Manchmal ist es Zeit, sich zu entschuldigen. Über Jahre habe ich immer wieder – manchmal direkt, manchmal zwischen den Zeilen – angedeutet, Zug könne sich seine formidable Mannschaft mit Stars wie Leonardo Genoni, Raphael Diaz oder Grégory Hofmann nur dank den betriebsfremden Zuschüssen seines Präsidenten leisten. Der Vorsitzende Hans-Peter Strebel gilt als freundlicher Milliardär. Nun ist klar: Das präsidiale Geld fliesst ausschliesslich in die Nachwuchsorganisation und in das Spitzensportzentrum (OYM), das rund 100 Millionen Franken kostet.
Zug erhöht nämlich die Preise für die Saisonkarten zwischen 30 und 100 Franken. Gegenüber dem Portal zentralplus.ch begründet Manager Patrick Lengwiler ausführlich, klug und leicht verständlich die Preiserhöhung, die ausgerechnet in Zeiten der Coronavirus-Krise erfolgt. «Alle drei Jahre passen wir die Preise moderat an, um konkurrenzfähig zu bleiben. Darüber hinaus ist bei uns die Nachfrage sehr gross.»
Zug hätte, ähnlich wie der SCB, in den letzten Jahren mehr Saisonabos verkaufen können. Aber der Verkauf wurde jeweils gestoppt, um Tickets für die 7200 Zuschauer fassende Bossard-Arena in den Einzelverkauf bringen zu können. Und unbestreitbar ist ja heute die Mannschaft teurer als vor drei Jahren. Also ist eine Preiserhöhung gerechtfertigt, logisch und nachgerade zwingend.
Patrick Lengwiler geht davon aus, dass seine Kundschaft für den höheren Abopreis Verständnis haben wird: «Wir haben schon weit vor der Coronakrise definiert, dass wir die Preise erhöhen werden. Das haben wir mit den Fans und weiteren Teilen unserer Kundschaft schon vor Monaten thematisiert.» Unmut will er damals nicht zu spüren bekommen haben. «Einige Fans haben mir gesagt, dass sie für die Erneuerung des Abos halt auf das eine oder andere Bier verzichten werden.» Was uns zeigt: teurere Abos? Kein Problem. Die Leute können sich den Aufpreis sozusagen vom Munde absparen.
Die Klubführung hat sich laut Lengwiler für eine Anpassung anhand der Kaufkraft in den verschiedenen Bereichen entschieden. «Für den Abonnenten eines Sitzplatzes bedeutet eine Preiserhöhung von 75 bis 100 Franken etwa das gleiche wie 30 Franken für den Inhaber eines Stehplatzabos.» Logo: die Reichen sitzen, die Armen müssen stehen.
Aber fehlt dem EVZ nicht ein wenig Fingerspitzengefühl, wenn in Zeiten der Krise mehr Geld verlangt wird? Patrick Lengwiler erklärt, er könne dieses Argument verstehen. «Aber unser Produkt hat seinen Wert. Zudem wollen wir sportlich und wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben.»
Eh, voilà, das ist der entscheidende Satz des umsichtigen EVZ-Managers: nicht durch Zuschüsse des Präsidenten, sondern einzig und allein mit den im Hockeybusiness erwirtschafteten Mitteln bleibt der EV Zug auf dem Transfermarkt konkurrenzfähig. Und da die Mannschaft ja wahrhaftig teuer ist, müssen eben die Preise erhöht werden. Denn wie Patrick Lengwiler richtig sagt: Das Produkt EVZ hat seinen Wert.
Die Zuger sitzen also im genau gleichen Boot wie die SCL Tigers, Ambri, Servette oder der SCB (um nur ein paar Konkurrenten zu nennen), die eigentlich nur ausgeben können, was sie mit dem Hockeygeschäft einnehmen können. Tatsächlich ein Schuft, wer da behauptet hat, Zug sei dank den Zuwendungen von Hans-Peter Strebel auf dem Transfermarkt so erfolgreich, dass es gelingen konnte, beispielsweise dem SCB Leonardo Genoni oder dem HC Lugano Grégory Hofmann auszuspannen.
#StayAtHome #getdry@official_EVZ @InfoGuardAG @goaliesonly pic.twitter.com/ukcCozrjPf
— Leonardo Genoni (@LeonardoGenoni) April 5, 2020
Und trotzdem sei dem Chronisten doch noch eine kleine Bösartigkeit gestattet. Wofür er sich gleich entschuldigt. Mit dieser Preiserhöhung bestätigt das umsichtige Zuger Management die grossen, auch heute weltweit immer wieder zitierten Kapitalismus-Experten Karl Marx (1818 bis 1883) und Friedrich Engels (1820 bis 1895). Wären beide noch unter uns und Saisonkarteninhaber beim EV Zug, dann würden sie wohl in einer gemeinsamen Erklärung dazu verlauten lassen: «Nur wer das Proletariat ausbeutet und die kleinen Leute zahlen lässt, kann Millionär und Milliardär werden.» Ende der Bösartigkeit.
Sie fallen mir oft positiv bissig, manchmal seltsam polemisch und regelmässig unterhaltsam kritisch auf.
Der Seitenhieb auf den EVZ bezüglich Marx und Engels hätten Sie sich schenken können. Ja, durch Wohltätigkeit und Spenden wurde noch keiner Reich. Wissen wir.