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Wie Japans Takefusa Kubo bei Real Madrid statt bei Barcelona landete

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Takefusa Kubo (links) im Einsatz für Japan an der Copa America.Bild: EPA/EFE

Barça patzt, Real profitiert – das ist der «japanische Messi» Takefusa Kubo

Takefusa Kubo soll der nächste japanische Sport-Superstar werden. Der Fussballer wurde drei Jahre lang von der Akademie des FC Barcelona ausgebildet. Wegen eines Missverständnisses ist er nun aber beim Rivalen Real Madrid gelandet.
17.07.2019, 19:50
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Am 14. Juni dieses Jahres kommt die Meldung: Real Madrid hat den 18-jährigen Japaner Takefusa Kubo für die zweite Mannschaft verpflichtet. Die Ablösesumme soll rund zwei Millionen Euro betragen. In der heutigen Transferwelt, in der regelmässig Deals im Wert von über 80 Millionen abgeschlossen werden, kaum der Rede wert. Doch der Fall von Takefusa Kubo ist eine Ausnahme.

Einerseits weil der offensive Mittelfeldspieler derzeit im Training der ersten Mannschaft der Madrilenen weilt und dort Fans, Mitspieler und Trainer gleichermassen begeistert. Mit Aktionen wie diesen:

Andererseits weil es Real Madrid gelungen ist, das Talent Erzrivale Barcelona unter der Nase wegzuschnappen.

Barcelonas grosser Irrtum

Takefusa Kubo wird im Alter von acht Jahren von den Scouts der Katalanen entdeckt. 2011, zwei Jahre später zieht er von Japan nach Spanien und schliesst sich Barcelonas berühmter Nachwuchsakademie «La Masia» an.

Dort entwickelt sich Kubo gut. So gut, dass er schon bald als «japanischer Messi» bezeichnet wird. Ein Vergleich, den er selbst übrigens nicht mag: «Ich habe es nicht gerne, wenn man mich im selben Atemzug mit den absoluten Top-Spielern nennt. Ich hoffe, dass ich eines Tages wie Messi spielen kann, doch bis dahin muss ich mich voll konzentrieren und sehr hart arbeiten», erklärte der Japaner an der Copa America.

Dennoch träumen die Fans in Barcelona schon davon, dass Kubo eines Tages in die grossen Fussstapfen von Lionel Messi treten wird. Es kommt anders.

2015, in seinem letzten Jahr an der Akademie, spielt er immer weniger. «Es war eine schlechte Zeit», erzählt der offensive Mittelfeldspieler bei seiner Vorstellung in Madrid. «Ich musste zuschauen, wie meine Kollegen spielten und siegten, doch ich konnte mich nicht darüber freuen.»

Da kommt es dem Japaner schon fast wie gerufen, dass Barcelona von der FIFA für einen Verstoss gegen die Regeln bei Verpflichtungen von minderjährigen Spielern bestraft wird. Die Katalanen erhalten eine Transfersperre und Spieler, die in der fraglichen Periode verpflichtet wurden, sind nicht mehr für Barça spielberechtigt. Kubo kehrt in seine Heimat zurück und schliesst sich der nationalen Fussballgrossmacht FC Tokyo an.

Dort ist er mit 15 Jahren, fünf Monaten und einem Tag der jüngste Debütant in der Geschichte der höchsten japanischen Liga (J1 League). Nicht ganz ein halbes Jahr später erzielt Kubo seinen ersten Profitreffer. So bleibt er während seiner vier Jahre in Japan auf dem Radar der europäischen Topklubs – Barcelona ist an einer Rückkehr interessiert, aber auch auch Paris St-Germain und Real melden Interesse an.

