Reusser, die mit dem Mini-Vorsprung von drei Sekunden auf die bisherige Saison-Dominatorin Demi Vollering in die Schlussetappe über 129 Kilometer mit Start und Ziel in Küssnacht am Rigi ging, setzte die entscheidende Attacke mit einem Angriff 9,5 Kilometer vor dem Ziel. Innert kurzer Zeit tat sich eine beträchtliche und schliesslich entscheidende Lücke schuf. Vollering erreichte das Ziel schliesslich als Dritte mit 28 Sekunden Rückstand, geschlagen auch noch im Sprint von der Polin Katarzyna Niewiadoma, der Gesamtdritten.
«Es ist einfach schön, dass ich wieder zurück bin. Ich denke nicht mehr ans letzte Jahr. Ich weiss nicht, warum es wieder läuft, ich bin einfach nur glücklich, dass es so ist», sagte Reusser in einer ersten Reaktion.
Demi Vollering ihrerseits zeigte ungewohnte Schwächen. Erste Probleme in der letzten Steigung knapp 20 Kilometer vor dem Ziel waren für die im luzernischen Meggen in der Region wohnhafte Wahlschweizerin noch ohne Folgen geblieben. Doch der Eindruck täuschte nicht: Reusser war wie schon beim Auftaktsieg im coupierten ersten Teilstück in Gstaad am Donnerstag, als sie sich im direkten Sprint-Duell behauptet hatte, die Stärkste.
«Ich war einfach nicht stark genug. Ich fühle mich leer und muss mich jetzt ausruhen. Vielleicht habe ich einen Virus eingefangen. Auch Elise Chabbey (Vollerings Schweizer Teamkollegin – die Red.) hatte Probleme», befand Vollering.
Mit dem zweiten Triumph an der Heim-Rundfahrt nach 2023 knüpfte die nach ihrem Teamwechsel von SD Worx zu Movistar erstarkte Reusser in ihrer Comeback-Saison nach einem komplizierten Jahr 2024 aufgrund des Post-Covid-Syndroms an ihre starken Leistungen der letzten Wochen an. In Abwesenheit von Vollering hatte sie Ende Mai schon die viertägige Burgos-Rundfahrt – überlegen – für sich entschieden.
Vollering, letzte Saison noch Teamkollegin von Reusser bei SD Worx und nun beim Team FDJ-Suez unter Vertrag, war vor der Tour de Suisse in diesem Jahr in Mehretappenrennen noch ungeschlagen. In der Valencia- und der Spanien-Rundfahrt hatte die 28-jährige Niederländerin Reusser jeweils auf den 2. Platz verwiesen.
Nimmt man die jüngsten Eindrücke als Referenz, wird Reusser auch an der am 26. Juli beginnenden Tour de France, Vollerings Saison-Schwerpunkt, die härteste Gegnerin der Seriensiegerin sein im Kampf um den Gesamtsieg. In den drei bisherigen Austragungen ist Vollering stets auf das Podest gefahren. 2023 gewann sie, 2021 und 2024 wurde sie Zweite. Reusser ist noch ohne Top-3-Klassierung, war aber 2022 und 2023 Etappensiegerin. Im Vorjahr trat sie wegen der gesundheitlichen Probleme nicht an. In diesem Jahr peilt sie die Rückkehr an, fokussiert sich vorderhand aber den Giro d'Italia. (nih/sda)