Gottéron bietet Hockey-Kultur. Gottéron bietet aber auch interessante Einblicke ins Hockey-Business.
Beginnen wir mit der Hockey-Kultur. Es lohnt sich, rechtzeitig im neuen Hockey-Tempel Platz zu nehmen. Szenen wie aus dem Epos «Herr der Ringe». Aber in Schwarz-Weiss wie die Gotthelf-Filme von Franz Schnyder: Gottéron hat das beste Match-Intro der Geschichte kreiert. Endlich wahre Kunst statt wildes Flackern, Lärmen, Krachen und Dröhnen.
Dramatische Schwarz-Weiss-Aufnahmen lassen die Ankunft des Bösen, des Unheimlichen, des Drachen erahnen. Untermalt wird die Erwartung des Untiers zwischendurch mit dem Schwenk auf die dunkel aufragende Kathedrale. Nebel wallen. Gräser zittern – Kühe rennen von der Weide. Ins Bild kommt Künstler und Gottéron-Kultfigur Hubert Audriaz (80), der Schöpfer des Drachens, wie er bange in den Himmel blickt wie der Zauberer Saruman aus «Herr der Ringe». Und dann ist er da, hoch am Himmel und schiesst herab und erst in dem Moment, in dem er aufs Stadion trifft, wird alles farbig und geht in einem Feuerball auf. Dieses Intro ist allein den Matchbesuch wert.
Gottéron gewinnt gegen die SCL Tigers 4:1. Wie allseits erwartet. Langnaus Neuerwerbung Marcus Nilsson tanzt zum ersten Mal während 16:34 Minuten auf Schweizer Eis. Ein Assist im Powerplay zum 1:0 und eine ausgeglichene Bilanz. Zu mehr reicht es noch nicht. Zu solid, zu konzentriert ist Gottéron. Trainer Christian Dubé hatte seinen Defensivsturm mit Mauro Jörg, Samuel Walser und Matthias Rossi auf Langnaus Ausländerlinie (Marcus Nilsson, Ben Maxwell, Robbie Earl) angesetzt und so komplett neutralisiert. Matthias Rossi, der Mann, der zu Ehren von Töffstar Valentino Rossi die Nummer 46 trägt, darf auch im Powerplay mitmachen und erzielt so zwei Tore.
Und nun zum Hockey-Business: Nach dem Spiel interessiert sich der Chronist nicht für Erklärungen zur Partie. Die Spieler sind schon gegangen, als Sportdirektor und Cheftrainer Christian Dubé im Kabinengang auftaucht. Er ahnt, was interessiert. Das Gerücht um den Transfer von Raphael Diaz.
Der smarte Kanadier mit Sinn für Selbstironie und Humor lässt sich natürlich nicht aufs verbale Glatteis locken. Christian Dubé bestätigt nicht. Christian Dubé dementiert aber auch nicht. Folgendes Zwiegespräch entwickelt sich.
Wann bestätigen Sie den Vierjahresvertrag mit Zugs Captain Raphael Diaz? Dauert es so lange wie im letzten Januar bei der Verpflichtung von Chris DiDomenico?
Christian Dubé: Es gibt nichts zu bestätigen. Es ist nichts unterschrieben.
So?
Ja, so ist es.
Woher kommen denn die Meldungen über den Vierjahresvertrag von Diaz bei Gottéron?
Die sind von den Jungs von 4Sports verbreitet worden (eine Spielervermittler-Agentur – die Red.).
So? Aber Diaz wird gar nicht von 4Sports vertreten.
Das weiss ich, aber die stehen Zug nahe.
Aber ist es nicht so, dass in jedem Gerücht eine Wahrheit steckt?
Das ist wohl so. Wir brauchen ja für nächste Saison zwei Verteidiger. Natürlich gerne Michael Fora, Dominik Egli oder Raphael Diaz. Aber ich weiss nicht, wie wir solche Namen finanzieren sollten.
Was ist das Problem?
Ich muss eine Million sparen.
Was, eine Million?
Ja, eine Million.
Ach was, das sagen alle. Das ist des Hockeymanagers Populismus in Zeiten der Krise.
Nein, nein. Es ist so. Ich muss eine Million einsparen. Niemand weiss ja, was nächste Saison sein wird und ob wir wieder vor Zuschauern spielen können.
Eine Million zu sparen ist eigentlich kein Problem.
So?
Sie verlängern den Vertrag von Philippe Furrer nicht mehr, Marc Abplanalp hört auf und bei der Vertragsverlängerung mit Andrej Bykow können Sie eine schöne sechsstellige Summe einsparen. Das macht eher noch mehr als eine Million.
Das ist richtig. So ungefähr könnte eine Million gespart werden. Und dann? Ich muss ja noch zwei neue Verteidiger verpflichten. Wie soll ich die finanzieren? Rechnen Sie!
Hören Sie auf mit dem Sparmärchen. Überzeugen Sie den Verwaltungsrat und Sie müssen nicht eine Million sparen.
Kommen Sie mit zur Verwaltungsratssitzung?
Besser nicht. Das muss ich schon Ihnen überlassen. Aber es gibt noch eine weitere Chance, an die Million heranzukommen.
So?
Verpflichten Sie ab sofort jeden Spieler jede Woche einen Lottozettel auszufüllen. Die Chancen stehen gut, dass so eine Million hereinkommt.
Ja, ja. Schöne Heimreise noch.
Christian Dubé steckt also in einem Dilemma. In einer Zwangslage. Einerseits sollte er eine Million einsparen. Andererseits will er auf nächste Saison zwei Verteidiger verpflichten. Oder besser: muss er Raphael Diaz finanzieren, den er schon unter Vertrag genommen hat. Obwohl er sich wie eine Katze am Halsseil dagegen sträubt, den Transfer zu bestätigen.
In Davos oben erzählt Sportdirektor Raeto Raffainer, es müsse eine Million eingespart werden. In Zug fabuliert Sportchef Reto Kläy, er müsse sparen, und es geht nicht mehr lange, bis jeder Sportdirektor sein Sparmärchen erzählt hat. Aber wer mag es ihnen verargen? So machen es die Politiker ja auch: Sie reden vom Sparen. Und finden hinterher immer ein «Kässeli», um noch mehr Geld auszugeben.
Da ist der schöne Diaz-Transfer von Gottéron eine lässliche Sünde. Und wahrlich kein Schuft, wer sagt, dass der Diaz-Handel unter Dach und Fach ist und Christian Dubé die Million nicht einsparen muss.
PS: Calle Andersson wird seine Ausstiegsoption nicht einlösen und beim SCB bleiben, wo er einen Vertrag bis 2023 hat.
Wie erklären die Klubverantwortlichen das den Fans?