht, bis man seinen persönlichen Luxus-Camper umgebaut hat, und was die allerwichtigsten Punkte sind, erzählen sie hier.
Wie fängt man an?
«Das ist etwas vom Schwierigsten. Du hast so viele Ideen. Wir lernten auf Instagram ein Paar kennen, das uns anbot, Fragen zu beantworten. Die gaben super Tipps. Oft sind das kleine Sachen, an die du selbst nie denken würdest.»
Unterwegs in Brasilien.Bild:
Was sind die 4 besten Tipps?
Batteriemonitor: «Das hilft extrem zur Überwachung. Du siehst, wie viel du verbrauchst und wie lange du den aktuellen Verbrauch noch halten kannst. Unsere Batterie hat 90 Amperestunden, damit könnte man einen kleinen Kühlschrank einen bis zwei Tage betreiben. Bei all den technischen Geräten heute würden wir 180 Amperestunden oder noch mehr empfehlen.»
Die verschiedenen Anzeigen des Batteriemonitors. Erklärung (von oben links im Uhrzeigersinn). 1. Wie viel Ampere werden aktuell verbraucht. 2. Spannung der Batterie (sollte nicht weit unter 12V fallen). 3. Wie viele Stunden die Batterie bei diesem Verbrauch noch hält. 4. Ladezustand. 5. Wie viele Ampere pro Stunde beim aktuellen Nutzen verbraucht werden. 6. Wie viele Watt verbraucht werden. Z.B. Handy laden ca. 6 Watt, Kühlschrank 40 Watt. bild: morena frehner
Solarpanel: «Wir dachten erst, das kommt aufs Dach. Aber meist parkierst du ja im Schatten. Darum haben wir ein mobiles und faltbares Solarpanel. Wir können es am Zigarettenanzünder anschliessen und neben dem Büssli in die Sonne legen. Wir mussten allerdings schon nach wenigen Tagen ein neues kaufen. Das erste lieferte zu wenig Energie. Es ist jetzt doch fix auf dem Dach.»
Das alte und neue Solarpanel. Das alte lieferte zu wenig Energie.bild: morena frehner
Versicherung: «Wir haben uns bei «Worldnomads» angemeldet, eine Krankenkasse für Reisende. Die decken alles ab (Unfall, Diebstahl, etc). Trotzdem kostet sie nicht viel. Erfahrungen haben wir noch keine, aber es hört sich gut an.»
Fragt: «Auf Social Media Leute anschreiben, die Erfahrung haben. Oft helfen diese gern. Oder wir waren auch beim Camping-Profi in Dietikon, der hat alles, weiss alles und nahm sich Zeit.»
Bist du auch «der/die Einzige?»
Wir suchen für unsere Serie «Der/die einzige Schweizer/in» spannende Menschen, die entweder an speziellen Orten leben oder sonst im Ausland etwas Aussergewöhnliches erlebt/absolviert haben. Gehörst du dazu oder kennst du jemanden, der uns seine Geschichte erzählen möchte? Schreib uns an reto.fehr@watson.ch
«Zuerst musste alles aus dem Büssli. Wir ersetzten die Fenster, die waren nicht dicht. Wir machten danach einen Plan, was wir wollten. Wichtig waren zwei Entscheide: Fixe oder mobile Küche? Und wollen wir ein fixes Bett? Wir entschieden uns für eine mobile Küche (siehe auch weiter unten) und ein fixes Bett. Der Rest hat sich dann ergeben.»
Links noch mit den letzten Resten der mobilen Einsatzzentrale, rechts der ausgeräumte Bus.bild: morena Frehner
Wie lange braucht man?
«Es hört nie auf. Du kannst ewig basteln. Wir werden wohl auch während der Fahrt noch einige Dinge anpassen. Du kannst dir vor dem Start ja nicht alles vorstellen.»
