Während der letzten Woche im Nati-Camp war Xherdan Shaqiri für das Publikum der ganz grosse Star. Kein anderer Spieler der Schweizer Equipe löste bei den Fans in Weggis auch nur halb so viel Begeisterung aus. Mit Inbrunst und Ausdauer feuerten sie ihren Liebling während der Trainings immer wieder mit Sprechchören an. Auch beim Gang zum Mannschaftsbus konnte sich der Kraftwürfel jeweils kaum vor den Autogrammjägern retten. Jetzt gesteht der 22-jährige Bayern-Legionär, dass ihm der ganze Zirkus ziemlich peinlich war. Wer hätte das gedacht?
«Ab und zu habe ich mich unwohl gefühlt, wenn sie die ganze Zeit meinen Namen gerufen haben. Es war fast ein wenig übertrieben. Wir waren ja als eine Mannschaft hier», erklärt Xherdan Shaqiri zum Abschluss des Trainingslagers am Vierwaldstättersee.
Seine Teamkollegen nehmen ihm den ganzen Ruhm nicht übel. Goalie Diego Benaglio meint: «Shaq spielt gut und er ist ein super Typ. Deshalb ist er so beliebt und das mag ich ihm gönnen. Wenn er ein wenig mehr Aufmerksamkeit erhält, dann ist das völlig in Ordnung.»
Sowieso beschäftigen Xherdan Shaqiri neben der WM in Brasilien derzeit ganz andere Dinge. Die Pressekonferenz vor dem Testspiel gegen Peru nutzt der Schweizer, um seine Situation im Verein erneut sehr kritisch zu reflektieren: «Ich bin jetzt schon zwei Jahre bei Bayern München und bin immer noch Ergänzungsspieler. In der Zukunft muss sich etwas ändern – ich will mehr spielen.»
Auf 782 Einsatzminuten in der Bundesliga hat es der Nati-Star während der abgelaufenen Saison gebracht – und dabei sechs Tore und zwei Assists gebucht. Enttäuscht ihn diese Bilanz? Xherdan Shaqiri: «Das nicht gerade, aber ich hatte mir natürlich mehr erhofft. Ich hatte drei Muskelverletzungen, die haben mich immer wieder zurückgeworfen.»
Der Schweizer ist überzeugt, dass er ein hohes Ansehen bei der Mannschaft und den Verantwortlichen geniesst. Nur bei Pep Guardiola ist er sich offenbar nicht ganz sicher: «Er hat mit mir noch nicht über die Zukunft gesprochen und in letzter Zeit auch nie angerufen.»
Shaqiri betont mehrfach, dass er in München einen gültigen Vertrag bis 2016 hat. Seine restlichen Aussagen tönen aber nicht gerade wie ein Treueschwur. Er scheint sich auch darüber zu wundern, dass noch keine weiteren Gespräche über die Zukunft stattgefunden haben: «Mit anderen Spielern haben die Bayern schon vorzeitig verlängert.»
In dieser Konstellation wird die WM in Brasilien für Shaqiri wohl zum optimalen Schaufenster, um sich für anderen Topklubs zu empfehlen. Zwei, drei tolle Auftritte mit der Nati in Brasilien dürften das latente Interesse verschiedener englischer Klubs wie dem FC Liverpool sofort wieder in ungeahnte Höhen schnellen lassen.
Xherdan Shaqiri hofft, dass er bei dieser Mission auch mit seinem Bayern-Kumpel Franck Ribéry die Klingen kreuzen darf. Der Franzose steht trotz Rückenproblemen im Kader des zweiten Schweizer Gegners in der Gruppenphase.
Shaqiri erklärt sein Dilemma: «Für die Schweiz wäre es gut, wenn er nicht spielen kann – aber ich persönlich hoffe, dass er es packt. Wir hatten in den letzten Tagen keinen Kontakt, aber ich drücke ihm die Daumen. Er steht an einer Altersgrenze vor dem Ende seiner Karriere, vielleicht ist das seine letzte Chance auf die Weltmeisterschaft. Wir sind auch im Training oft direkte Gegenspieler und hätten an der WM bestimmt viel Spass zusammen.»