Und letzteren gelingt der Coup. Barça und Paris gehen laut Informationen der «Marca» davon aus, dass Kubos Vertrag – wie sonst üblich in Japan – erst Ende Januar des nächsten Jahres (also 2020) auslaufen würde. Doch der Agent des Asiaten hat mit Blick auf das Sommer-Transferfenster das Ende des Vertrags auf den Juni 2019 festgelegt. So darf Real direkt mit Spieler und Agent verhandeln und muss nicht den Umweg über den Klub gehen. Das Talent landet tatsächlich in Madrid und verkündet: «Ich bin sehr stolz, für den besten Klub der Welt zu spielen.»

Dass dem FC Barcelona «Take», wie er genannt wird, nach drei Jahren in der eigenen Akademie durch die Lappen geht, bezeichnen Stimmen im Klub laut der spanischen Zeitung «AS» als «grössten Fehler Barças seit langer Zeit».

Der Spielstil

Auch wenn er den Vergleich nicht besonders mag, Takefusa Kubos Spielstil erinnert tatsächlich etwas an Lionel Messi. Mit 1,75 Metern Körpergrösse und 68 Kilogramm Körpergewicht ist der Japaner kein physisch dominanter Spieler. Stattdessen zeichnet er sich durch sein Tempo und seine flinken Dribblings aus. Er kommt oft über die Seite und schleicht sich dann in Richtung Mitte, wo er den Abschluss sucht.

Eine typische «Kubo-Aktion» an der Copa America gegen Chile. Der Youngster trägt die Nummer 21.Video: streamable

Kubo verfügt zudem über eine hervorragende Übersicht auf dem Spielfeld. Er läuft so, dass er gefährlich anspielbar ist, oder sieht selbst die Passlinien, um seine Teamkollegen zu lancieren.

Wieder gegen Chile: Kubo läuft in der Mitte, hat aber keine Option auf einen Schuss oder Pass. Er merkt, dass sein Teamkollege über die Seite kommt und ermöglicht diesem mit einem perfekten Pass die Chance auf eine gute Hereingabe. Video: streamable
Ein einfacher One-Touch-Pass von Kubo im Mittelfeld ermöglicht es dem Stürmer, auf das gegnerische Tor los zu ziehen.Video: streamable

Natürlich hat der junge Japaner aber auch Schwächen. Wie schon angetönt, ist er eher klein gewachsen und leicht. Das macht es dem Gegner relativ einfach, ihn mit physisch intensivem Spiel vom Ball zu trennen. Alleine im Spiel gegen Chile registrierte Kubo neun Ballverluste, mehr als doppelt so viele wie jeder andere Spieler auf dem Platz.

Takefusa Kubo
Geboren: 04. Juni 2001
Nationalität: Japan
Position: Offensives Mittelfeld
Karrierebilanz:
J1 League – 24 Spiele, 5 Tore, 4 Vorlagen.
J. League Cup – 11 Spiele, 2 Tore.
J3 League – 34 Spiele, 5 Tore, 2 Vorlagen.​

Hype in Japan

Im «Land der aufgehenden Sonne» freut man sich bereits riesig auf den künftigen Superstar. Diesen Sommer gab Takefusa Kubo mit 18 Jahren sein Debüt im Nationalteam und kam auch an der Copa America zum Einsatz, die Japan als Hauptprobe für die Olympischen Spiele nächsten Sommer in Tokio nutzte.

Japan's Takefusa Kubo listen to the national anthems prior to a Copa America Group C soccer match against Chile's at the Morumbi stadium in Sao Paulo, Brazil, Monday, June 17, 2019. (AP Phot ...
Takefusa Kubo – der nächste grosse Sport-Superstar in Japan?Bild: AP/AP

«Sie sind schon verrückt nach ihm», erzählt Journalist Kentaro Koyama gegenüber der «AS». «Ich erwarte, dass er in kürzester Zeit genau so beliebt sein wird wie Baseballspieler Ichiro Suzuko oder Tennis-Star Kei Nishikori.» Die «Kubo-Mania» geht sogar so weit, das DAZN Japan sich die Übertragungsrechte des International Champions Cup (ICC) gesichert hat, nur weil die Möglichkeit besteht, dass der Youngster dort erstmals für Real auflaufen könnte.

