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Tour de Suisse der Frauen: So viel verdienen die Fahrerinnen

Marlen Reusser from Switzerland of Movistar Team poses during riders presentation prior the Tour de Suisse UCI WorldTour cycling women's race, on Thursday, June 12, 2025, in Gstaad, Switzerland.  ...
Gehört inzwischen zu den Gutverdienenden im Rennradsport der Frauen: Marlen Reusser.Bild: keystone

Was die Stars der Tour de Suisse der Frauen verdienen – und wer gar nichts erhält

Jede vierte Fahrerin ausserhalb der World Tour erhält keinen Lohn. Heute Donnerstag beginnt die Tour de Suisse der Frauen erstmals vor jener der Männer. Für viele geht es ums Überleben.
12.06.2025, 14:0312.06.2025, 14:03
simon häring / ch media
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Marlen Reusser und Demi Vollering, so heissen die letzten Siegerinnen der Tour de Suisse Women. Und sie stehen auch in diesem Jahr im Fokus, obschon die Konkurrenz erstklassig ist – zum Beispiel die Tour-de-France-Siegerin Katarzyna Niewiadoma oder die frühere Weltmeisterin Elisa Balsamo aus Italien.

Nach einem schwierigen Jahr mit einem bösen Sturz bei der Flandern-Rundfahrt (Kieferbruch, Bruch beider Gehörgänge, Zahnverlust), der mehrere Operationen nach sich zog, und der Erkrankung am Post-Covid-Syndrom befindet sich Marlen Reusser, die Vize-Olympiasiegerin im Zeitfahren 2021, in einer blendenden Verfassung.

Gleich ihr erstes Rennen für ihr neues Team Movistar gewann die 33-Jährige, Anfang Mai wurde sie bei der Vuelta Zweite (hinter Vollering). Zuletzt gewann sie zwei Etappen der Burgos-Rundfahrt, die Gesamtwertung, den Bergpreis und das Punkteklassement.

Dwars door Vlaanderen 2025 - Women Elite WAREGEM, BELGIUM - APRIL 02 : Reusser Marlen SUI of Movistar Team during the Women Elite UCI 1.Pro Flanders Classics Dwars door Vlaanderen Women cycling race w ...
Marlen Reusser ist derzeit in Topform.Bild: IMAGO/Photo News

Reusser «baff» nach Leistungstests

Seit einigen Monaten lebt Reusser in Andorra, wo sie kürzlich Leistungstests absolviert habe, die sie selbst in Staunen versetzt hätten. «Ich war baff. So etwas habe ich noch nie gesehen», sagte sie vor dem Start der Tour de Suisse zum Schweizer Fernsehen. «Zur absoluten Nummer 1 der letzten Rennen, Demi Vollering, fehlt nur noch ein My.»

Vollering ist die Vorjahressiegerin, gewann schon die Vuelta, die Tour de France und Klassiker wie Lüttich-Bastogne-Lüttich, Flèche Wallonne, Strade Bianche oder das Amstel Gold Race. Seit 2023 lebt die Niederländerin in der Schweiz, erst in der Region Basel, inzwischen in der Luzerner Gemeinde Meggen am Vierwaldstättersee.

Demi Vollering from the Netherlands of FDJ-Suez pictured during riders presentation prior the Tour de Suisse UCI WorldTour cycling women's race, on Thursday, June 12, 2025, in Gstaad, Switzerland ...
Seit 2023 lebt Demi Vollering in der Schweiz.Bild: keystone

Pogacar-Team bot eine Million Franken

Wie Reusser hat Vollering auf diese Saison hin das Team gewechselt und unterschrieb für zwei Jahre beim Team FDJ-Suez, für das auch die Schweizerin Elise Chabbey fährt. Dabei entschied sich die 28-Jährige gegen eine Offerte des Teams UAE, das ihr eine Million Franken Lohn geboten haben soll.

Auch bei den Männern zahlt das Team, das unter der Lizenz der Vereinigten Arabischen Emirate fährt und seinen Sitz in Lugano hat, die besten Löhne.

Seit 2020 Mindestlöhne bei Frauen

Spitzenverdiener Tadej Pogacar zum Beispiel dürfte mehr als acht Millionen Franken im Jahr verdienen. Das ist doppelt so viel, wie den besten Equipen bei den Frauen als Budget für eine ganze Saison zur Verfügung steht.

epa12058505 First placed Slovenian cyclist Tadej Pogacar of UAE Team Emirates XRG celebrates on the podium for the Liege Bastogne Liege cycling classic race for Elite Men over 252 km from Liege to Lie ...
Der Lohn von Tadej Pogacar ist grösser die Budgets der gesamten Frauenteams.Bild: keystone

Dennoch hat sich der Frauenradsport in den letzten Jahren erfreulich entwickelt. Auf World-Tour-Stufe (15 Equipen) gibt es seit 2020 Mindestlöhne. Davor waren viele auf Preisgeld, Nebenjobs oder aber Geldgeber angewiesen, sogar Reusser.

In ihrem ersten Profijahr fuhr sie ohne Lohn, als sie 2021 Olympia-Silber im Zeitfahren gewann, erhielt die inzwischen dreifache Europameisterin gerade einmal 3500 Franken im Monat.

Tour de Suisse Women
Schweizerinnen: Elise Chabbey (FDJ – Suez), Elena Hartmann (Ceratizit), Marlen Reusser (Movistar), Petra Stiasny (Roland), Steffi Häberlin (SD Worx), Noemi Rüegg (EF Education-Oatly), Ginia Caluori, Lea Huber, Jasmin Liechti, Noëlle Rüetschi (alle Nexetis).

