Ob sich eine Solaranlage auf dem eigenen Dach lohnt, diese Frage hat sich wohl schon jeder Eigenheimbesitzer gestellt. Die Antwort ist nicht ganz einfach und hängt stark von der lokalen Vergütung des Solarstroms und vom Strompreis ab. Denn viele Stromnetzbetreiber bezahlen zu wenig und bremsen damit den Solarausbau. Das zeigt eine neue Studie von Forschenden der ETH Zürich und der Universität Bern, welche heute publiziert wird.
Damit die Schweiz ihre Klimaziele erreicht, muss sie die Treibhausgasemission senken. Ein möglicher Weg: massiv in Sonnenenergie investieren. «Fotovoltaikanlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie 42 Prozent des Potenzials auf Hausdächern ausmachen. Doch ob es sich finanziell auszahlt, in eine Anlage zu investieren, hängt stark vom Wohnsitz und dem lokalen Stromnetzbetreiber ab», schreiben die Forschenden des Projekts «Sweet Edge», welche eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie durchführten. Das sind die Erkenntnisse:
In den 2067 Schweizer Städten und Gemeinden, welche die Studie untersucht, lohnt es sich für einen Besitzer oder eine Besitzerin eines Einfamilienhauses mit Gasheizung in nur knapp der Hälfte der Fälle, eine Solaranlage zu installieren. Eine Anlage gilt den Forschenden zufolge dann als profitabel, wenn der erwartete Gewinn über eine Lebensdauer von 30 Jahren grösser als drei Prozent ist.
Abhängig vom Stromanbieter erhielten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer in der Schweiz 2022 zwischen 5 und 22 Rappen pro Kilowattstunde (Rp/kWh) für den selbst erzeugten Solarstrom. Für eine Kilowattstunde Strom zahlten sie zwischen 12 und 34 Rappen.
Diese starken lokalen Unterschiede führen dazu, dass die Grösse einer möglichst profitablen Solaranlage, und wie viel Solarstrom davon der eigene Haushalt selbst konsumiert, von Gemeinde zu Gemeinde schwankt. «Je weniger der lokale Stromnetzbetreiber für den eingespeisten Solarstrom zahlt und je mehr er für den gelieferten Strom verlangt, desto eher passen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer die Grösse ihrer Solaranlage auf den Eigenverbrauch an.
In manchen Fällen heisst das, dass sie weniger grosse Anlagen bauen und weniger Strom erzeugen, als sie eigentlich könnten», erklärt ETH-Professor Tobias Schmidt, einer der Studienautoren. Eine grössere Solaranlage, die mehr Solarstrom ins Netz einspeist, als der Haushalt selbst konsumiert, lohnt sich vor allem dort, wo die Vergütung hoch ist.
Wo man wohnt, spielt bei der Profitabilität eine grosse Rolle. Dabei spielen unterschiedliche Faktoren wie Subventionen, Vergütung und Strompreis eine Rolle. In Zürich erhält man zwar vergleichsweise hohe Subventionen und kann hohe Steuerabzüge geltend machen. Aber eine schwache Vergütung und der hohe Strompreis sorgen dafür, dass sich kleinere Solaranlagen nicht lohnen.
In Luzern sind die Subventionen tiefer, Steuerabzüge gibt es nicht, aber weil die Vergütung verhältnismässig hoch und der Strompreis eher tief ist, lohnt sich eine Anlage mit 12 kW auch finanziell.
Der Wohnkanton alleine ist aber nicht das einzige Kriterium. Wenige Kilometer und ein anderer Netzbetreiber entscheiden trotz einheitlicher kantonaler Vorschriften und Förderungen oft darüber, ob der eigene Solarstrom rentabel ist. So auch im Kanton Zürich: In Rümlang würde bei derzeitigen Tarifen eine Anlage für ein Einfamilienhaus mit einer Leistung von 12 kW über eine Lebenszeit von 30 Jahren eine Rendite von 6 Prozent oder 7’000 Franken abwerfen.
Im 6,5 Kilometer entfernten Kloten würde man mit der gleichen Anlage einen leichten Verlust machen. Ausschlaggebend dafür ist neben dem Strompreis erneut die stark unterschiedliche Vergütung der lokalen Netzbetreiber: So erhielt man in Rümlang 2022 16.97 Rp/kWh, während man in Kloten nur 6.10 Rp/kWh bekam.
Deutlich besser sieht es der Studie zufolge bei Mehrfamilienhäusern aus. In fast allen Städten und Gemeinden rentiert die Installation einer Anlage. «Bei Mehrfamilienhäusern mit grösseren Dächern lohnt sich eine Solaranlage fast immer. Noch rentabler wird es mit einer Wärmepumpe, da dann der Eigenbedarf höher wird und dadurch mehr gespart wird beim gekauften Strom», sagt ETH-Professor Schmidt.
In Rümlang würde eine Anlage von 16 kW über 30 Jahre hinweg 10 Prozent Rendite oder 22’000 Franken abwerfen. Auch in Kloten wäre diese Variante mit 5.5 Prozent oder 7’000 Franken Rendite profitabel.
Weil die Vergütung in Kloten jedoch niedriger ist, wäre eine kleinere Anlage von 12 kW, die vor allem den Eigenverbrauch deckt, profitabler als eine, die das ganze Dach ausnutzt. «Wenn das Ziel der Schweiz ist, möglichst leistungsstarke Anlagen auf Mehrfamilienhäusern zu haben, muss man die An-reize dafür zum Beispiel durch höhere Einspeisevergütungen stärken», so Schmidt.
Um den Solarausbau zu beschleunigen, empfehlen die Studienautorinnen und -autoren die unterschiedlichen Vorschriften und Vergütungen in der Schweiz anzugleichen. «Die Schweiz gleicht hier einem Flickenteppich. Es ist weder fair noch verständlich, warum die Profitabilität von Solaranlagen so stark regional schwankt», sagt Schmidt.
Isabelle Stadelmann, Professorin an der Universität Bern und Co-Autorin der Studie, ergänzt: «Die ausgeprägten föderalistischen Strukturen führen im Falle der Photovoltaik dazu, dass eine Mehrheit der Kantone deren Ausbau zu wenig aktiv fördert. Eine Harmonisierung über verbindliche und ambitiösere Standards wäre nötig.»
Möglichkeiten hierfür wären gemäss Studienautoren: