Mit sagenhaften 23 Titeln gilt Giovanni Trapattoni als einer der erfolgreichsten Fussballtrainer der Welt. Doch wenn heute sein Name fällt, spricht im deutschsprachigen Raum kein Mensch von den drei Siegen im UEFA-Cup, vom Triumph im Meistercup oder von den sieben italienischen Meisterschaften mit Juventus und Inter. Ein Satz des mittlerweile 83-Jährigen überstrahlt den prall gefüllten Trophäenschrank und alle seine Erfolge: «Spieler schwach wie Flasche leer!»
Als Trainer von Bayern München hat der «Mister» aus Italien immer mit der Sprache zu kämpfen. Das, was er der Mannschaft sagen will – seine komplexen taktischen Ideen und Konzepte –, kann er aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse nicht immer richtig erklären.
So wohl auch am 8. März 1998. Im Parkstadion auf Schalke verlieren die Bayern vor 71'000 Zuschauern mit 0:1. Es ist ihre dritte Niederlage in Folge und an der Tabellenspitze hat sich Kaiserslautern schon Mitte der Rückrunde vorentscheidend abgesetzt.
Trapattoni wahrt im Stadion die Fassung, aber im stillen Kämmerlein brütet er zwei Tage und Nächte über der bitteren Pleite. Am 10. März entlädt sich der ganze Frust bei der Pressekonferenz an der Säbener Strasse. Seine dreieinhalbminütige Brandrede katapultiert «Trap» sofort in den Kult-Olymp des deutschen Fussballs.
Was kaum jemand weiss: Trapattoni ist in diesem Moment so fuchsteufelswild, dass er eigentlich noch eine Schippe drauflegen will. Nachdem er im Video aus dem Bild verschwunden ist, läuft der Italiener nur fünf Meter, fasst sich an den Kopf und zischt: «Habe ich etwas vergessen!»
Bayerns Medienchef Markus Hörwick kann seinen Trainer nur mit sanfter Gewalt stoppen. Trapattoni beruhigt sich erst, als er ihm verspricht, nachzusehen, ob noch Journalisten im Presseraum sitzen.
Hörwick geht zurück an den Schauplatz der Wutrede und natürlich ist noch die Hölle los. Die Journalisten hören sich den Ausbruch noch einmal auf ihren Diktiergeräten an und telefonieren aufgeregt mit den Redaktionen: «Wahnsinn! Unfassbar! Eine ganz grosse Geschichte!»
Pressesprecher Hörwick bleibt cool, dreht sich um und geht wieder zu Trapattoni. «Sorry, Giovanni, die sind alle schon weg», lügt er und begleitet den Italiener aus dem Gebäude.
Legendäre Pressekonferenzen mit Trapattoni gibt es aber auch später noch. 13 Jahre nach «Flasche leer» kämpft der Italiener als irischer Nationaltrainer mit Englisch-Problemen. Vor dem EM-Barrage-Rückspiel im November 2011 gegen Estland warnt er die irischen Journalisten, dass der Mist trotz des 4:0-Siegs noch lange nicht geführt sei. Köstlich!
Schade hat Hörwick den Trapattoni nicht nochmals raus gelassen.. da wären sicherlich noch weitere Leckerbissen dabei gewesen ;)