Die Bestimmungen seien zu lasch, die Kriterien für Vergütungen zu unpräzise, gewisse Formulierungen gar widersprüchlich: Die Verbände halten sich mit Kritik an den vom Bund erarbeiteten Verordnungsänderungen für die geplante Solaroffensive nicht zurück.
Worum geht es? Um mehr inländischen Winterstrom zu produzieren, hat das Parlament in der Herbstsession eine Gesetzesänderung verabschiedet, die erlauben soll, dass grosse Photovoltaikanlagen in den Bergen möglichst schnell gebaut werden können. Die erleichterte Bewilligung solcher Projekte gilt allerdings nur so lange, bis die Photovoltaikgrossanlagen in der Schweiz jährlich eine Gesamtproduktion von maximal zwei Terawattstunden erreichen.
Welche Bestimmungen dabei konkret gelten sollen, hat das Bundesamt für Energie (BFE) im Rahmen einer Verordnungsänderung vor knapp zwei Wochen publik gemacht. Bis am Freitag konnten interessierte Kreise Stellung nehmen. Während die Kantone mit dem Vorschlag «mehrheitlich einverstanden» sind und die Energiedirektorenkonferenz nur einzelne Details kritisiert, üben diverse Verbände grundsätzliche Kritik an der Art, wie die Solaroffensive umgesetzt werden soll.
So etwa der Fachverband Swissolar. Geschäftsführer David Stickelberger sagt, es brauche «dringend Anpassungen in der Verordnung, um die vom Parlament gewünschte Solaroffensive Wirklichkeit werden zu lassen». So fehle in der Verordnung etwa eine Bestimmung, die es ermöglichen würde, dass nicht nur die Solaranlagen selbst, sondern auch die Netzanschlüsse vereinfacht und damit schneller bewilligt werden. Denn unter Umständen könne dieser Prozess mehrere Jahre dauern.
Zudem erachtet Swissolar die «fixe Schwelle» von zwei Terawattstunden und deren Berechnung auf der Grundlage der bereits in Betrieb genommenen Anlagen als «grundsätzlich unbefriedigend, da sie zu grossen Planungsunsicherheiten führt», so Stickelberger. Swissolar appelliert deshalb an die Verwaltung, diese Schwelle «grosszügig zu handhaben». Diese Forderung unterstützen auch die Kantone.
In eine andere Richtung zielt die Kritik der Stiftung Landschaftsschutz. Geschäftsleiter Raimund Rodewald stört sich daran, «dass wesentliche Fragen - gerade auch zur Umweltverträglichkeitsprüfung - nicht beantwortet werden». Gerade, weil die Bewilligung solcher alpiner Grossanlagen für die Kantone Neuland sei, brauche es klare Kriterien, wie die Interessenabwägung zwischen Umweltschutz und Energieproduktion vonstattengehen müsse. Zudem hält Rodewald den Ansatz des BFE, wonach die Bewilligungen nach dem Eingang der Anmeldungen erteilt werden, für falsch: «Ziel muss sein, dass jene Projekte umgesetzt werden, welche die geringsten Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft haben.»
Auch die Schweizerische Energiestiftung (SES) bemängelt die fehlenden Zulassungskriterien: «Der Bundesrat unterlässt es, die Kosten für den Bau und die Erschliessung einer Anlage als Kriterium für die Bewilligung zu berücksichtigen.» Und das, obschon es für alle Sinn machen dürfte, die Anlagen dort zu bauen, wo es bereits Strassen, Seilbahnen und Stromleitungen gebe.
Umstritten ist auch, welchen Anteil an der geplanten Gesamtleistung die alpinen Solaranlagen bis Ende 2025 mindestens erbringen müssen, damit sie von der finanziellen Unterstützung durch den Bund profitieren können. Sowohl die SES als auch die Stiftung Landschaftsschutz fordern mindestens 30 Prozent, gemäss Bund sollen es zehn Prozent sein, und die Kantone finden selbst das zu viel.
Das BFE muss also noch einmal über die Bücher - und zwar zügig. Schliesslich sollen die Verordnungsänderungen am 1. März 2023 in Kraft treten. (bzbasel.ch)