Etappen: 1. Etappe: Gstaad – Gstaad 95,5 Kilometer, 2. Etappe: Gstaad –Oberkirch 161,7 Kilometer, 3. Etappe: Oberkirch – Küssnacht a.R. 123,1 Kilometer, 4. Etappe: Küssnacht a.R. – Küssnacht a.R. 129,4 Kilometer

TV-Übertragung (SRF zwei)
1. Etappe: 15.00–17.25
2. Etappe: 15.00–17.25
3. Etappe: 13.35–16.20
4. Etappe: 11.00–14.00

Zugeknöpfter gab sie sich, als sie Ende 2021 mit dem «Tages-Anzeiger» über das Thema Geld sprach, sagte aber, ihr Lohn sei nicht sechsstellig. Mit dem Wechsel zum spanischen Team Movistar dürfte sich das geändert haben.

Angestellt oder auf eigene Rechnung

Fahrerinnen können angestellt oder selbstständig sein. Angestellte erhalten einen fixen Lohn, sind bei Krankheit oder Unfall abgesichert und haben mehr rechtliche Sicherheit – allerdings ist der Lohn tiefer. Selbstständige Fahrerinnen verdienen zwar mehr, müssen aber ihre Sozialversicherungen selbst zahlen und tragen auch ein deutlich höheres Risiko.

Seit 2020 sind die Mindestlöhne jährlich leicht gestiegen. Von rund 15’000 auf 38’000 (angestellt) respektive 62’000 Franken für selbstständige Fahrerinnen.

Doppelt so viele sechstellige Löhne

Durchschnittlich verdienen Frauen in der World Tour zwischen 80’000 und 100’000 Franken im Jahr. Die Zahl der Fahrerinnen, die sechsstellige Löhne erhalten, hat sich seit 2023 verdoppelt.

epa11417937 The peloton with Demi Vollering from the Netherlands of Team SD Worx, third from left, and Elisa Longo Borghini from Italy of Lidl-Trek to her right, during the Tour de Suisse Women third  ...
Bei der Tour de Suisse der Frauen starten 2025 Teams aus drei Kategorien: World Tour, ProTeam und Continental.Bild: keystone

Seit dieser Saison gibt es im Radsport der Frauen neu drei Kategorien: die World Tour, Pro Teams und Continental. Während bei den Pro Teams neu ein Mindestlohn von 20’000 Franken bezahlt werden muss, gibt es für Continental-Teams keine Vorgaben.

Jede Vierte erhält keinen Lohn

Obwohl diese, wie zum Beispiel das Schweizer Team Nexetis mit Jasmin Liechti, Ginia Caluori, Lea Huber und Noëlle Rüetschi, wie in der Tour de Suisse zum Teil die gleichen Rennen bestreiten, tun sie dies oft ohne Lohn. Gleiches Rennen, drei Realitäten also.

Eine anonym durchgeführte Umfrage der Gewerkschaft «The Cyclist Alliance» bei über 100 Fahrerinnen aus 45 Teams zeigt: Ausserhalb der World Tour erhält jede Vierte gar keinen Lohn, mehr als die Hälfte weniger als 10’000 und nur 15 Prozent mehr als 20’000 Franken. Ihre Situation ist zuweilen prekär.

KEYPIX - Team Nexetis with Anina Hutter, Noelle Ingold, Lea Huber, Larissa Tschenett, Ginia Caluori, and Jasmin Liechti from Switzerland, from left, pose during riders presentation prior the Tour de S ...
Das Förderteam Nexetis gehört der Continental-Kategorie an und schickt vier Schweizerinnen an den Start der Tour de Suisse.Bild: keystone

Tour de Suisse als Schaufenster

Das Problem: Kleinere Teams haben maximal Budgets von 500’000 Franken. Mindestlöhne würden ihnen wohl den Todesstoss versetzen. Und so ist es wie vielerorts: Die Kluft zwischen sehr gut Verdienenden wie Demi Vollering oder Marlen Reusser und der oft aus dem Nachwuchs bestehenden Basis wächst.

Umso wichtiger ist das Schaufenster, das ihnen die Tour de Suisse bietet. Die viertägige Rundfahrt beginnt am Donnerstag erstmals vor jener der Männer und endet am Sonntag in Küssnacht am Rigi auf derselben Strecke, auf der jene der Männer startet. Zu bewältigen sind über 500 Kilometer und knapp 7000 Höhenmeter.

Das Gesamtpreisgeld bei den Frauen beträgt rund 34’000 Franken, bei den Männern, die doppelt so viele Etappen absolvieren, sind es 130’000 Franken.

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Santacruz
12.06.2025 14:31registriert August 2021
Können wir die unsinnige Lohndiskussion bitte einfach mal sein lassen?

Und falls nicht, führt sie ehrlich:

Frage1: Wieviel Umsatz generiert der Radsport bei Männer/Frauen im Vergleich

Frage2: Wieviel Prozent des Umsatzes entspricht die Lohnsumme des jeweiligen Geschlechts?

Dürfte spannend werden. Aber da traut sich ja eh keiner ran...
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El_Chorche
12.06.2025 14:45registriert März 2021
"Für viele geht es ums Überleben."

Mit dem Zusatz "im Radsport" wäre dieser Satz nur halb so unangebracht.
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SpitaloFatalo
12.06.2025 15:44registriert März 2020
Von solchen Löhnen können andere Randsportarten nur träumen.
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