Massi: «Morena hätte irgendwann gesagt: Jetzt reicht's. Aber ich wollte alles perfekt haben. Erst dachten wir, in zwei Monaten sind wir bereit, am Ende hatten wir ein halbes Jahr, ein ganzes Jahr wäre gut gewesen. Mühsam ist halt, wenn du selbst noch arbeitest: Du musst immer alles wieder wegräumen und kannst nur in der Freizeit am Büssli schaffen. Ich investierte extrem viel Zeit, liess meine Hobbys schleifen: ‹Ich machte das gerne, aber es ist zeitintensiv. Und ich wusste: Das ist dann irgendwann vorbei.›»
«Ein wichtiger Punkt! Wir haben viel mit Rakokisten gemacht. Und dann haben wir beispielsweise grosse Konfigläser über das Lavabo geschraubt, an einer Wand ein einklappbares Schuhgestell montiert und ein Gitter befestigt, an welches wir Dinge hängen können.»
Konfigläser
Siehst du die Konfigläser unter dem oberen Regal?.bild: morena frehner
Schuhgestell und Gitter
Ebenfalls platzsparend: Dinge an die Wand hängen und Schuhe ins Schuhgestell.bild: morena frehner
Hilft Social Media?
«Pinterest war für uns eine grossartige Sache. Aber du kannst dich da auch total verlieren. Es sieht immer so perfekt aus. Wichtig ist: Informationen holen, aber du darfst dich nicht verrückt machen lassen.»
Inspiration auf Pinterest: Wie wär's mit einer Badewanne im Camper? bild: pinterest
Was war das Wichtigste?
«Das Bett. Wenn du nicht gut schlafen kannst, dann kackt es dich irgendwann an. Für uns war auch ein Wasserhahn mit einem grossen Wassertank und genügend Strom entscheidend. Dann kannst du auch mal länger weg von der Zivilisation wild campen.»
Das Bett im Büssli.Bild: Morena Frehner
Morena: «Ich kaufte als erstes eine solarbetriebene Lichterkette für draussen. Man muss die Prioritäten richtig setzen (lacht). Und dann besorgte ich Traumfänger und Vorhänge. Ja, das macht viel aus. Wir hatten erst andere Vorhänge, aber das sah nicht gut aus. ‹Das schiist dä so richtig aa.› Ich musste sie nochmals machen.»
Die Lichterkette lässt sich natürlich auch mit anderen Wohnmobilen verbinden.bild: morena frehner
Was war das Schwierigste?
«Das Schwierigste ist: anzufangen. Den Entschluss fassen und den Schritt zu machen. Danach ergibt sich eines nach dem anderen automatisch, du bist so ‹im Zeugs›».
Massi: «Für mich war es die ganze Zeit, die ich investieren musste. Darum wollte ich den Zeithorizont von einem Jahr. Es war einfach extrem aufwändig.»
Irgendwo in Südamerika.bild: morena Frehner
Was braucht's am Schluss vor der Abreise?
«Die Möbel räumen. Wir wohnten bei Massis Eltern. Die Möbel mussten wir irgendwo verteilen oder unterbringen. Am Tag der Abreise machten wir noch einen Flohmarkt, da gab es vom Ladegerät bis zum Möbel alles.
Wir haben nichts mehr in der Schweiz, haben uns abgemeldet und keine Fixkosten. Wir überlegten uns das mit der Krankenkasse und so lange. Aber das summiert sich einfach. Darum lösten wir alles auf.»
Das Coolste am Büssli?
«Die Holzverkleidung im Büssli ...»
Was aussieht wie irgendwo in einem Chalet in den Bergen, ist das Innenleben des Campers.bild: morena frehner
«Die mobile Küche hinten, die man rausziehen und dann draussen kochen kann.»
«Und die mobile Dusche. Wir leisteten uns ein Wurfzelt. Man kann drin stehen und der Wasserbehälter wird mit Solarzellen erwärmt.»
Massi duscht in der mobilen Dusche (mit warmem Wasser).bild: morena frehner
Schauen wir den Innenausbau an. Wie siehts da aus?
WC
«Haben wir nicht. Ausser ein Schüfeli. Wie in der Pfadi. Ein portables WC wollten wir nicht mitnehmen, nur schon wegen der Platzfrage.»
Tresor
«Das ist einfach nochmals eine zusätzliche Sicherheit. Wenn sie unsere Wertsachen wollen, müssen sie grad das ganze Auto klauen. Das schreckt hoffentlich ab. Der hat auch genügend Platz für einen Laptop und die Kamera.»
