Als der FC Basel am 2. Januar die Verpflichtung von Alexander Fransson bekannt gab, hagelte es auf den Social-Media-Kanälen unzählige Kommentare aus Schweden. Grundtenor: «Gratulation zu diesem Transfer. An Fransson werdet ihr viel Freude haben.»
Doch die Welle der Begeisterung rund um Fransson hat es nicht bis in die Schweiz geschafft – zumindest bis heute nicht. Was verschiedene Gründe hat: Franssons Verpflichtung passierte mitten in der Phase, in der Medien und Fans nur Augen für den 18-Millionen-Wechsel von Mohamed Elneny zu Arsenal London hatten. Fransson kommt nicht wie Andraz Sporar, der zweite ausländische Winter-Neuzugang des FCB, mit der Referenz von 17 Toren in 18 Vorrundenspielen nach Basel.
Fransson stiess erst im Trainingslager in Spanien zum Team und geriet somit später als die anderen Neuzugänge in den Fokus der Medien und Fans. Und Fransson ist auf einer Position zu Hause, wo die Rollen trotz der Abgänge von Elneny und Zdravko Kuzmanovic bereits verteilt sind: Im zentralen, defensiven Mittelfeld sind Taulant Xhaka und Luca Zuffi gesetzt.
Den Hauptgrund, warum man ihn bislang kaum wahrnimmt, liefert der 21-jährige Fransson gleich selber: «Ich bin ein sehr scheuer Typ. Wenn ich irgendwo neu bin, schaue ich mir das Treiben aus der Ferne an. Es dauert, bis ich Vertrauen zu Menschen gefasst habe.» Ungewöhnliche, ehrliche Aussagen im testosterongeladenen Fussballbusiness.
Fransson weiter: «Im ersten halben Jahr möchte ich mich integrieren. Ich habe auch ein wenig Angst vor dem, was auf mich zukommt, schliesslich bin ich das erste Mal weg von meinem Elternhaus. Ich will mich an alles hier beim FCB gewöhnen und die Stadt kennen lernen. So richtig los geht es für mich dann in der kommenden Saison – auch wenn ich natürlich den Ehrgeiz habe, der Mannschaft sofort zu helfen.»
Als wäre dies nicht schon Tiefstapelei genug, fügt Fransson an: «Ich glaube nicht, dass ich im Sommer mit Schweden an die Europameisterschaft fahre. Ich habe im Januar zwar meine zwei ersten Länderspiele gemacht, aber im Mittelfeld hat Schweden so viele gute Spieler, die EM kommt für mich zu früh.» Zum Vergleich: Renato Steffen, ebenfalls FCB-Neuzugang und zweifacher Nationalspieler, schätzt seine Chancen auf die EM-Teilnahme mit der Schweiz als «gut» ein.
Die «Nordwestschweiz» trifft Fransson während des Trainingslagers in Marbella. Vor dem Gespräch richtet die FCB-Medienchefin aus, Fransson entschuldige sich schon im Voraus für sein schlechtes Englisch. Ein klarer Fall von Selbstunterschätzung, denn nach der 20-minütigen Unterhaltung ist klar: Franssons Englisch ist um Längen besser als das vieler seiner Teamkollegen.
Denen käme es aber nicht in den Sinn, sich dafür zu entschuldigen. Stellt sich also die Frage: Ist Fransson beim FC Basel am richtigen Ort? Hier, wo der grösste Konkurrenzkampf in der Super League herrscht und introvertierte Charaktere fast schon zum Scheitern verurteilt sind wie zuletzt Yoichiro Kakitani.
Ja, sagen die Verantwortlichen, Fransson sei der Richtige. Um ihre Überzeugung zu untermauern, haben sie nach dem überraschenden Abgang von Kuzmanovic keinen neuen Mittelfeldspieler geholt, sondern auf Fransson verwiesen. Beim FCB erhofft man sich vom Schweden im Optimalfall eine Entwicklung, wie sie sein Vorgänger Mohamed Elneny machte: Auch der kam im Januar 2013 als scheuer Junge nach Basel und versteckte sich hinter Landsmann Mohamed Salah.
Nach und nach entwickelte sich Elneny in der familiären FCB-Atmosphäre zum Leistungsträger auf und zum Spassvogel neben dem Platz. Bis er das Rüstzeug für den grossen Sprung zum englischen Topklub Arsenal beisammen hatte. Arsenal – von diesem Klub träumt auch Fransson seit Kindesbeinen.
«Aber jetzt bin ich beim FCB, das ist Herausforderung genug», sagt er. Aufgefallen ist Fransson den rot-blauen Scouts als Strippenzieher im Mittelfeld von IFK Norrköping. Als Stammspieler hatte Fransson vergangene Saison grossen Anteil am ersten Meistertitel des schwedischen Traditionsklubs seit 1989.
«Wir feierten mehrere Tage lang, es war wunderbar», erzählt Fransson. Für ihn sei der Überraschungserfolg doppelt schön gewesen: Bereits sein Vater und sein Onkel gewannen mit Norrköping Titel, nun habe er die Familienehre hochgehalten. Nach dem letzten Saisonspiel Ende Oktober (die schwedische Liga findet von April bis Oktober statt; Anm. d. Red.) gönnte sich Fransson lange Ferien und sinnierte in diesen über die Zukunft. Bleiben? Oder gehen, wenn es am schönsten ist? Fransson war hin- und hergerissen, bis Ende November der FCB anklopfte: «Ich habe keine Sekunde überlegt und meinem Berater gesagt, dass ich dahin will.»
Involviert in die Abwicklung des Transfers war Daniel Majstorovic, der frühere schwedische Abwehrchef des FC Basel: Majstorovic empfahl seinem Ex-Klub die Verpflichtung von Fransson mit Vehemenz. Auch Behrang Safari, noch bis im Sommer Franssons Teamkollege in Basel, hatte seine Finger mit im Spiel. «Als ich ihn angerufen und um Infos zum FC Basel gebeten habe, hat Behrang nur gesagt: Junge, überleg nicht, unterschreibe einfach!» Das tat er dann auch. Die Angst davor, das behütete Nest in Norrköping zu verlassen und aufzubrechen zum Abenteuer Ausland, die kam erst später. Bleibt für Fransson zu hoffen, dass sich die Angst bald legt.