Einfach einen Haufen junge Brasilianer ins Land holen, sie trainieren, einbürgern und mit den Besten 2022 die WM bestreiten. Halb im Scherz, halb im Ernst, stellte sich der Rest der Welt nach der WM-Vergabe 2010 vor, dass es Katar wohl so anstellen muss, um nicht alle Spiele haushoch zu verlieren.
Dass es ein so kleines Land ohne grosse Fussballkultur und vor allem ohne grosse Auswahl an Spielern schwer haben würde, war den Katarern selber bewusst. Tatsächlich spielen nun eingebürgerte Spieler eine Rolle – aber nicht nur. Und vor allem: Sie wurden nicht als «fertige» Spieler nach Katar gelockt. Einige wanderten mit der Familie ein, als sie noch ein Kind waren, oder sie kamen als Jugendliche und wurden in einem katarischen Klub oder dank der Ausbildung in der renommierten Aspire Academy zum Profi.
Von den 26 Spielern im Aufgebot des Nationaltrainers Felix Sanchez wurden zehn im Ausland geboren. Vier weitere kamen in Katar als Kinder ausländischer Eltern zur Welt.
Der Torhüter wurde in Katar geboren, die Eltern stammen aus dem Sudan. Einer seiner Brüder ist Mutaz Essa Barshim, Olympiasieger und dreifacher Weltmeister im Hochsprung.
Wechselte 2009 mit 19 Jahren nach Katar. Der Algerier wurde nach einigen Jahren eingebürgert, damit er im Klub keinen Ausländerplatz mehr einnahm.
Kam als Pedro Miguel Carvalho Deus Correia in Portugal auf die Welt. Er wechselte 2011 mit 21 Jahren nach Katar und spielt seither dort, 2016 wurde er eingebürgert.
Vater Hisham Al-Rawi spielte einst in der irakischen Nationalmannschaft. Sohn Bassam ging bereits in Katar in die Schule.
Wurde im Sudan geboren, war schon als Nachwuchsspieler beim katarischen Topteam Al-Sadd. Bis heute spielt der 29-Jährige dort.
Der Defensivspieler marokkanischer und algerischer Herkunft wuchs in Frankreich auf. Boudiaf wechselte 2010 als 20-Jähriger nach Katar, wo er seither spielt und 2013 Nationalspieler wurde.
Kam in Katar als Sohn einer sudanesischen Familie zur Welt.
Stammt aus Bahrain. 2008 wechselte er mit 15 Jahren nach Katar, wo er bis heute aktiv ist.
Kam in Katar als Sohn einer sudanesischen Familie zur Welt.
Der gebürtige Iraker war schon als Junior bei Al-Sadd tätig.
Mit 26 Toren in 89 Länderspielen einer der Stars des Teams. Afif kam in Katar auf die Welt, seine Eltern stammen aus Tansania und Jemen.
Mit 42 Toren in 85 Länderspielen die andere grosse Nummer in der katarischen Nati. Als er ein kleiner Junge war, zog die Familie aus dem Sudan nach Katar.
2012 wechselte der Ghanaer mit 18 Jahren nach Katar, wo er später eingebürgert wurde.
Sein Vater arbeitete als Bauingenieur, weshalb die ägyptische Familie nach Katar zog, als Ahmed zehn Jahre alt war.
Kennt man nun die Situation dieser 14 Spieler, lässt sich sagen: Katar hat nicht im grossen Stil Fussballer eingebürgert, um für die WM ein schlagkräftiges Team zu haben. Viele der «Auswärtigen» kamen schon im Kindesalter ins Land, als eine Profikarriere maximal ein ferner Traum war.
Vielleicht hat das Vorurteil mit der Handball-WM 2015 in Katar zu tun. Damals engagierte Katar zahlreiche etablierte Nationalspieler anderer Länder. Aufgrund der Regularien durften sie nach einer dreijährigen Wartefrist für Katar spielen, das für den Wechsel mit einem Couvert voll guter Argumente lockte. Katars Handballer kamen bis in den Final und wurden Vize-Weltmeister. Im Fussball ist ein solcher Nationenwechsel gestandener Spieler wesentlich schwieriger.
14 von 26 Spielern in Katars Team wurden im Ausland geboren oder haben Eltern mit einem ausländischen Pass. Das sind genau gleich viele wie im Schweizer WM-Aufgebot: Drei wurden im Ausland geboren (Xherdan Shaqiri, Breel Embolo und Philipp Köhn), elf haben mindestens einen ausländischen Elternteil.
Die beiden Länder sind – bei Katar muss man sagen: wenigstens in dieser Hinsicht – ein Abbild der modernen Welt. Auch in Nationen wie Frankreich, England oder Deutschland haben Spieler Wurzeln in anderen Ländern.