Der Tresor, schön verbaut im Inneren des Busses.bild: morena frehner
Batterie
«Vielleicht war die Batterie einer unserer grössten Fehler. Oder zumindest die Grösse der Batterie. Treffen wir andere Reisende an, haben die meist mindestens eine doppelt so grosse Batterie oder ein grosses Solarpanel. Umbauen werden wir die Batterie nicht mehr, aber das Solarpanel haben wir vergrössert.»
Heizung
«Wir haben eine Benzinheizung. Die ist direkt am Tank angeschlossen. Es war schwierig, so eine zu finden, weil die normalerweise mit Diesel laufen.»
So sieht die Heizung aus, welche Massi und Mo eingebaut haben.bild: morena frehner
Wassertank
«Wir wollten einen grossen Wassertank und haben uns für einen mit 78 Liter entschieden. Zudem haben wir zwei Filter, der eine nimmt die Bakterien raus, der andere den Chlorgeschmack. Wir könnten also auch Seewasser trinken. Zumindest theoretisch.»
Der Chlor- und Bakterienfilter für den Wassertank.bild: morena frehner
Kühlschrank
«Unser Kühlschrank ist an der Batterie angeschlossen. Er braucht wenig Strom und ist gut isoliert. Da haben wir etwas mehr Geld in die Hand genommen, aber wir glauben, das lohnt sich. Allerdings frisst er auch so viel Strom. Die beste Lösung wäre: gar kein Kühlschrank.» (lachen)
Unter dem Fussende des Bettes gut versteckt: der Kühlschrank.bild: morena frehner
Solarpanel
«Wie gesagt, das ist mobil. Oder war mobil. Unser erstes Panel brachte viel zu wenig Leistung. In Brasilien kauften wir dann ein fixes. Es lässt sich hochstellen, um mehr Licht einzufangen.
Wenn wir dieses draussen haben und das Radio, der Kühlschrank und die Lichterkette angeschlossen sind, reicht der Strom vom Panel und wir benötigen die Batteriereserven nicht.
Wir sehen auf dem Batteriemonitor eh immer, ob wir gerade mehr Strom verbrauchen, als wir produzieren oder nicht. Und die klassischen Stromstecker für Camper haben wir auch eingebaut. Wenn wir also auf einem normalen Camping-Platz übernachten, beziehen wir den Strom von dort.»
Ein neues Solarpanel musste kurz nach dem Start in Südamerika her. bild: morena frehner
Leistung des Autos
«Unser Büssli hat schnell einmal Mühe, wenn es den Berg hoch geht. Normalerweise läuft es mit bis zu 120 km/h, aber aufwärts gehen höchsten 80 bis 90, manchmal sogar nur 60 km/h. Naja.»
Fährt nicht unbedingt schnell, dafür aber auch auf sandiger Unterlage.Bild: Morena Frehner
Euer grösster Stolz?
Massi: «Das ganze Projekt an sich, aber vor allem das Elektrische. Da hatte ich keine Ahnung und musste mich einlesen. Es hat mir mal ‹eis butzt›, einmal gab es einen Kabelbrand. Ein Elektriker meinte dann: Das musst du mal gespürt haben. Als ich am Ende alles einsteckte und es funktionierte – das war grossartig.»
Diese beiden Boxen mit «elektrischem Zeugs» drin sind jetzt unter den Sitzen.bild: morena frehner
Morena: «Dass Massi durchgehalten hat. Er musste sich so viel aneignen und lernen.»
Massi: «Morena war auch immer dabei. Sie war einfach da und stresste mich. (lacht). Nein, im ernst: Sie besorgte unter anderem die Deko und schaute dafür, dass es gemütlich aussieht.»
Mehr Bilder und Videos
Morena und Massi sind aktuell in Südamerika unterwegs. Wer die beiden auf Instagram begleiten will: Auf «vandiary__» nehmen sie euch mit auf ihre Reise.
Viele wollen ein Büssli umbauen, aber der Partner/die Partnerin traut ihnen das nicht zu. Was ist euer Tipp?
Massi: «Wichtig ist: Fang mal an. Egal, was andere sagen. Bei uns gab es teilweise auch Zweifler. Natürlich hatte ich Glück, dass ich in der Firma Platz, Werkzeuge und Maschinen hatte. Einen Garten oder eine Garage/Abstellplatz für das Büssli hätte ich zuhause nicht gehabt. Du brauchst einen Grundstock an Werkzeugen, musst wissen, wo du Hilfe herbekommst und wenn dir dein Partner/deine Partnerin noch etwas Platz zur Verfügung stellt, sollte es klappen.» (lacht)
bild: morena frehner
Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr?
