Louis Palmer sorgte 2007 für Aufsehen, als er mit seinem «Solartaxi» einmal um die Welt fuhr (hier geht's zur Doku). Damals wollte er beweisen, dass man mit einem von Sonnenenergie angetriebenen Auto den Erdball umrunden kann. Er baute er sich sein Gefährt und trat den Beweis an – als Erster.
15 Jahre später läuft das nächste Projekt des Schweizer Umweltaktivisten. Er und sein Team reisen mit dem «Solar Butterfly» um den Planeten. Der «Butterfly» ist ein Anhänger, der als Wohnmobil, aber auch als Eventstand dient. Seine Solarpanels liefern die ganze Energie für das Auto, das ihn zieht.
Die Mission: Projekte bekannt machen, die uns beim Kampf gegen den Klimawandel helfen. Aktuell fährt der «Schmetterling» durch Europa. Ab 2023 soll es auf einer Strecke von ungefähr 100'000 Kilometern rund um den Globus gehen. Wir haben mit dem Macher Louis Palmer über sein Projekt gesprochen.
Louis Palmer, Ihr «Solar Butterfly» befindet sich gerade in Spanien und hat noch die letzten Tage der viermonatigen Europareise vor sich. Läuft alles nach Plan?
Louis Palmer: Ja, alles gut. Wir sollten am 16. November um 14.30 Uhr wieder in Luzern eintreffen. Da gibt es dann auch einen entsprechenden Event.
Das Fahrzeug heisst «Solar Butterfly». Warum eigentlich?
Der Anhänger kann die Seitenwände aufklappen, damit die Solarpanels mehr Sonne abkriegen. Das sieht ein bisschen wie ein Schmetterling aus. Zudem kann er Vorbild für die Menschheit sein. Wir brauchen eine ähnliche Verwandlung wie diejenige von der Raupe zum Schmetterling. Und wir wussten: Wenn man Aufmerksamkeit erregen will, muss das Fahrzeug auffallen. Das ist uns gelungen, glaube ich.
Sie fuhren schon 2007/2008 mit einem Solarauto um die Welt, um zu beweisen, dass dies möglich ist. Was ist das Ziel des aktuellen Projekts?
Zum zehnjährigen Jubiläum des Pariser Klimaabkommens am 12. Dezember 2025 wollen wir 1000 Projekte von Firmen und Pionieren vorstellen, welche Lösungen zum Klimawandel liefern. Die Lösungen gegen den Klimawandel sind da. In allen Bereichen. Ausser bei der Luftfahrt.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
In der Schweiz existiert das Strohhaus in Laax. Einige Meter oberhalb von Larnags (bei Laax). Ausser für das Fundament wurde kein Zement verbaut, alles nur Stroh und Holz. Die Wände sind etwas über einen Meter dick. Es braucht keine Heizung, hat einfach nur einen kleinen Holzofen für den Notfall.
Aber vermutlich nicht bezahlbar.
Es kostet nur etwas mehr als ein normales Haus. Dafür hat man keine Heizkosten. Ganze Dörfer so zu bauen, wäre radikal – aber umsetzbar.
Was war eines der eindrücklichsten Projekte, die sie getroffen haben?
In Finnland gibt es ein Haus mit einer Sandbatterie. Diese speichert nicht Strom, sondern Wärme. Es handelt sich um einen rund zwei Stockwerke hohen, mit Sand gefüllten Turm. Der Sand wird durch Solar- und Windenergie aufgeheizt und erreicht rund 500 Grad im Oktober. Damit heizt dieser das benachbarte Gebäude bis im April. Eigentlich total Low-Tech, aber es funktioniert.
Warum werden solche Lösungen nicht vermehrt umgesetzt?
Das frage ich mich immer wieder. Warum macht man das nicht öfter? Macht die Augen auf. Es gibt Pioniere, aber die brauchen Aufmerksamkeit. Die Lösungen sind da, aber sie sind nicht in unseren Köpfen angekommen. Wir hätten die Möglichkeiten längst.
Was ist das Bedrückendste an Ihrer Arbeit?
Wir kommen nicht weiter. Wieso geht die CO₂-Kurve weiter nach oben? Warum bringen wir es nicht hin, unsere eigene Zukunft zu retten? Wir sind vielleicht zu abgelenkt und merken nicht, dass unser Haus brennt. Wenn wir so weitermachen, dann wird es in der Schweiz bis zum Ende des Jahrhunderts 5,5 Grad wärmer. Das heisst: Zürich wäre dann Madrid.
Und was wären die Folgen?
Die Vegetation bricht zusammen, die Tierwelt ebenso. Es würde alles betreffen. Das wäre ein Inferno. Aber es wäre nicht nötig, die Lösungen sind da.
Aber diese Lösungen sind oft teuer.
Nein, das sind keine teuren Hirngespinste. Wir müssen aus der Komfortzone raus. Nutzen wir diese Technologien, wird das Leben besser, wir werden langfristig Geld sparen können und auch weniger arbeiten müssen.
Wo sehen Sie Lichtblicke?
Die Industrie ist auf einem guten Weg. Klar, die haben auch Anweisungen durch das Pariser Klimaabkommen. Gott sei Dank findet der Wandel in der Autoindustrie statt. Das ist ein guter Anfang.
Ist das Netto-Null-Ziel des Bundesrates bis 2050 möglich?
Ja, das ist möglich. Die Technologien sind da. Aber die Gesellschaft muss die Augen öffnen. Wir müssen aus dem Denken rauskommen, dass es unmittelbar weh tut. Wir müssen an unsere Kinder denken.
Ich habe gelesen, Sie hatten Ihr Schlüsselerlebnis, dass Sie sich für die Umwelt einsetzen, bereits als Kind.
So ist es. Ich hatte in der 5. Klasse in Kriens einen super Lehrer. Der sprach bereits 1982 von der globalen Erwärmung. Ich hatte damals schon den Traum, einmal mit dem Auto um die Welt zu fahren. Er sagte, du wirst drei Probleme haben: 1. Das Benzin geht aus, 2. Es wird Kriege wegen Erdöl geben, 3. Der Klimawandel. Das war vor 40 Jahren.
Wie ging es weiter?
2003 habe ich entschieden: Dann baue ich mir halt selbst ein Solarauto und fahre um die Welt, um allen zu zeigen, dass das geht. Ich fand schnell Sponsoren und konnte das mit meinem «Solartaxi» machen. Ich war ein Luzerner Lehrer und kam fünfmal auf CNN. Die UNO überreichte mir 2011 den «Champion of the Earth»-Preis.
Was treibt Sie an?
Wenn man einmal in diesem Bereich tätig ist, trifft man sehr viele gute Menschen. Es macht mir auch einfach sehr viel Spass. Die ganzen Entwicklungen sind sehr interessant. Und ich will nicht Teil des Problems sein, ich will Teil der Lösung sein.
Ich hoffe, dass es nach diesem Interview nun ein paar Leute mehr gibt, die bereit sind über den Tellerrand zu blicken und zukunftsgerichtet leben möchten.
Aus der Komfortzone raus - und rein in ein schönes Leben!