«In Japan ist Real Madrid sehr beliebt», sagt Kubo selbst. Das dürfte sich in den nächsten Jahren noch weiter steigern, sehr zur Freude der «Königlichen». Im Gegensatz zu China oder Korea haben sie nämlich in Japan bislang noch keine grossen Sponsorendeals abgeschlossen. Mit dem grössten Fussballjuwel des Landes in den eigenen Reihen dürfte sich das bald ändern.

Leben und Zukunft in Madrid

In der Vergangenheit hatten japanische Spieler immer wieder Mühe, sich bei europäischen Teams einzufügen. Der unterschiedliche Lebensstil und die Sprache waren grosse Hürden. Für Takefusa Kubo sollte dieser Schritt allerdings einfacher sein. Dank drei Jahren an der Nachwuchsakademie Barcelonas spricht er fliessend Spanisch und ist sich das Leben auf dem fremden Kontinent bereits gewöhnt.

«Er weiss, wie die Topklubs in Europa funktionieren», heisst es seitens Real Madrid. Damit sich der Jungstar im Verein etwas wohler fühlt, haben sie auch dessen jüngeren Bruder Eiji Kubo verpflichtet. Der 12-Jährige wurde in diesem Sommer in «La Fàbrica» aufgenommen. Das hat zur Folge, dass auch der Rest der Familie Kubo nach Madrid ziehen wird.

Momentan wird der Japaner noch auf dem Trainingsgelände des Vereins, der «Ciudad Real Madrid», wohnen und leben. Geplant ist, dass er in der kommenden Saison vorwiegend für Reals zweite Mannschaft, die «Castilla», aufläuft und langsam ans erste Team herangeführt wird, wie das auch schon mit Vinicius Junior gemacht wurde.

Die Saisonvorbereitung bestreitet Kubo aber mit der ersten Mannschaft. Er wird auch mit dem Team an den International Champions Cup reisen und vielleicht erste Testspiele bestreiten. «Die Spieler und die Trainer sind sehr freundlich, ich lebe mich gut ein», gibt das Juwel nach den ersten Trainings Auskunft. Er sei äusserst beeindruckt von der Qualität jedes einzelnen Spielers. Der Japaner wolle die Zeit aber auch geniessen, schliesslich bekomme nicht jeder eine solche Chance.

«Ich lerne viel – als Fussballer und als Mensch. Ich habe eine grossartige Zeit», führt Kubo aus. Experten sehen ihn schon jetzt näher an der ersten Mannschaft als ursprünglich erwartet. Und seine Ziele? Als Fussballer wolle er natürlich immer ganz oben sein. Im Moment sei es ihm aber wichtiger, an sich selbst zu arbeiten, als an die Rolle im Team zu denken: «Ich kenne mein Potential und ich werde versuchen, die Leiter Schritt für Schritt nach oben zu klettern.»

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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pun
17.07.2019 21:14registriert Februar 2014
"Barca patzt" finde ich doch sehr beschönigende Worte dafür, dass ein millionenschwerer Weltkonzern Kinderhandel betrieben hat, dafür bestraft wurde und dann die Frist verpasst hat das Kind im Erwachsenenalter wieder zurückzukaufen. ...Ach Fussball.
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Dan Rifter
17.07.2019 21:22registriert Februar 2015
.. but can he do it on a cold, rainy night in Stoke?
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lars but not least
17.07.2019 20:23registriert Februar 2014
Ein Riesen-Talent vom grössten Konkurrenten ausbilden lassen und dann im richtigen Moment zuschlagen, da hat Real Madrid tatsächlich einen Coup gelandet! Und auch wenn die sportliche Leistung noch schwierig abzuschätzen ist, schon rein aus Marketinggründen wird sich der Transfer lohnen.
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