Massi: «Uff, weisch wie vill hämmer das gha. Teilweise dachte ich: Den Scheiss fahre ich jetzt in eine Mulde und weg damit. Dann musste ich mit Morena reden oder meinen Eltern. Und am nächsten Tag war es dann auch schon wieder besser.»
Das Büssli hatte vorher nicht mal einen Radio. Jetzt hat es gar Böxli im hinteren Bereich.bild: morena frehner
Was habt ihr nicht geschafft?
«Den Tritt auf der Seite zum Einsteigen. Das ist ziemlich hoch. Hinten ging es, aber auf der Seite nehmen wir ein Böckli oder so.
Und Schubladen brachten wir nicht hin. Jetzt haben wir Rakokisten. Die sind superpraktisch. Sieht zwar nicht überragend aus, aber wir haben Vorhänge davor. Da hatte Morena Freude.» (lachen)
Rakokisten unter dem Bett – superpraktisch.bild: Morena frehner
Was kostet das?
«Das Auto konnten wir für 5000 Franken kaufen. Unsere Reise ist für ein Jahr geplant. Es könnte aber auch länger werden. Oder vielleicht auch kürzer. (lachen) Wir wissen gar nicht, ob es uns gefällt. Campingmässig sind wir Anfänger. Wir können nicht genau abschätzen, was das kosten wird. Ein Freund meinte, dass 35 Franken pro Tag ausreichen sollten. Vielleicht können wir unterwegs auch noch arbeiten.»
bild: morena frehner
Und was macht ihr bei einer Panne in der Pampa?
«Keine Ahnung. Weisst du es? TCS gibt es wohl nicht. Vielleicht Feuerzeichen. (lachen). Keine Ahnung, aber es wird uns dann schon etwas einfallen.»
Auf diversen Bildsharing-Websites wie Instagram, Flickr oder Imgur posten Camper teils schlicht atemberaubende, teils atemberaubend bearbeitete Reisebilder von überall auf der Welt. Wir haben für euch 60 der besten davon zusammengestellt. Bild: imgur
3 Gründe warum Camping in der Schweiz wieder im Trend ist
Video: srf
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Die beliebtesten Kommentare
Questionary
13.10.2019 18:16registriert April 2019
Interessant wären die Kosten für den Umbau. Mit 5000.- alleine ist es ja nicht gemacht.
Wünsche den beiden viel Erfolg.
60Ah reichen vollkommen, unseren Bus kann ich ohne Solarpanel und mit Kühlbox 2-3 Tage stehen lassen. In der Wüste wars jedoch maximal ein Tag😅
Würde heute jedoch eine Lipo statt Gel verbauen.
Was jedoch das wichtigste ist, wenn man ausserhalb Europas unterwegs ist, ist, dass man alles fix verstauen kann.
Man glaubt gar nicht wie es auf gewissen Strassen (falls vorhanden) schütteln und rütteln kann. Ebenfalls wichtig ist, dass der Bus einigermassen staubdicht ist, sonst darf man jeden Abend nach Schotterpisten das Bettzeug gründlich ausschütteln.
Vorstellung vs. Realität – so wurde die Zukunft wirklich ...
Früher wie heute hatte die Menschheit immer klare Vorstellungen, wie die Zukunft eines Tages aussehen wird. Aber wie das so oft ist, gehen Vorstellung und Realität manchmal komplett auseinander.
60Ah reichen vollkommen, unseren Bus kann ich ohne Solarpanel und mit Kühlbox 2-3 Tage stehen lassen. In der Wüste wars jedoch maximal ein Tag😅
Würde heute jedoch eine Lipo statt Gel verbauen.
Was jedoch das wichtigste ist, wenn man ausserhalb Europas unterwegs ist, ist, dass man alles fix verstauen kann.
Man glaubt gar nicht wie es auf gewissen Strassen (falls vorhanden) schütteln und rütteln kann. Ebenfalls wichtig ist, dass der Bus einigermassen staubdicht ist, sonst darf man jeden Abend nach Schotterpisten das Bettzeug gründlich ausschütteln.