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Vor bald sieben Jahren, im Herbst 2009, zerstoben bei Tom Lüthi alle Träume vom Aufstieg in die Königsklasse MotoGP. Sein Freund und Manager Daniel M. Epp hatte mit Honda alles ausgearbeitet. Das MotoGP-Team für Tom Lüthi stand. Die Finanzierung hatte er in der Schweiz zu einem grossen Teil gesichert und den Rest hätte der erfolgreiche Unternehmer im Ruhestand (er hat seine internationale Autoersatzteilhandelsfirma verkauft) aus der Portokasse beigesteuert.
Er erinnert sich: «Es hätte funktioniert. Aber sportlich war Tom in dieser Saison völlig von der Rolle. Das Abenteuer MotoGP war unter diesen Umständen nicht mehr zu verantworten. Wir gaben das Projekt im Herbst 2009 schweren Herzens wieder auf.» Tom Lüthi beendete die 250er-Saison 2009 bloss auf dem enttäuschenden 7. Schlussrang und stieg 2010 in die Nachfolgekategorie Moto2 ein. Dort fährt er noch heute und gehört zu den Stars.
Den Traum der «Königsklasse» hat er indes nie ganz aufgegeben und jedes Jahr irgendwann in einem Interview erwähnt. Die Erfüllung schien jedoch in unerreichbare Ferne gerückt.
Doch die Lateiner sagen: «Tempora mutantur, nos et mutamur in illis». («Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen.»). Tatsächlich hatte Tom Lüthi keine Chance, bei den japanischen Titanen (Yamaha, Honda, Suzuki) oder bei Ducati Werkfahrer zu werden. Aber nun kommt eine neue Marke. Die österreichischen Motorradwerke KTM, seit Jahren erfolgreich im Motocross und Enduro-Sport, im GP-Zirkus in der Moto3-Klasse engagiert, steigen nächste Saison mit einer eigenen Maschine ganz oben ein.
Diese Saison wird die MotoGP-Höllenmaschine entwickelt. KTM hat vier Test-Piloten unter Vertrag genommen: Alex Hofmann (De, 35), Randy de Puniet (Fr, 35), Mika Kallio (Fi, 33) – und Tom Lüthi (29). Nächste Saison setzt KTM zwei Werkfahrer ein und beide werden finanziell ein sorgenfreies Dasein haben. Hofmann, Kallio und De Puniet kommen dafür nicht mehr in Frage. Tom Lüthi ist hingegen ein Kandidat.
Die Tür nach ganz oben, die seit 2009 für immer verschlossen und verriegelt schien, hat sich ein Spalt weit aufgetan. Mike Leitner, ein ehemaliger Privatpilot, leitet für KTM dieses ehrgeizige Projekt. Er flog am Donnerstag nach Katar und hatte auf der langen Reise Zeit zum Plaudern. «Wir haben Tom Lüthi als Testfahrer engagiert weil wir einen erfahrenen, schnellen Piloten brauchen.» Ist es möglich, dass er nächste Saison für KTM die «Königsklasse» bestreitet? «Ich schliesse es nicht aus. Es ist noch völlig offen, wer für uns fahren wird.» Testfahrer Alex Hofmann sagt sogar, dass Tom Lüthi gute Chancen habe. «Wenn er bei den Tests schnell ist und diese Saison um den Moto2-Titel fährt, dann wird er ein Kandidat sein.»
Am Freitagabend hatte Mike Leitner hier in Katar also noch eine Kleinigkeit zu erledigen. Die Unterzeichnung des Testvertrages mit Tom Lüthi. «Wir waren uns schon lange in allen Punkten einig» sagt Daniel M. Epp. «Aber den Vertrag haben wir tatsächlich erst jetzt unterzeichnet.»
Tom Lüthi wird diese Saison mindestens drei zweitägige Tests bestreiten. Sein Freund und Manager macht sich keine MotoGP-Illusionen für die nächste Saison. «Viele erfahrene Piloten haben auslaufende Verträge. Als Schweizer ist Tom für den Werbemarkt von KTM-Hauptsponsor Red Bull nicht sonderlich interessant. Aber es gibt eine kleine Chance.»
Dass sich KTM Zeit lässt mit der Fahrerwahl hat seinen Grund: Ende Saison laufen die Verträge von einigen MotoGP-Stars aus. Die Titanen werden kaum wechseln. Valentino Rossi hat soeben für zwei weitere Jahre bei Yamaha verlängert. Jorge Lorenzo wird Yamaha ebenfalls treu bleiben und auch für Marc Marquez gibt es keinen Grund, Honda zu verlassen. Aber sein Landsmann Dani Pedrosa (30) könnte seine Zeit mit Honda beenden und zu KTM wechseln. Mike Leitner war jahrelang technischer Direktor im Team des Spaniers.
Bei der Fahrerwahl spielen Märkte tatsächlich auch eine Rolle – aber letztlich keine so zentrale wie Tom Lüthis Manager befürchtet. In Spanien dominieren Jorge Lorenzo und Marc Marquez die Medienpräsenz, in Italien ist es Valentino Rossi. Da interessiert ein KTM-Pilot, der nicht um Sieg und Podest fährt, niemanden. In den USA und Deutschland gibt es zwar Töff-GP – aber der Sport interessiert nur Insider. Tom Lüthi hat für den Job eines zweiten KTM-Piloten tatsächlich eine Chance. Wenn er bei den Tests schnell ist und in der Moto2-WM um den Titel fährt.
Bis heute hat kein Schweizer ein MotoGP-Rennen bestritten. Eskil Suter war 1998 der letzte Schweizer in der Königsklasse, die damals noch mit 500er-Zweitaktern gefahren wurde. Er hatte als beste Klassierung einen 13. Platz erreicht. 2002 erfolgte die Umstellung auf Viertakter-Bikes und die Einführung der Bezeichnung MotoGP.