Der Begriff «General» im Zusammenhang mit einem Hockeytrainer kommt ursprünglich nicht aus dem Militär. Sondern aus dem Religions-Geschäft. Einst hiess der Chef einer katholischen Ordensgemeinschaft lateinisch «Generalis». Er war für alle Belange zuständig. Ab dem 14. Jahrhundert wird im deutschen Sprachgebrauch aus Generalis «General» und unter dem Einfluss der französischen Bezeichnung «Capitaine Général» im Militär schliesslich ein General.
Im Eishockey ist General die treffendste Bezeichnung für einen grossen Cheftrainer. Auch er ist ein General, der über Spezialisten gebietet, seine Männer ausbildet, sie führt, eine Strategie entwickelt und der sich auf eine Kerngruppe von Vertrauten stützt – auf seine Assistenten und auf eine Kerngruppe, auf eine «Garde» in der Kabine. Und damit kommen wir zum Vergleich mit Napoleon, dem genialen Strategen.
Heute wissen wir, dass der grosse Korse seinen unsinnigen Russlandfeldzug verlor, weil er in der entscheidenden Auseinandersetzung bei Borodino vor Moskau nicht den Mut hatte, seine Garde, also seine besten Kräfte, schonungslos einzusetzen, ohne Rücksicht auf alles, was noch komme mochte. Sein Widersacher Michail Kutusow konnte die russischen Streitkräfte retten. Hätte Napoleon seine Garde eingesetzt, wäre die russische Armee ausgelöscht worden, Zar Alexander hätte um Frieden nachgesucht und wahrscheinlich würden wir heute von Paris bis Moskau französisch parlieren.
Kari Jalonen ist in Bern im besten Wortsinn ein Bandengeneral. Er geniesst eine sportliche Machtfülle und Verehrung wie einst Napoleon in Frankreich. Das ist richtig so. Entweder hat ein Hockeyunternehmen Vertrauen in seinen Trainer und überlässt ihm alle Macht – oder entlässt ihn. Ein bisschen Macht geht so wenig wie ein bisschen schwanger.
Was seine Erfolge, seine Autorität, seinen Sinn für Strategie und seine Selbsteinschätzung betrifft, ist Jalonen durchaus Finnlands Hockey-Antwort auf Napoleon. Aber er ist klüger als der berühmteste Kaiser der Franzosen. Er forciert beim SCB seine Garde, seine besten Spieler, ohne Rücksicht auf das, was noch kommen mag. Vom September bis im April. Um in jedem Spiel eine Entscheidung zu erzwingen.
Das trägt ihm richtigerweise viel Kritik ein. Aber was will er machen? Ein Hockey-Bandengeneral hat auch in Bern die schwierige Aufgabe, einerseits möglichst oft zu siegen, aber andererseits auch seine «Rekruten auszubilden». In einem Spitzenklub mit hohen Erwartungen schaffen das nur wenige. Arno Del Curto und Dan Tangnes brachten bzw. bringen es fertig. Andere wie Jalonen oder Harold Kreis versuchen es gar nicht erst.
Der SCB-Trainer setzt zwar sehr wohl junge Spieler ein. Aber freiwillig nur solche, die er für gut genug erachtet, im ersten oder zweiten Block eine Rolle zu übernehmen – wie diese Saison André Heim (20). Der Center hat in seinem Spiel etwas, das an Nico Hischier mahnt.
Für die taktischen Aufgaben im dritten und vierten Block verlangt Kari Jalonen erfahrene Spieler, die ohne Federlesen umsetzen, was die Situation erfordert. Das können nur robuste Routiniers.
Das ist der Grund, warum der SC Bern inzwischen der schlimmste Preistreiber für Hinterbänkler geworden ist. Sportchef Alex Chatelain hat für die dritte und vierte Linie erfahrene (und daher teure) Spieler wie Matthias Bieber, Grégory Sciaroni oder Daniele Grassi eingekauft. Die Günstigen aus den eigenen Reihen wie Marco Müller, Samuel Kreis, Dario Meyer oder Luca Hischier hat er ziehen lassen. Sein Trainer hätte sie sowieso nicht eingesetzt.
Aber er hat inzwischen etwas gelernt und angefangen, für die Zeit nach Kari Jalonen vorzusorgen, die spätestens 2020 beginnt. Mit Verteidiger Colin Gerber (dem Buben von Torhüter Roland Gerber) hat er den Vertrag bereits um drei Jahre verlängert. Und siehe da: Weil es nicht mehr anders geht, weil Adam Almquist gesperrt ist und Calle Andersson wegen einer Blessur nicht zur Verfügung steht, muss der SCB-Trainer Gerber (22) im zweiten Spiel in Zug notgedrungen 10:51 Minuten einsetzen. So wie er notgedrungen nach der Verletzung von Ramon Untersander auch Yannick Burren (22) ins Team einbauen musste.
Es wäre nicht nötig gewesen, Gerber während der Qualifikation nach Olten in die Swiss League abzuschieben. Er hätte seine Chance in Bern schon vorher gepackt – wenn er Gnade vor dem Trainer gefunden hätte.
Kari Jalonen hat mit dem SCB dreimal hintereinander die Qualifikation gewonnen, 2017 den Titel und 2018 ist er bis ins Halbfinale gekommen. Nun steht er wieder im Finale – mit guten Aussichten auf eine erneute Meisterschaft. Weil er seine Kabinengarde um Captain Simon Moser in jedem Spiel forciert.
Vor einem Jahr ist diese Rechnung nicht aufgegangen. Der SCB ist im Halbfinale mit leeren Tanks stehen geblieben. Auch wegen der Zusatzbelastung seiner Stars durch die Olympischen Spiele. Nun kann die Rechnung des grossen finnischen Bandengenerals erneut aufgehen. In einer Finalserie ist der Adrenalinspiegel so hoch, dass die Müdigkeit vergessen geht.
Aber Kari Jalonens Fixierung auf die Stars birgt für die SCB-Zukunft halt ein erhebliches Absturz-Risiko. Die Gefahr ist gross, dass nach dem Abschied des aktuellen SCB-Trainers ein langer Kater folgt.
Aber das ist nicht Kari Jalonens Problem. Niemand wird ihn einmal fragen, wie viel Eiszeit er in Bern seinen Stars auferlegt und wie viele Nachwuchsspieler er ins Team integriert hat. Er wird nur an Siegen und Titeln gemessen. Die Wahrheit steht auch in Bern immer oben auf der Resultattafel.
aber was interessiert schon das Geschwätz von gestern.....
Die letzten Titel hat Bern mehrheitlich entschieden weil sie mit 4 Linien den Gegner ständig unter Druck setzten. Mag sein das im Final die Energie aufgrund des Adrenalin keine Rolle spielt. Aber es schleichen sich dann doch immer kleine aber entscheidende Fehler ein.
Und auf lange Sicht Blutet der Verein so aus. Wenn du als junges Talent keine Chancen bekommst wechselst du eben den Verein und das lässt sich irgend einmal auch nicht mit Geld ändern.
Der Jugend gehört die Zukunft!
Hopp SCB