Die Sicherheitspolitischen Kommissionen (SiK) liessen sich zur geplanten Revision der Kriegsmaterialverordnung konsultieren. Die Ständeratskommission verzichtet nun darauf, dem Bundesrat Empfehlungen abzugeben. Das beschloss sie mit sechs zu vier Stimmen bei drei Enthaltungen, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten.
Mit neun zu vier Stimmen lehnte sie es ab, dem Bundesrat zu empfehlen, von der Revision abzusehen. Neben vier FDP-Mitgliedern und zwei SVP-Mitgliedern stimmten auch drei Mitglieder der CVP der Lockerung zu.
(Quelle: Campax)
Der Bundesrat hatte im Juni das Wirtschaftsdepartement beauftragt, eine Verordnungsänderung auszuarbeiten. Heute sind Exporte verboten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder international bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Neu sollen Exporte in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt bewilligt werden können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird.
Auf Länder wie Jemen oder Syrien würde die Ausnahmeregelung nicht angewendet. Kritiker befürchten jedoch, dass die neue Regelung zum Beispiel Waffenexporte in die Türkei ermöglichen würde.
Die Ständeratskommission hörte vor ihrem Entscheid die zuständigen Stellen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) und des Aussendepartements (EDA) an. Sie habe zur Kenntnis genommen, dass es sich nach Ansicht dieser Stellen und des Bundesrates um einen ausgewogenen Kompromiss handle, hält die SiK fest.
Eingehend habe sie zudem Fragen der schweizerischen Exportpraxis im Vergleich zu anderen europäischen Ländern diskutiert. Auch über den genauen Ablauf der Prüfung der Gesuche im Einzelfall habe sie sich informieren lassen. Entschieden habe sie nach Kenntnisnahme dieser Informationen und vor dem Hintergrund, dass die Kompetenz der Verordnungsänderung beim Bundesrat liege.
Der Bundesrat hatte auch weitere Anpassungen beschlossen: Waffenexportbewilligungen sollen künftig zwei Jahre statt nur ein Jahr gültig sein und um ein Jahr statt sechs Monate verlängert werden können. Bei Bedarf können Bewilligungen suspendiert oder widerrufen werden. In den Bewilligungsverfahren will der Bundesrat zudem dem Kriterium Rechnung tragen, dass die industrielle Kapazität aufrechterhalten wird.
Mit den Änderungen erfüllt der Bundesrat Forderungen der Rüstungsindustrie. Vergangenen Herbst verlangten Rüstungsfirmen in einem Brief an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates eine Lockerung der Regeln. Sie begründeten dies mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen. Der Bundesrat nehme diese Hinweise ernst, schrieb das Wirtschaftsdepartement (WBF) im Juni.
2008 hatte der Bundesrat die Regeln verschärft – mit Blick auf eine Volksinitiative der GSoA für ein Verbot von Waffenexporten. Seither wurden sie mehrfach aufgeweicht. So durften Waffen und Munition ursprünglich nicht in Länder geliefert werden, in denen Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden. Heute sind Exporte nur noch dann verboten, wenn ein hohes Risiko besteht, dass das Material für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird.
Die Schweiz sollte Frieden exportieren - mit ihren guten Vermittlungs-Diensten als neutrales Land. Und nicht Waffen selbst in Bürgerkriegsländer exportieren.
— Balthasar Glättli (@bglaettli) 30. August 2018
Hoffen wir, dass die WählerInnen sich an diesen Entscheid erinnern in einem guten Jahr. https://t.co/yzVvsrz46B pic.twitter.com/nx7QJUYTDU
Ein trauriger Tag für die Schweiz 😢 https://t.co/xjGGKrYw3e
— GSoA (@GSoASchweiz) 30 August 2018
Was für eine Schande für die neutrale Schweiz! ... und das in Bürgerkriegsländer.
— Mischa Prina (@Mischa_Prina) 30 August 2018
Hauptsache der Rubel rollt. 😡 @Bundesrat_Bern
Ständerat gibt grünes Licht für Waffenexporte https://t.co/9iSeB0OVL1
Personen, die den Entscheid befürworten, sind auf Twitter momentan nicht auffindbar. In den watson-Kommentaren ist die Stimmung ähnlich. Einzig User «LeChef» versucht die neue Praxis etwas zu relativieren. Glücklich darüber ist er aber auch nicht.
(cma/sda)